[Rezension] Die Buchspringer

19. August 2015 | 13:35 | Gelesen

Titel: Die Buchspringer
Autorin: Mechthild Gläser
Originaltitel: Die Buchspringer
Erstveröffentlichung: 2015
Übersetzer: Originalsprache


Wissenswertes

Die Buchspringer ist der neueste Roman der deutschen Autorin Mechthild Gläser, die Politik, Geschichte und Wirtschaft studiert und frühzeitig damit begonnen hat sich Geschichten auszudenken und diese auch aufzuschreiben. Ihr Debutroman, Stadt aus Trug und Schatten, erschien 2012 und wurde mit dem Seraph, dem Literaturpreis der Phantastischen Akademie, ausgezeichnet.

Inhalt

Als Amy mit ihrer Mutter Alexis in den Sommerferien zu ihrer Großmutter nach Schottland fährt will sie vor allem vergessen, was zuletzt in ihrer Schule geschehen ist. Über das, was sie auf Stormsay über ihre Familie und ihre eigenen Fähigkeiten erfährt, geraten diese schlimmen Erinnerungen tatsächlich schnell in Vergessenheit, denn Amy ist eine Buchspringerin. Statt ein Buch, wie bisher, einfach zu lesen, kann sie direkt in die Geschichten eintauchen und sie hautnah miterleben, nur verändern darf sie dabei nichts.

Bei ihren Streifzügen mit dem jungen Werther, muss Amy jedoch bald feststellen, dass sich scheinbar nicht alle Buchspringer an diese wichtige Regel halten. Jemand treibt sein Unwesen in der Buchwelt und zerstört dadurch mutwillig Geschichten. Amy will den Ideendieb unbedingt aufhalten, aber dafür muss sie erst einmal herausfinden, wer dahinter steckt und was er eigentlich damit bezweckt …

Kritik

Mit Die Buchspringer hat Mechthild Gläser eine unglaublich mitreißende Geschichte – ein Buch über Bücher und die Liebe zur Literatur – geschrieben, die sich kein Liebhaber phantastischer (Jugend-)Romane entgehen lassen sollte. Der Inhalt hält definitiv, was das verträumte Cover verspricht und die junge Autorin hat damit einmal mehr unter Beweis gestellt, dass gute Bücher nicht nur aus dem Ausland kommen.

Die Idee, direkt in Bücher hineinspringen, sich mit den Figuren unterhalten und ihren Weg so mitverfolgen zu können, ist grandios und man selbst hätte nur zu gern Amys Fähigkeiten um in die eigenen Lieblingsbücher ebenfalls auf diese Art eintauchen, von Geschichte zu Geschichte wandern und deren Charaktere besser kennenlernen zu können. Wenn man, wie sie, Zugang zur geheimen Bibliothek hätte, würde man sicher Stunden damit verbringen in den Regalen zu stöbern.
Überaus gelungen sind zudem die vielen Anspielungen auf andere Bücher, wie Das Dschungelbuch, Anna Karenina, Stolz und Vorurteil oder Die Leiden des jungen Werthers, die man alle kennt und zum Teil vielleicht sogar schon selbst gelesen hat. Es ist wunderbar bekannte Charaktere und Geschichten so noch auf eine ganz neue Weise wahrnehmen zu können.

Amy ist eine sehr sympathische Protagonistin, mit der man die ganze Zeit über mitfiebert. Man teilt ihre Liebe zur Literatur, weshalb man ihre Faszination für ihre neu entdeckte Fähigkeit nur zu gut nachempfinden kann. Man sieht ihr gern dabei zu wie sie die Grenzen ihrer Gabe austestet, zumal sie offenbar mehr kann als die anderen Buchspringer.
In der Buchwelt freundet sie sich schnell mit dem jungen Werther an, streift mit ihm durch die Literatur und versucht zusammen mit ihm den Ideendieb zu finden. Werther ist Amy ein wirklich treuer Freund, wobei er sogar etwas mehr für sie empfindet als bloß Freundschaft. Es ist schade, dass Amy an ihrer Schule so schlechte Erfahrungen sammeln musste und es ihr deshalb zunächst schwer fällt anderen wieder zu vertrauen und sich ihnen zu öffnen. Doch Amy ist eine starke, mutige und vor allem entschlossene Heldin und somit gelingt es ihr natürlich irgendwann diese Sorgen zu überwinden.

