[Rezension] Between Your Words

10. März 2021 | 09:15 | Gelesen

Titel: Between Your Words
Autorin: Emma Scott
Originaltitel: A Five-Minute Life
Erstveröffentlichung: 2019
Übersetzerin: Inka Marter


Wissenswertes

Between Your Words ist der neueste Roman der us-amerikanischen Bestseller-Autorin Emma Scott, die ihre Bücher zunächst als Self-Publisherin veröffentlichte, inzwischen aber eine treue Fangemeinde hat. Am liebsten schreibt sie realistische Geschichten, in denen die Liebe immer siegt.

Inhalt

Noch am ersten Tag in seinem neuen Job im Blue Ridge Sanatorium lernt Jim eine kunstbegeisterte junge Frau kennen, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Es gibt da nur ein Problem: Thea ist keine Kollegin oder Besucherin, sondern eine Bewohnerin, die an einer sehr schweren Form von Amnesie leidet. Sie kann sich stets nur wenige Minuten mit einer Person unterhalten, ehe ihr Kurzzeitgedächtnis wieder gelöscht wird und sie sich nicht mehr an ihr Gegenüber erinnern kann, sofern es sich dabei nicht um jemanden handelt, den sie bereits vor dem schrecklichen Unfall kannte, der dies alles verursacht hat. Ihre behandelnden Ärzte glauben, Thea ist sich ihres Zustandes immerhin nicht bewusst, was nur ein schwacher Trost ist, doch was, wenn sie sich irren?

Kritik

Between Your Words ist ein wahrlich großartiger New Adult Roman, vielleicht sogar der beste, den Emma Scott bislang geschrieben hat, und definitiv einer der besten, die der Buchmarkt zurzeit zu bieten hat. Im ersten Quartal des Jahres ist es natürlich noch zu früh, um den Titel des Jahreshighlights zu verleihen, doch im Rennen darum ist dieses Buch auf jeden Fall.

Die einzigartige, um nicht zu sagen herausragende, Liebesgeschichte von Thea und Jim ist bewegend, emotional, dramatisch, gefühlvoll, traurig – aber trotzdem humorvoll – und noch so vieles mehr, was man gar nicht richtig in Worte fassen kann. Sie begeistert den Leser beinahe von der ersten Seite an, was vor allem an den liebenswerten Charakteren liegt. Die weiblichen Single-Leserinnen, die noch auf der Suche nach einem Mann sind, hat die Autorin für die Männerwelt damit womöglich völlig unzugänglich gemacht, weil diese von nun an für immer – vergeblich – auf einen Mann hoffen werden, der Jim Whelan auch nur ansatzweise das Wasser reichen kann, was wahrscheinlich so gut wie unmöglich ist.

Diesen sanften und zugleich starken, ruhigen und aufmerksamen Mann liebt man als Leser von Beginn an, denn er strahlt von der ersten Szene an so viel mehr Menschlichkeit und Güte aus als viele andere. Wer Bad Boys bevorzugt, da er glaubt, Good Guys wären langweilig oder unsexy, wird seine Meinung also garantiert ändern, sobald er Jim kennen gelernt hat. Er singt, spielt Gitarre, kann sehr gut mit Worten umgehen und ist natürlich ausgesprochen attraktiv, kann jedoch in erster Linie charakterlich überzeugen. Seine – vermeintliche – Schwäche in Form des Stotterns macht ihn zudem noch liebenswürdiger und authentischer. Das Leben hat sich ihm gegenüber bislang nicht von seiner besten Seite gezeigt, trotzdem ist aus Jim ein herzensguter Mann geworden, den man einfach ins Herz schließen muss.

Dementsprechend kann man sehr gut nachempfinden, dass Thea sich – bewusst und unbewusst – so zu ihm hingezogen fühlt. Ohne jeden Hintergedanken will er das Leben der jungen Frau schöner und besser machen, soweit ihm das im Rahmen seiner begrenzten Mittel möglich ist, und sei es auch nur durch ihre Lieblingsmusik und eine leere Leinwand, die sie nach Belieben mit Farbe füllen kann. Außerdem erkennt er als einziger, dass Thea mit den Wortketten in ihren Bildern nicht einfach nur willkürlich oder wahllos Wörter aneinander reiht, wie ihre Ärzte fälschlicherweise annehmen.

