Autor: Alex Shearer
Originaltitel: A Message to the Sea
Erstveröffentlichung: 2016
Übersetzerin: Gundula Müller-Wallraf
Wissenswertes
Und plötzlich schreibt das Meer zurück ist ein Roman des schottischen Autors Alex Shearer, der seine Schriftstellerkarriere als Drehbuchautor begann und große Erfolge auf dem Gebiet feiern konnte. Inzwischen hat er über ein Dutzend Bücher für Kinder sowie Erwachsene geschrieben und lebt heute mit seiner Familie im Südwesten Englands, in Somerset.
Inhalt
Kritik
Es ist kein typisches Kinderbuch und richtet sich spürbar nicht nur an junge Leser, sondern ist auf Grund des schönen, metaphorischen Schreibstils auch für Erwachsene ausgesprochen gut geeignet. Einige Passagen sind in ihrer Tiefe für Kinder womöglich gar nicht zu verstehen bzw. deren Bedeutung für sie nicht gänzlich zu erfassen. Zudem ist es leicht philosophisch angehaucht und regt dadurch auf jeden Fall zum Nachdenken an.
Die Handlung ist vergleichsweise ruhig und definitiv nicht durch atemlose Spannung geprägt, dafür jedoch sehr atmosphärisch, wodurch die Geschichte beim Leser den Wunsch weckt, selbst bald einmal (wieder) ans Meer zu fahren, um ebenfalls am Strand den Wellen zu lauschen.
Die Ereignisse werden von einem auktorialen Erzähler geschildert, der das gesamte Geschehen im Blick hat und selbst die Zukunft schon kennt, sodass er sogar mehr weiß als die einzelnen Charaktere. Das ermöglicht es ihm interessante Andeutungen bezüglich des späteren Verlaufs einzustreuen, welche das Buch so fesselnd machen. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Erzähler nicht um Tom. Er schlägt einen viel reiferen, erfahreneren Ton an und vermittelt den Eindruck von großer Lebensweisheit. Auch dadurch spricht das Buch eine ältere Zielgruppe an.
Der Vater des Protagonisten Tom ist vor etwa einem Jahr auf See verschollen und die ganze Familie – Tom, seine Mutter sowie seine Schwester Marie – hat noch damit zu kämpfen. Da sein Leichnam nie gefunden wurde, gibt es keine richtige Gewissheit, ebenso wenig wie ein Grab als Ort zum Trauern. Darüber hinaus wohnen sie in einem Ort voller Familien, die alle schon einmal einen geliebten Menschen auf See verloren haben. So sei das eben in der Fischfang- bzw. Schifffahrtsindustrie – das Meer fordere irgendwann stets einen Preis.
Tom erscheint einem bisweilen ganz schön naiv, doch er ist eben sehr jung und hat noch lauter Träume und Hoffnungen, daher verzeiht man ihm das. Trotz des Verlustes, den er und seine Familie erlitten haben, ist er noch recht kindlich und das ist in Ordnung, dafür ist die Kindheit schließlich da. Er versucht sich mit der schrecklichen Wahrheit abzufinden, kann aber dennoch nicht richtig mit dem Verlust abschließen.
Er kommt auf die Idee eine Flaschenpost zu verschicken und schreibt, weil er zunächst keine Antwort bekommt, gleich mehrere, sehr unterschiedliche Nachrichten, die zur Freude des Lesers alle vollständig abgedruckt sind. Auf die lustigen Scherznachrichten erwartet er keine Rückmeldung, nach langem Warten findet er jedoch eines Tages eine Flaschenpost, in der sich tatsächlich eine Antwort auf seine erste, eher ernstere Nachricht befindet, allerdings eine völlig andere als erwartet.
An dieser Stelle wird die Geschichte besonders interessant, denn die ungeahnte Antwort gibt ihr eine ganz neue, aufregende Wendung. Der Absender behauptet nämlich auf dem Meeresgrund zu „leben“, was natürlich zahlreiche Fragen aufwirft. Schreibt er die Wahrheit oder handelt es sich dabei nur um einen Scherz, ähnlich wie bei Toms anderen Nachrichten? Was, wenn nicht? Wen alle auf See verstorbenen Seelen dort unten weilen, wie Ted Bones ebenfalls behauptet, ist dann auch sein Vater unter ihnen? Kann er ihm auf diese Weise eine Nachricht übermitteln?
Um diese Fragen zu klären, schreibt er Ted Bones eine weitere Nachricht und erhält erneut eine Antwort von ihm, deren Inhalt ihn aber zutiefst verwirrt und alles in Frage stellt, was er zu wissen glaubt. Dies führt zu einem inneren Kampf zwischen Hoffnung und Ungläubigkeit, gepaart mit dem Zweifel an der Echtheit der Nachrichten. Tom weiß nicht, wie er damit umgehen soll oder wem er sich anvertrauen kann. Von seiner Schwester wird er ohnehin nicht ernst genommen und scheinbar eher für dumm gehalten, wodurch er sich schließlich noch einsamer fühlt.
Das Ende ähnelt dem eines bekannten Klassikers – der Titel würde an dieser Stelle vermutlich schon zu viel verraten – und wer ihn kennt, für den ist die Auflösung ab einem gewissen Punkt vorhersehbar. Daran stört man sich allerdings nicht, viel wichtiger ist nämlich der Weg dorthin und wie Tom es letztendlich herausfindet. Selbst wenn am Ende alles genau so kommt, wie erwartet, treibt es einem Tränen in die Augen – Freudentränen. Der Schluss ist also sehr bewegend und emotional. Obendrein vermittelt der Autor damit eine sehr schöne Botschaft: Manchmal lohnt es sich die Hoffnung nicht aufzugeben.
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