[Rezension] Wie Schnee so weiß

21. Oktober 2016 | 20:25 | Gelesen

Titel: Wie Schnee so weiß
Autorin: Marissa Meyer
Originaltitel: Winter
Erstveröffentlichung: 2015
Übersetzerin: Bettina Arlt


Wissenswertes

Wie Schnee so weiß ist eine Fortsetzung des Debutromans der us-amerikanischen Autorin Marissa Meyer, die zurzeit mit ihrem Verlobten sowie ihren zwei Katzen in Tacoma, Washington lebt. Neben ihrer leichten Besessenheit für Bücher und das Schreiben, hat sie eine Schwäche für Autoreisen, Weinverkostungen und Antiquitäten.

Wie Schnee so weiß ist zudem der vierte und letzte Teil einer Tetralogie. Die Vorgänger tragen die Titel Wie Monde so silbern, Wie Blut so rot und Wie Sterne so golden.

Daneben gibt es noch eine Sammlung mehrerer Novellen unterschiedlicher Länge mit dem Titel Stars Above sowie ein Buch über Königin Levana mit dem Titel Fairest. Beide sind, mit Ausnahme der zwei Novellen Das mechanische Mädchen und Die Armee der Königin, bisher allerdings nur auf Englisch erhältlich.

Inhalt

Um ein für alle Mal zu verhindern, dass Levana die Herrschaft über die Erde an sich reißt und die Menschheit versklavt, wollen Kai, Cinder und ihre Freunde sich zusammen nach Luna begeben und dort eine Revolution in Gang setzen. Dazu müssen sie die Lunarier nur davon überzeugen, dass Cinder in Wahrheit die tot geglaubte Prinzessin Selene, also die rechtmäßige Erbin des lunarischen Throns, ist und ihnen ein besseres Dasein ermöglichen würde. Mit Hilfe von Winter, deren Leben mittlerweile in Gefahr ist, weil ihre Stiefmutter es nicht länger erträgt, dass die schöne Prinzessin im Gegensatz zu ihr beim Volk so beliebt ist, könnte es ihnen vielleicht sogar gelingen Levanas Armee auf ihre Seite zu ziehen. Ihr Plan ist riskant, doch die böse Königin vom Thron zu stürzen ist ihre einzige Chance auf dauerhaften Frieden zwischen den beiden Völkern …

Kritik

Wie Schnee so weiß ist der fulminante Abschluss einer großartigen Reihe, die sich von Band zu Band gesteigert und einen wirklich nie enttäuscht hat. Marissa Meyer hat mit der ganzen Serie eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie eine fantastische Autorin ist, deren künftige Werke man daher schon jetzt freudig erwartet. Sie versteht es einfach Spannung aufzubauen und den Leser über die gesamte Länge des Buches permanent an das Geschehen zu fesseln.

Mit Prinzessin Winter kommt, wie schon bei den vorherigen Bänden, eine neue Protagonistin hinzu, die älter und vor allem viel sympathischer ist als erwartet. Viel zu leicht begeht man den Fehler sie wegen der Halluzinationen, die sie der Luna-Krankheit verdankt, zu unterschätzen, aber hinter ihrer schönen, zerbrechlichen Fassade verbirgt sich mehr als man denkt, denn sie ist eben nicht bloß eine verrückte Prinzessin, sondern auch mitfühlend, clever und mutig. Das Volk von Luna liebt sie – ganz ohne einen Zauber – für ihre Freundlichkeit und ihre Güte, also nicht etwa nur um ihrer Schönheit willen, was sie trotz ihrer bürgerlichen Abstammung für die eifersüchtige Levana zu einer Bedrohung macht.

Wahrlich verrückt ist dagegen die Königin, über die man nun mehr erfährt, insbesondere hinsichtlich ihrer Vergangenheit. Sie ist und bleibt natürlich böse, allerdings machen die zahlreichen interessanten Informationen ihren Charakter vielschichtiger. Bestimmte Geschehnisse lassen selbst Cinder Mitleid mit ihr haben, obschon nichts davon ihre späteren Grausamkeiten rechtfertigt. Ein paar Fragen bleiben jedoch am Ende offen: Hat Winters Vater Levana wirklich geliebt oder war es nur ihr Zauber, der ihn dazu brachte? Und wer, wenn nicht Winter, hätte Levana ihrer Ansicht nach auf den Thron folgen sollen? Schließlich sind Lunarier nicht unsterblich.

Genau wie die Königin sind die meisten der wohlhabenden Lunarier völlig ignorant und gleichgültig gegenüber den Missständen auf Luna und den schlimmen Lebensbedingungen der Bewohner der äußeren Sektoren, denen sie ihren Luxus überhaupt erst verdanken. Außerdem ist es einem vollkommen unbegreiflich, wie sehr viele von ihnen nur wegen ihrer Gabe auf die Erdenbewohner herabblicken, obwohl sie ursprünglich alle von der Erde stammen. Zum Glück gibt es im Unterschied dazu aber auch Lunarier, die bereit sind Cinder zu unterstützen und sich ihr anschließen, darunter einige, von denen man es nicht erwartet hätte.