Obwohl Theas Gedächtnis bzw. ihre Hirnverletzung ihr nach jedem sogenannten Neustart nur wenige wirklich wache Minuten gewährt, reicht dieser kurze Zeitraum, um zu erkennen, was für ein offener und freundlicher Mensch sie ist. Sie strahlt eine gewisse Wärme aus, liebt Kunst über alles und sieht – im Gegensatz zu ihrer Schwester Delia – auf niemanden von oben herab. Sie ist einem augenblicklich sympathisch, sodass man gut versteht, dass Jim sich in sie verliebt – selbst ohne eine konkrete Aussicht auf Heilung. Dennoch würde er Theas Situation selbstverständlich nie zu seinem persönlichen Vorteil ausnutzen, sie verletzen oder sich über sie lustig machen, nur weil sie sich später – scheinbar – ohnehin nicht mehr daran erinnern kann.

Auch von Theas Schwester, für die man als Leser nur wenig Verständnis hat, lässt Jim sich – zum Glück – nicht so leicht in die Flucht schlagen. Man kann durchaus nachvollziehen, dass Delia ihre Schwester schützen will, Männern gegenüber eher misstrauisch ist und versucht sparsam mit dem Geld umzugehen, dass ihre Eltern ihnen hinterlassen haben; immerhin sind stationäre Pflegeeinrichtungen bekanntermaßen sehr kostspielig. Zu einem gewissen Grad kann man sogar verstehen, dass sie Thea künstlerisch einschränkt, um die Medien nicht auf sie aufmerksam zu machen, obgleich man das nicht zwingend richtig findet. Warum sie Thea farbenfrohe Kleidung, Bücher und ihre bevorzugte Musik verwehrte, erschließt sich einem hingegen bis zum Schluss nicht.

Erzählt wird die Geschichte größtenteils aus Jims Perspektive, daneben gibt es allerdings auch einige Szenen aus Theas Sicht, die einem, soweit überhaupt im Bereich des Möglichen, einen guten Einblick in ihren Zustand gewähren. Die Perspektivwechsel verdeutlichen darüber hinaus, dass Thea und Jim sich in gewisser Hinsicht gegenseitig retten, denn Jim war ebenfalls in seinem Leben gefangen, wenngleich auf andere Weise als Thea. Während Thea sehr behütet aufgewachsen ist, war er Opfer von psychischer und physischer Gewalt, was ihn noch heute beeinflusst. Emma Scott zeigt anhand dieses Beispiels zudem sehr gut auf, dass die Folgen psychischer Misshandlung wesentlich länger andauern können als rein körperliche Verletzungen.

Die Handlung erinnert – in positiver Hinsicht – stark an den Film „50 erste Dates“ mit Drew Barrymore und Adam Sandler und ist durchweg mitreißend, weil man so mit den Figuren mitfiebert. Man kann sich nur sehr schwer von den Seiten losreißen und hat das Buch dadurch schneller beendet als es einem lieb ist. Der Aufbau ist allerdings eher untypisch, denn hier muss man nicht ganze 400 Seiten lang darauf warten, dass die Liebenden zusammen kommen. Das Ganze hat aber einen entscheidenden Nachteil: Dieser Aspekt ist nicht der Höhepunkt bzw. das Happy End, was dramaturgisch zwangsläufig bedeutet, dass ihr Glück nicht von Dauer sein kann und die ganze Zeit ein Damoklesschwert über dem Paar schwebt. Erotische Szenen sind kaum vorhanden, woran man sich jedoch nicht im Geringsten stört. Die wenigen vorhandenen intimen Momente fügen sich dafür umso harmonischer in die Handlung ein.

Fazit

Between Your Words erzählt die grandiose Liebesgeschichte von Thea und Jim, mit der Emma Scott einem erst das Herz bricht und es dann Stück für Stück wieder zusammensetzt. Das Buch reiht sich zweifellos in die Liste der liebsten New Adult Romane ein und macht Lust auf die weiteren Werke der Autorin, sofern man diese noch nicht kennt. Fragt sich nur, ob sie wohl mit diesem Buch mithalten können.





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