[Rezension] Göttlich verdammt

08. Juli 2011 | 21:45 | Gelesen

Titel: Göttlich verdammt
Autorin: Josephine Angelini
Originaltitel: Starcrossed
Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzerin: Simone Wiemken


Wissenswertes

Göttlich verdammt ist das Debut, und gleichzeitig der Auftakt zu einer Trilogie, der us-amerikanischen Autorin Josephine Angelini, in dem sie Halbgötter und die griechische Mythologie in unsere Zeit versetzt und dazu noch mit einer hinreißenden, aber auch tragischen Liebesgeschichte verbindet. Schon nach kurzer Zeit wurde ihr erster Roman zu einem internationalen Bestseller.

Die in Massachusetts, USA geborene Autorin studierte in New York Angewandte Theaterwissenschaft, wobei sie sich besonders für die tragischen Helden der Antike und dir griechischen Mythologie interessierte.

Der zweite Teil der Trilogie, Dreamless, soll im Mai 2012 in den USA erscheinen. Der deutsche Titel lautet Göttlich verloren und der Verlag hat die Veröffentlichung ebenfalls für Frühjahr 2012 angekündigt.

Inhalt

Als Helen Hamilton nach den Sommerferien von ihrer Freundin Claire erfährt, dass eine neue Großfamilie auf die Insel gezogen ist, findet sie das nicht sonderlich interessant. Sie ist eher genervt davon, dass alle Leute so einen Wirbel um die Neuankömmlinge machen und will nichts von ihnen wissen. Das ändert sich jedoch schlagartig, als Helen einem der Söhne der Familie auf dem Schulflur das erste Mal begegnet: Lucas Delos. Anstatt, wie alle anderen Mädchen, hin und weg von seinem attraktiven Äußeren zu sein, empfindet Helen plötzlich einen so starken Hass auf ihn, wie sie ihn in ihrem ganzen bisherigen Leben noch nie empfunden hat. Doch sie verabscheut ihn nicht einfach nur, sondern will ihn tot sehen und geht sogar auf ihn los.

Lucas kann den Angriff zwar abwehren, aber er scheint weit weniger überrascht von dieser Attacke zu sein als Helen selbst. Diese ist völlig verzweifelt und kann sich nicht erklären, was da nur in sie gefahren ist, immerhin hat sie Lucas noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen. Langsam befürchtet sie, dass sie nicht nur anders ist als alle anderen, sondern auch noch verrückt wird.

Immer wieder treffen sie und Lucas aufeinander, wobei Helen sich jedes Mal anstrengen muss ihm nicht wieder an die Kehle zu springen. Sie hat keine Ahnung, was mit ihr los ist, bis ausgerechnet er sie schließlich darüber aufklärt, wer oder vielmehr was sie eigentlich ist: Helen und beinahe alle Mitglieder der Familie Delos sind Scions, die Nachkommen von Halbgöttern …

Kritik

Göttlich verdammt ist ein außergewöhnlich toller Trilogieauftakt, der vor allem das Herz von Romantic Fantasy Fans höher schlagen lässt. Josephine Angelini verbindet in ihrem grandiosen Debut die griechische Mythologie mit einer Liebesgeschichte so tragisch wie Romeo und Julia. Einmal angefangen, taucht man so tief in diese Welt hinein, dass man das Buch kaum noch aus der Hand legen kann.

Besonders herausragend sind an diesem Roman vor allem die verschiedenen Charaktere, die man nicht wieder so schnell vergisst. Das betrifft sowohl die Protagonistin Helen als auch die gesamte Familie Delos.

Helen ist dem Leser von Anfang an sympathisch und macht im Verlauf der Handlung wohl die größte Entwicklung durch. Sie weiß zwar schon immer, dass sie irgendwie anders ist, immerhin ist sie stärker als alle anderen Mädchen in ihrem Alter und kann sogar schneller rennen als die Jungs, versucht dies aber immer zu verstecken. Am liebsten ist sie für alle, mit Ausnahme ihrer besten Freundin Claire, unsichtbar und bekommt sogar Krämpfe, wenn sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Sie ist zwar schüchtern, aber trotzdem kein stilles Mäuschen, das sich nicht behaupten kann und alles macht, was man ihr sagt.
Umgeben von Lucas und seiner Familie blüht sie jedoch richtig auf, was wirklich toll mitzuerleben ist. Sie fängt an sich so zu akzeptieren, wie sie ist, und gewinnt dadurch an Stärke und Selbstvertrauen.