Zwischen Amy und Will, der auch ein Buchspringer ist, entwickelt sich im späteren Verlauf dann sogar eine schöne, kleine Liebesgeschichte, die einen mehrmals zum Schmunzeln bringt, aber niemals zu aufdringlich wird. Will ist eine ausgesprochen liebenswerte Figur, in die man sich – wie Amy – mit der Zeit ein bisschen verliebt, sodass man sehr gut nachvollziehen kann, warum die beiden so viel füreinander empfinden.

Andere Nebencharaktere bleiben dagegen leider eher blass. Über Betsy erfährt man so gut wie nichts und Alexis spielt nach dem Beginn kaum noch eine aktive Rolle. Dass Amy einen Onkel hat, wird nur ein bis zweimal erwähnt und danach nicht weiter aufgegriffen, obwohl es mehrere Fragen aufwirft und er scheinbar sogar auf Stormsay lebt.
Clyde, Glenn und Desmond sind ebenfalls recht interessante Charaktere, die einige Fragen aufwerfen, insbesondere weil sie keine echten Menschen sind. Warum wollen sie nicht über das Märchen sprechen, aus dem sie stammen? Ist es wirklich nur zu schmerzhaft oder verbergen sie etwas?

Da es viele Geheimnisse aufzudecken gibt, z.B. über Amys Abstammung sowie die Gabe ihrer Familie, ist die Handlung durchgängig fesselnd und aufregend. Zwischen den Familien Lennox und Macalister besteht eine alte Fehde, über die man allerdings gern noch mehr erfahren hätte, beispielsweise wie sie anfing und nicht nur, wie es schließlich zu dem heutigen Waffenstillstand kam.
Schottland, genauer gesagt die geheimnisvolle Insel Stormsay, ist die perfekte Kulisse für diesen Roman, der sich im Übrigen besonders gut dafür eignet bei einem (nächtlichen) Sommergewitter gelesen zu werden.

Durch die vielen verschiedenen literarischen Settings entwickelt sich das Buch regelrecht zu einem Abenteuerroman und die Jagd nach dem Dieb, der die Rudimente stiehlt, sorgt noch einmal zusätzlich für Spannung. Darüber hinaus lockt Mechthild Gläser den Leser bei der Frage nach dessen Identität immer wieder geschickt auf falsche Fährten, sodass man gemeinsam mit den Figuren rätselt, wer der Dieb ist und vor allem warum er die Ideen stiehlt.

Zuerst hat man Angst um die Literatur, später auch um die Figuren, deren Leben zunehmend bedroht wird. Wer ermordete erst Sherlock und hat es nun auf Amy abgesehen? Manche Charaktere verhalten sich zudem ziemlich verdächtig, sodass es herauszufinden gilt, ob vielleicht sogar einer von ihnen in die Vorfälle in der Buchwelt verwickelt ist. Die wahre Identität des Täters sowie seine Absichten erschließen sich einem jedoch erst am Schluss.

Am Anfang eines jeden Kapitels befinden sich außerdem noch ein paar Zeilen eines interessanten, alten Märchens, das die Neugier des Lesers weckt und später eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt.

Vor dem packenden Showdown erwarten einen schließlich etliche Überraschungen und Wendungen, die man erst kurz zuvor erahnte oder mit denen man so nicht gerechnet hätte. Das Ende ist emotional, ergreifend und in gewisser Hinsicht so traurig, dass es einen zum Weinen bringt, obgleich es noch viel schlimmer hätte kommen können.

Ein paar Fragen bleiben letztlich offen und es ist schade, dass man nicht mehr über die Zukunft der Figuren erfährt, dennoch ist es schön, dass die Geschichte hiermit in sich abgeschlossen ist und man nicht auf eine Fortsetzung warten muss.

Fazit

Die Buchspringer ist ein wundervoller Roman für alle jene, die schon immer davon geträumt haben selbst einmal in die Welt ihrer Lieblingsbücher einzutauchen, deren Figuren näher kennenzulernen und gemeinsam mit ihnen diverse Abenteuer zu bestreiten.





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