[Rezension] Venedig

25. Juli 2017 | 17:33 | Gelesen

Titel: Venedig
Autor: Jiro Taniguchi
Originaltitel: Venice
Erstveröffentlichung: 2014
Übersetzer: Jens Ossa


Wissenswertes

Venedig ist eines der letzten Werke des mittlerweile verstorbenen, weltweit renommierten japanischen Mangakas Jiro Taniguchi, der das Reisebuch über die italienische Stadt im Auftrag von Louis Vuitton anfertigte und dessen Arbeiten vor allem durch alltägliche, ruhig erzählte Geschichten sowie einen realistischen Zeichenstil gekennzeichnet sind.

Inhalt

Nachdem er im Nachlass seiner kürzlich verstorbenen Mutter überraschend eine Schachtel mit Photographien und Malereien Venedigs entdeckt hat, reist ein Mann in die italienische Lagunenstadt um sich dort auf Spurensuche zu begeben und mehr über seine ihm bisher unbekannte Familiengeschichte, insbesondere seinen Großvater, in Erfahrung zu bringen.

Kritik

Venedig von Jiro Taniguchi ist kein typischer Graphic Novel, sondern eher eine Art Reisebuch. Die Geschichte ist sehr ruhig, bietet wegen der wenigen Ereignisse kaum Handlung und ist zudem sehr textarm. Hierauf sollte man im Vorfeld gefasst sein und somit keine sonderlich spannende Lektüre erwarten. Lässt man sich dennoch darauf ein, bekommt man aber zumindest ein sehr besonderes Leseerlebnis geboten.

Jiro Taniguchi hat wunderschöne und vor allem eindrucksvolle Bilder von Venedig gemalt und sie mit einer einfachen, allerdings durchaus emotionalen, bewegenden und nachvollziehbaren Geschichte verknüpft. Man spürt die Wehmut des Protagonisten und begibt sich gemeinsam mit ihm auf Spurensuche. Um mehr über seinen Großvater herauszufinden, sucht dieser nämlich all die Orte, die auf den Bildern seiner verstorbenen Mutter zu sehen sind und erfährt dabei, dass sein Großvater Maler war. Offenbar lebten seine Großeltern beide lange Zeit in dieser Stadt und obwohl sie nie davon sprach, hat seine Mutter wohl ebenfalls einen Teil ihrer Kindheit dort verbracht.

Der Text ist, wie gesagt, auf das Nötigste beschränkt und welche Orte genau auf den jeweiligen Seiten abgebildet sind, kann man erst der Auflistung im Anhang entnehmen. Dadurch kann man sich zunächst voll und ganz auf die Bilder konzentrieren, sie auf sich wirken lassen und die zahllosen Eindrücke ganz unvoreingenommen in sich aufnehmen. Für die Handlung sind die Bezeichnungen auch gar nicht wichtig und würden nur ablenken. Es ist jedoch gut zu wissen, dass man hinterher nachschauen kann, wo man ein Gebäude, eine Brücke oder Ähnliches finden würde, falls man sie vielleicht einmal selbst aufsuchen möchte.

Denn während der Text schnell gelesen ist, sollte man sich für die zahlreichen Abbildungen etwas mehr Zeit nehmen. Die vielen, farbenfrohen Aquarelle entführen einen in die untergehende Stadt und zeigen diese durch wundervolle Momentaufnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Abgebildet werden dabei sowohl überlaufene Touristenattraktionen als auch unbekanntere, versteckte Orte in kleinen Gassen, die vermutlich nur Einheimischen vertraut sind. Die Innenstadt wird ebenso anschaulich gezeigt wie weitläufiger Sandstrand; bei Tag und bei Nacht, bei Regen und bei strahlendem Sonnenschein – genau, wie bei einer echten Reise. Es gibt unendlich viel zu entdecken und manchmal werden nur kleine Details betont, die einem sonst vielleicht entgangen wären.

So lernt man die verschiedensten Facetten der faszinierenden Stadt auf eine ganz besondere Weise kennen. Die Spaziergänge des Protagonisten laden zum Nachahmen ein und man bekommt richtig Lust Venedig selbst auch einmal zu erkunden. Jiro Taniguchi gewährt einem somit einen umfassenden Einblick in die Lagunenstadt, wie man ihn so sicher selten findet. Es ist eine ganz andere Art sich mit einer Stadt zu beschäftigen und weckt die Neugier auf ähnliche Reisebücher.

Abgerundet wird der Graphic Novel durch ein interessantes Nachwort des Mangakas, der inzwischen leider verstorben ist.

Zur Aufmachung ist noch zu sagen, dass es sich bei Venedig um ein großes Paperback im Querformat handelt, das sich dank der Flexibilität aber problemlos aufschlagen lässt ohne den Einband, vor allem im Hinblick auf den Buchrücken, zu beschädigen.

Fazit

Mit Venedig hat Mangaka Jiro Taniguchi entsprechend seines Auftrags ein wundervolles, bildreiches Reisebuch geschaffen, welches er geschickt mit einer kleinen, aber feinen Geschichte verknüpft hat, die einen in eine wunderbare, nostalgische Stimmung versetzt und sogar ein wenig Fernweh auslöst.





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