Doch nicht nur Helen gewinnt sofort die Sympathie des Lesers, sondern eben auch die verschiedenen Mitglieder der Familie Delos, allen voran natürlich Lucas. Er ist unheimlich charmant und man merkt ihm an, dass er hin und her gerissen ist zwischen seinen Gefühlen für Helen und seinem Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein, insbesondere gegenüber seiner Familie. Im Gegensatz zu Helen, der er es viel zu lange verschweigt, weiß er vom ersten Augenblick an, dass er und Helen nie zusammen sein können wie ein richtiges Paar. Genau wie Helen verachtet er Helena und Paris aus den Geschichten um Troja, deren Liebe unzählige Menschen im Krieg zum Opfer gefallen sind, und könnte selbst nie so egoistisch handeln. Dennoch fiebert man natürlich mit ihrer Liebe mit und hofft, dass sie irgendwann eine Lösung finden werden um doch zusammen sein zu können.

Die anderen Mitglieder der Familie Delos schließt man aber ebenfalls sofort ins Herz. Das betrifft sowohl die Zwillinge Ariadne und Jason, die genau wie Lucas und Helen 16 Jahre alt sind, den ein Jahr älteren Hector, Lucas Mutter Noel und manchmal auch die 14-jährige Cassandra. Sie alle unterscheiden sich voneinander, sie sind individuell, haben verschiedene interessante Fähigkeiten sowie Charaktereigenschaften und entwickeln sich im Verlauf der Geschichte. Von den Hauptfiguren bekommt man ein wirklich umfassendes Bild und lernt sie sehr gut kennen. Es ist schön zu sehen, wie herzlich sie Helen in ihre Familie aufnehmen, obwohl sie eigentlich einem feindlichen Haus angehört und auch noch aussieht wie eine Person aus einem Teil ihrer Vergangenheit, an den sie sich lieber nicht erinnern möchten. Sie haben sogar schon über Helen gewacht als die Furien, die den unkontrollierbaren Hass zwischen ihr und der Familie Delos ausgelöst haben, noch zu sehen waren.
Die Szenen auf dem Anwesen der Delos vermitteln eine tolle Großfamilien-Atmosphäre, die man beim Lesen richtig genießt. Sie alle sind so lebendig und immer füreinander da, auch wenn es mal Streit gibt oder sogar zu einem richtigen Kampf kommt.

Neben den fantastischen Figuren ist Josephine Angelini auch die Darstellung der verschiedenen Beziehungen besonders gut gelungen. Das betrifft sowohl die Freundschaft zwischen Helen und Claire, die so eng ist, dass sie jeden Streit übersteht, als auch die verschiedenen familiären Beziehungen. Man spürt, wie eng Helen und ihr Vater Jerry miteinander verbunden sind, auch wenn Helen viele Geheimnisse vor ihm hat.
Das gleiche gilt für die Familie von Lucas. Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, Geschwistern, Cousins und Cousinen, etc untereinander sind alle sehr unterschiedlich, aber dennoch innig. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind, steht die Familie für sie an oberster Stelle und das merkt man auch.
Die Romantik liefert natürlich vor allem die Beziehung zwischen Helen und Lucas. Diese ist zwar sehr kompliziert und scheint nahezu unmöglich, aber die Beiden empfinden schon nach recht kurzer Zeit so viel für den anderen, dass sie einander nicht mehr aufgeben können. Sie klammern sich an die Hoffnung eine Lösung zu finden, die weder sie selbst noch die ganze Welt in Verzweiflung stürzen wird.