Die Handlung, in die einem der Einstieg dadurch erleichtert wird, dass alle wichtigen Fakten früher oder später noch einmal zur Sprache kommen, ist unglaublich spannend und man kann die über 800 Seiten gar nicht so schnell lesen wie man die Ereignisse verfolgen möchte. Ständig will man wissen, wie es weitergeht, sogar wenn gerade einmal niemand in Lebensgefahr schwebt. Langeweile kommt also garantiert nie auf. Wie Schnee so weiß ist ein riesiges Abenteuer, voller Widrigkeiten, Gefahren, Komplikationen, Überraschungen und unerwarteter Wendungen. Alle Pläne haben irgendwo ihre Schwächen und werden von plötzlichen Änderungen oder unvorhergesehenen Schwierigkeiten ins Wanken gebracht. Alle Charaktere müssen zusammenarbeiten und dürfen nicht aufgeben, auch wenn das Schicksal einiger Personen zwischenzeitlich ungewiss ist.

Dank der Multiperspektive hat man immer alle Geschehnisse um die liebgewonnenen Figuren (plus Levana) im Blick und weiß, wie es um sie steht, selbst wenn sie gerade voneinander getrennt sind. Trotz des personalen Erzählers entsteht keine Distanz zwischen dem Leser und den Charakteren, ihr Schicksal geht einem nahe, man fiebert mit ihnen mit und hat Angst um sie, wenn sie in Gefahr schweben, was im vierten Band relativ häufig vorkommt. Ferner ist es immer schön und zum Teil sehr rührend, wenn bestimmte Figuren nach langer Zeit wieder aufeinander treffen.

Darüber hinaus bekommen alle Hauptfiguren genügend Raum um sich weiter zu entfalten. Cinder wächst an ihren Aufgaben, ihrer Verantwortung und der Hoffnung, die man in sie setzt, wodurch sie zu einer richtigen Heldin wird. Dabei bekommt sie natürlich tatkräftige Unterstützung von ihren loyalen Freunden und Verbündeten, darunter Scarlet, Wolf, Cress und Thorne, die alles tun um ihr zu helfen und ebenso großes Vertrauen in sie setzen. Letzteres trifft besonders auf Kai zu, der dank Torin noch einen neuen Trumpf gegen Levana im Ärmel hat, ihn allerdings nur als allerletzten Ausweg nutzen würde, weil er auf Cinders Sieg und eine erfolgreiche Revolution vertraut. Zudem lernt man auch an Kaito eine neue Seite kennen. Er ist ein toller, starker Herrscher, dem viel an seinem Volk liegt und der bereit ist sich zu opfern, in mehr als einer Hinsicht, was vermutlich der Grund dafür ist, dass er so gut zu Cinder passt.

Ab und zu bleibt sogar Zeit für ein wenig Romantik, wobei die Liebesgeschichten genau das richtige Maß einnehmen und nie die eigentliche Handlung verdrängen. Dafür sorgen sowohl die bestehenden Pärchen als auch die neuen, für die man sich sehr freut und denen man nur das Beste wünscht. Allein Winter gelingt es eine weichere Seite an Jacin zum Vorschein zu bringen, die ihn nahbarer und liebenswerter macht. Er liebt Winter aufrichtig und sorgt sich um sie, wagt jedoch nicht auf eine Beziehung zu hoffen, obgleich Winter seine Gefühle schon lange erwidert, weil er nur ein Wächter ist und Levana diese Verbindung nie gestatten würde.

Der Schluss ist Marissa Meyer ebenfalls sehr gut gelungen und überzeugt durch einen packenden, atemberaubenden Showdown, bei dem viele verletzt oder gar getötet werden und man einen guten Ausgang für all seine Lieblingscharaktere daher kaum noch für möglich hält. Jede Revolution, die, so sehr man es vielleicht versucht, friedlich nicht zu erreichen ist, fordert Opfer und sie alle sind gezwungen für ihr Ziel zu töten, was sie für immer begleiten wird. Das Ende wird Fans aber keinesfalls enttäuschen und die Autorin gewährt sogar noch einen kurzen Ausblick auf zukünftige Veränderungen, sowohl auf der Erde als auch auf Luna, die einen das Buch letztlich mit einem Lächeln auf den Lippen schließen lassen.

Fazit

Wie Schnee so weiß ist ein vierter und abschließender Band, der keine Wünsche offen lässt, an dem es absolut nichts zu kritisieren gibt und den man schlicht nicht besser hätte schreiben können!





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