Autor: Alessio De Santa
Originaltitel: The Moneyman – La vera storia del fratello di Walt Disney
Erstveröffentlichung: 2016
Übersetzerin: Anja Kootz
Wissenswertes
The Moneyman – Die Geschichte von Roy und Walt Disney ist ein Graphic Novel des Italieners Alessio De Santa, der unter anderem schon für Verlage wie Deagostini und Disney als Szenarist sowie Zeichner tätig war und schon einige Comics veröffentlicht hat. Bei diesem Titel übernahm er die künstlerische Leitung und war zusammen mit Filippo Zambello für die Projektidee sowie das Szenario verantwortlich. Die Illustrationen stammen von Lorenzo Magalotti. Für die Farben und das Lettering wurden zudem Giulia Priori und Lavinia Pressato ins Team geholt.
Inhalt
Kritik
Die gesamte Geschichte wird aus der Perspektive von Walts älterem Bruder Roy geschildert und spielt eigentlich im Jahre 1971. In regelmäßig kurz von der Gegenwart unterbrochenen Rückblenden führt Roy, der einer neugierigen Bekannten seine fesselnde Lebensgeschichte sowie die von Walt erzählt, den Leser dann durch das bewegte Leben der Brüder, beginnend mit ihrer Jugend in Chicago im Jahr 1905 bis hin zur Gegenwart, dem letzten Jahr seines Lebens. Das Buch endet mit der Eröffnung der Walt Disney World in Florida – ein großer Traum von Walt, den dieser selbst leider nicht mehr erleben konnte. Stattdessen hat Roy den Park für ihn nach seinen Plänen vollendet.
Mithin umfasst der Graphic Novel einen relativ langen Zeitraum. Dementsprechend kann er nur einen groben Überblick über die wichtigsten Ereignisse liefern und lediglich einen ersten Eindruck von den Brüdern und der Geschichte der Firma vermitteln. Mehr darf man von diesem Medium allerdings auch nicht erwarten.
Beide Brüder stammten aus sehr ärmlichen Verhältnissen, haben keine hohe Bildung, aber eine strenge Erziehung genossen, und sich alles selbst erarbeitet, wofür man sie wahrlich nur bewundern kann. Ihre Beziehung war schwierig und kompliziert, nach Streits haben sie sich früher oder später jedoch stets wieder zusammen gerauft. Roy musste Walt oft etwas zügeln und ihn daran erinnern die finanziellen Aspekte nicht völlig außer Acht zu lassen, während Walt nur das Ziel im Blick hatte, nicht hingegen die Kosten, die dessen Erreichung verursachen würde. Sie haben sich also gegenseitig ergänzt. Ohne Walt wäre Disney vermutlich nicht das, was es heute ist; ohne Roy würde das Unternehmen heute aber womöglich gar nicht mehr existieren.
Dass Walt Disney ein einzigartiger Visionär und Pionier war, bleibt unbestritten, doch die Arbeit mit ihm scheint manchmal alles andere als einfach gewesen zu sein. Das macht ihn in einigen Momenten mitunter etwas weniger sympathisch und kratzt an der idealen Vorstellung, die man vielleicht von ihm hatte, wirkt aber sehr glaubwürdig und realistisch. Welcher echte Mensch ist schon perfekt oder hat nur eine Facette? Laut dem Autor hat Walt Disney das Bild, welches er der Öffentlichkeit von sich präsentierte, zudem streng kontrolliert und gewisse Eigenheiten beispielsweise nur mit denjenigen geteilt, die ihn persönlich kannten. Darüber hinaus hatte Walt wohl schon mehrere Jahrzehnte vor seinem Tod nicht mehr selbst gezeichnet, sondern sich gänzlich auf andere Bereiche innerhalb der schöpferischen Prozesse konzentriert.
Das alles ändert allerdings nichts daran, dass die Geschichte als solche – über die Brüder und die Entwicklung ihres Familienunternehmens sowie der gesamten Filmindustrie – unheimlich interessant und faszinierend ist. Die Firma hatte über die Jahre hinweg viele Höhen und Tiefen, musste schwere Zeiten durchmachen, zwei Weltkriege sowie die Weltwirtschaftskrise überstehen und stand offenbar mehr als einmal kurz vor dem Ruin. Ohne das Vertrauen einiger Geldgeber in Walts Ideen gäbe es das Studio heute vielleicht nicht mehr. Außerdem hat Disney, zum Teil notgedrungen, damals noch etliche andere Sparten bedient und somit nicht „nur“ die ersten langen Zeichentrickfilme geschaffen, die später zu zeitlosen Klassikern wurden.
Aus heutiger Sicht ist das kaum zu fassen, wenn man bedenkt, dass die Walt Disney Company inzwischen eines der weltweit größten Unternehmen und sogar das weltweit profitabelste Medienunternehmen ist. Die Disney Brüder, allen voran Walt, sind im Laufe ihres Lebens viele Risiken eingegangen. Filme mit Ton und in Farbe sind im 21. Jahrhundert selbstverständlich, in der damaligen Zeit wurde diese Technologie jedoch gerade erst entwickelt und es war keineswegs sicher, dass sie beim Publikum Anklang finden würde. Im Endeffekt haben sich diese Wagnisse aber glücklicherweise bezahlt gemacht. Als Disney-Fan kann man also nur froh sein, dass Walt mit der Unterstützung von Roy und einiger anderer seinen Traum trotz aller Hürden verfolgt und schließlich wahr gemacht hat.
Der Zeichenstil von Lorenzo Magalotti ist schlicht, schnörkellos und ohne viele Details, der Fokus liegt also klar auf der Geschichte. Gegenwart und Vergangenheit unterscheiden sich dabei schon optisch stark voneinander. Erstere ist bunt, hell und freundlich, wohingegen letztere durchgängig in Schattierungen von Grau und Braun gehalten ist.
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