Neben diesem tragischen Aspekt und den Momenten, in denen die Tränen unweigerlich fließen, gibt es jedoch auch viele humorvolle Szenen, bei denen man einfach nur Schmunzeln kann. Diese verdankt man häufig Helens bester Freundin Claire und ihren frechen Sprüchen. Doch auch Helens Kampftraining mit Hector bietet viele solcher Momente.

Der Schreibstil von Josephine Angelini ist für ein Debut überraschend gut. Er ist mitreißend und sorgt dafür, dass man sich in die einzelnen Szenen gut hinein versetzen kann. Man hat die Charaktere beim Lesen stets vor Augen und kann ihre Handlung sehr gut nachvollziehen.
Obwohl die meisten Szenen aus der Sicht von Helen geschrieben sind, sodass man sich mit ihr natürlich besonders gut identifizieren kann, hat sich die Autorin gegen eine Ich-Erzählung entschieden. Dadurch hatte sie aber auch die Möglichkeit ein paar Szenen aus der Perspektive anderer Figuren, beispielsweise Lucas, zu schildern, in denen Helen nicht dabei ist, oder den Blickwinkel zu wechseln um Geschehnisse um Helen noch geheim zu halten.

Zum Ende hin steigt die Spannung noch einmal an und es passiert so viel, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen ehe man nicht die letzte Seite erreicht hat.
Der einzige kleine Kritikpunkt ist, dass die Autorin am Ende eine scheinbare Lösung für den Hauptkonflikt in der Liebesbeziehung zwischen Helen und Lucas präsentiert, nur um dann ein neues Problem zu schaffen, dass viel weniger gravierend erscheint. An der Stelle wäre es vielleicht besser gewesen, den ursprünglichen Konflikt beizubehalten und sich die Lösung für später aufzuheben, wenn das Hindernis, da es sich ja ‚nur’ um den Auftakt einer Trilogie handelt, noch weiterhin bestehen bleiben soll. Da die Autorin aber wohl im zweiten Teil genauer und intensiver auf dieses neue Problem eingehen wird, kann das keinen Punktabzug rechtfertigen, zumal alles andere an diesem Buch so fantastisch war, dass es diesen kleinen Makel mehr als wieder gut macht.

Das Ende ist, zum Leidwesen aller Leser, sehr offen gehalten und das Warten auf die Fortsetzung ist überaus qualvoll. Für diesen Folgeband gibt es aber immerhin viel Potenzial, nicht nur wegen der problematischen Beziehung zwischen Helen und Lucas, sondern auch auf Grund der vielen anderen aufgeworfenen Fragen. Wie werden sich bestimmte Mitglieder aus Helens und Lucas’ Familie noch verhalten? Kann man die Furien für immer loswerden? Was geschieht wirklich, wenn alle vier Häuser vereint werden? Und was hat es mit dieser Prophezeiung und Helens Rolle darin auf sich?
All diese Fragen, aber natürlich auch die tragische Liebesgeschichte, werden mit Sicherheit dafür sorgen, dass man sich diesen zweiten Teil auf keinen Fall entgehen lassen wird.

Fazit

Göttlich verdammt ist ein grandioses Debut von einer wirklich talentierten Autorin, von der man noch viel erwarten kann. Geschickt verknüpft sie die griechische Mythologie mit einer romantischen sowie tragischen Liebesgeschichte. Die Scions als Nachkommen von Halbgöttern bieten eine gelungene Abwechslung zu den vielen anderen fantastischen Wesen, die sich zur Zeit so häufig in Jugendromanen wieder finden.
Die verschiedenen Charaktere sind nicht nur sympathisch, sondern auch sehr vielseitig und tiefgründig, sodass man auf keinen von ihnen verzichten möchte. Die Handlung ist spannend bis zum Schluss und obwohl es sich hierbei um einen Trilogieauftakt handelt, der dazu auch noch sehr offen bleibt, hat man dennoch nicht das Gefühl nur eine Art Einleitung zu gelesen zu haben.

Mit dieser Serie hat Josephine Angelini eine Geschichte geschaffen, die einen auch noch lange nach dem Lesen und in den Pausen, sofern man denn in der Lage oder gezwungen ist, welche zu machen, beschäftigt.





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