[Rezension] Der Kuss der Russalka

23. Oktober 2014 | 23:58 | Gelesen

Titel: Der Kuss der Russalka
Autorin: Nina Blazon
Originaltitel: Der Kuss der Russalka
Erstveröffentlichung: 2005
Übersetzer: Originalsprache


Wissenswertes

Der Kuss der Russalka ist einer der etwas älteren Romane der bekannten deutschen Autorin Nina Blazon, die die Herzen von Fantasy Fans durch Werke wie Faunblut und Ascheherz höher schlagen ließ und bereits mehrfach ausgezeichnet wurde.

Schon als Jugendliche hat sie begeistert Fantasy-Literatur gelesen und während ihres Germanistik-Studiums begann sie selbst mit dem Schreiben. Heute arbeitet sie sowohl als Autorin als auch als Journalistin. Neben den Fantasybüchern schreibt sie Krimis und Historische Romane.

Inhalt

1706: Auf Befehl des Zaren soll am Ufer der Newa aus dem Nichts heraus eine neue, denkwürdige Stadt entstehen– Sankt Petersburg. Doch die Arbeitsbedingungen, unter denen die Scharen von Leibeigenen die Gebäude, Straßen und Kanäle errichten müssen, sind geradezu unmenschlich und die ärmere, russische Bevölkerung verabscheut dafür sowohl den Zaren selbst als auch die unzähligen ausländischen Handwerker, die in seinem Auftrag tätig werden.

Johannes ist einer dieser Handwerker, ein Zimmermann, und bekommt die Anfeindungen am eigenen Leib zu spüren, besonders als ein totes Mädchen aus der Newa geborgen wird und ihre Leiche dann noch spurlos verschwindet. Aber während die einen von einem vertuschten Verbrechen, begangen durch einen Ausländer, sprechen, hört man andere leise das Wort „Russalka“ tuscheln, weshalb Johannes nun unbedingt herausfinden will, was es wirklich mit diesem Mädchen auf sich hat …

Kritik

Anfangs ist Der Kuss der Russalka noch nicht allzu spannend, dafür kann das Buch aber mit aufschlussreichen, historischen Schilderungen der damaligen Zeit punkten sowie mit den Mysterien in der sich gerade erst im Aufbau befindenden Stadt fesseln. Geschickt vermischt Nina Blazon dabei geschichtliche Fakten mit fiktionalen Ereignissen und phantastischen Elementen. Man muss sich allerdings schon sehr gut auskennen um die bewusst eingebauten Ungenauigkeiten zu erkennen bevor die Autorin selbst sich im Nachwort dazu äußert.

Peter der Große ist in jedem Fall eine eindrucksvolle, doch ebenso ambivalente Persönlichkeit, die einen in Staunen versetzt, der man wegen seiner Unberechenbarkeit aber immer mit einer gewissen Vorsicht begegnet. Es ist sehr interessant zu erfahren, was er in Russland alles verändert hat und welche Pläne bzw. Visionen der Zar in Sankt Petersburg verwirklichen wollte; was für verschiedene, kulturelle Aspekte er darin einfließen lassen wollte, die er aus anderen Ländern kannte.
Ein nicht ganz unerheblicher Teil der Bevölkerung stand diesen Veränderungen sehr ablehnend gegenüber, sodass der Zar nicht unbedingt beliebt, sondern vor allem gefürchtet war. Das ist jedoch nicht verwunderlich, wenn man die Zustände der damaligen Zeit bedenkt, die für die meisten Menschen alles andere als rosig waren. Unzählige Fronarbeiter wurden zur Arbeit an der Stadt gezwungen und ihre Lebensbedingungen waren ausgesprochen hart, nicht wenige ließen dabei sogar ihr Leben.

Das Buch ist allerdings nicht nur für Historienfans gut geeignet, denn mit den Russalkas ist ebenso für eine Prise Fantasy gesorgt. Die magischen Wasserfrauen sind faszinierende Wesen, die nur wenig mit Sirenen oder Meerjungfrauen gemeinsam haben. Sie scheinen selbst untereinander sehr verschiedenen zu sein, haben also unterschiedliche Einstellungen und können anderen durchaus gefährlich werden. Der Bau der Stadt verkleinert zunehmend ihren Lebensraum, stört sie in ihrer Ruhe und bringt sie sogar in Lebensgefahr. Darüber hinaus müssen sie ihre Existenz vor dem Zar verbergen, weil er Monstrositäten sammelt und viel Geld für eine von ihnen bezahlen würde. Wenn sie nicht bald ins Meer flüchten, wird die Newa zu ihrem Grab werden, aber ein uralter Pakt bindet sie an den Fluss und nur durch seine Erfüllung können sie ihre Freiheit zurückerlangen.

Johannes ist ein sehr sympathischer Protagonist mit dem großen Traum irgendwann Schiffszimmermann zu werden und Schiffe zu bauen. Die Ablehnung sowie der Hass der russischen Bürger ihm als Ausländer gegenüber gehen nicht spurlos an ihm vorüber und man freut sich deshalb sehr für ihn als er in Jewgenij, der als Hüter der Russalkas auftritt, schließlich einen wahren Freund findet, mit dem er reden kann.
Jewgenij ist trotz seiner manchmal recht ruppigen Art ebenfalls eine sehr liebenswerte Figur. Er ist vom Bau der Stadt und den vielen ausländischen Handwerkern zwar ebenso wenig begeistert, verurteilt Johannes jedoch nicht und lernt ihn erst einmal besser kennen. Im Gegensatz zu ein paar anderen Charakteren, die zwar interessant, aber nur schwer einzuschätzen sind, wie z.B. Iwan, Mitja oder Marfa, weiß man bei ihm genau, dass man ihm vertrauen kann, auch wenn er nicht viel von sich Preis gibt, wobei Johannes dennoch viel mehr über seinen Freund weiß als jeder andere und das obwohl Jewgenij in einem Punkt von Anfang an nicht ganz ehrlich zu ihm war.
Viel haben sie nicht gemeinsam, doch sie teilen zumindest die Sorge um die Russalkas bzw. um eine ganz bestimmte Russalka und sind ein gutes Team, wenn es darum geht einen Weg zu finden diese zu retten.

Wie gewohnt darf bei Nina Blazon außerdem eine Liebesgeschichte nicht fehlen, allerdings zeichnet sich hier erst sehr spät ab, in wen Johannes sich am Ende verliebt, wodurch es für den Leser eine ziemliche Überraschung ist. Er und die Dame seines Herzens passen im Endeffekt aber sehr gut zusammen.

Es dauert eine Weile bis die Geschichte richtig in Fahrt kommt, dennoch lohnt sich das Weiterlesen und was zu Beginn an Spannung fehlt, bekommt man im letzten Drittel dafür gleich doppelt geboten, sodass man das Buch letztlich in einem Rutsch beendet. Es scheint eine Verschwörung gegen den Zar in Gange zu sein, in die möglicherweise sogar seine mutmaßlich treuen Untergebenen verwickelt sind und die in irgendeiner Verbindung zu den Russalkas steht. Die Ereignisse überschlagen sich und eine gefährliche Situation folgt auf die nächste. Die einzelnen Puzzleteile setzen sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammen und erst dann werden einem die vollen Ausmaße der Intrige offenbar. Man bangt um das Leben der liebgewonnenen Figuren und hofft sehr, dass es Johannes und Jewgenij irgendwie noch gelingen wird das Schlimmste zu verhindern.

Da es sich bei Der Kuss der Russalka um einen Einzelband handelt, ist das Buch ferner vollkommen in sich abgeschlossen und am Ende bleiben somit kaum noch Fragen unbeantwortet. Nina Blazon beweist also einmal mehr, dass es nicht immer mehrerer Bände bedarf um eine gute Geschichte zu erzählen. Die genaue Zukunft für Johannes und die Frau seines Herzens bleibt zwar offen, doch die Aussichten der Zwei sind immerhin ziemlich vielversprechend.

Fazit

Der Kuss der Russalka ist ein interessanter Roman, in dem Nina Blazon historische Fakten gekonnt mit phantastischen Elementen vermischt und einem dadurch sowohl einen Teil der russischen Geschichte als auch eine faszinierende Gestalt aus dem russischen Sagenschatz näher bringt.





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