[Rezension] In Too Deep

29. Dezember 2016 | 22:55 | Gelesen

Titel: In Too Deep
Autorin: Amanda Grace
Deutscher Titel: bisher keine deutsche Übersetzung
Erstveröffentlichung: 2012
Sprache: Englisch


Wissenswertes

In Too Deep ist ein für sich allein stehender Roman der us-amerikanischen Autorin Mandy Hubbard, deren Bücher zum Teil auch unter dem Pseudonym Amanda Grace veröffentlicht werden. Sie lebt mit ihrem Mann sowie ihrer Tochter in der Nähe von Seattle und arbeitet neben dem Schreiben außerdem als Literaturagentin.

Inhalt

Sam ist in ihren besten Freund Nick verliebt, traut sich allerdings nicht ihm offen ihre Gefühle zu gestehen. Stattdessen will sie ihn eifersüchtig machen, indem sie auf einer Party am Wochenende mit ihrem Mitschüler Carter flirtet. Doch der Plan geht schief, denn Carter gibt Sam mehr als deutlich zu verstehen, dass er keinerlei Interesse an ihr hat, woraufhin sie gedemütigt das Haus verlässt.

Am darauffolgenden Montag geht in der Schule das Gerücht um Carter hätte Sam auf dieser Party vergewaltigt. Nichts dergleichen ist passiert, aber weil die Wahrheit ihr unangenehm ist und sie sich vor Nicks Reaktion fürchtet, klärt sie das Missverständnis nicht auf, sondern lässt alle anderen einfach in dem Glauben Carter hätte das Verbrechen begangen, das so viele ihm unterstellen …

Kritik

Mit In Too Deep hat Amanda Grace eine sehr interessante Geschichte zu Papier gebracht, die auf jeden Fall zum Nachdenken anregt und daher trotz einiger Kritikpunkte durchaus lesenswert ist. Das Buch zeigt nämlich sehr eindrucksvoll, was Worte anrichten können, selbst – oder vielleicht sogar vor allem – die unausgesprochen. Außerdem zeigt es, dass auch schweigen eine Art der Lüge sein kann und keineswegs weniger schlimme Konsequenzen nach sich zieht.

Anfangs kann man sich noch ganz gut in die Protagonistin Sam hineinversetzen und ihre Ängste verstehen. Mit der Zeit kann man ihr stoisches, verantwortungsloses Verhalten jedoch immer weniger nachvollziehen. Dass sie nicht sonderlich durchsetzungsfähig ist und sich nicht für das einsetzt, was sie will, ist eine Sache, zumal sie ja noch recht jung ist. Was sie in Bezug auf Carter einfach geschehen lässt, obschon es zumindest zu Beginn ein Leichtes für sie gewesen wäre all das zu stoppen, das sie, wie sie stets betont, nie gewollt hat, ist unbegreiflich. Sie trägt vielleicht nicht die Verantwortung dafür, dass dieses schlimme Gerücht überhaupt erst in die Welt gesetzt wurde, wohl aber für die Folgen, die sie in Kauf genommen hat, in der irrationalen Hoffnung, dass sich das Problem früher oder später schon von allein lösen würde. Sam geht also ständig den Weg des geringsten Widerstands und verdrängt auftretende Schwierigkeiten lieber statt sie aktiv anzugehen. Sie stellt ihre persönlichen Wünsche über alles andere, wohlwissend, dass zwangsläufig irgendwann alles herauskommen wird.

Man versteht ihre Gründe zwar, betrachtet sie allerdings nicht als ausreichende Rechtfertigung dafür, dass sie das Unvermeidliche andauernd weiter aufschiebt. Je länger sie schweigt, desto mehr Schuld lädt sie damit auf sich und desto unverzeihlicher wird ihr selbstsüchtiges Verhalten. Dass sie das Gerücht nicht selbst in Umlauf gebracht hat, ist keine Entschuldigung, denn sie tut absolut nichts um es zu stoppen nachdem sie davon erfährt, eher im Gegenteil, indirekt bestätigt sie es fortwährend, sogar als sie das ganze Ausmaß der Anschuldigungen bereits kennt.

Ihre Gedanken und Empfindungen sind darüber hinaus sehr widersprüchlich, was ihr selbst nicht einmal aufzufallen scheint. Auf die einen ist sie sauer, weil sie einem solchen Gerücht so schnell und einfach Glauben schenken, obwohl sie Sam gar nicht kennen und Carter völlig unschuldig ist. Auf diejenigen, die hinter Carter stehen und sie – zu Recht – als Lügnerin bezeichnen, ist sie dagegen wütend, weil sie ihr nicht glauben und sich auf Carters Seite schlagen. Sie unterstellt ihnen deshalb automatisch Gleichgültigkeit gegenüber dem ganzen Vorfall und dass sie auch dann auf Carters Seite stünden, wenn es wahr wäre und sie, wäre sie ein echtes Opfer, mit ihren Racheaktionen zerstören würden – nur dass sie eben kein echtes Opfer ist. Abgesehen davon hat Carter ja wohl ebenso ein Anrecht auf Freunde, die sein Wort über ihres stellen, insbesondere da er tatsächlich unschuldig ist.

Dass Sam nicht versteht, warum sich wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung plötzlich alle so sehr um sie sorgen, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass sie nicht wirklich begreift, wie schwerwiegend die Anschuldigung eigentlich ist. Genauso wenig scheint sie einzusehen, wie schlimm es ist Nick in dem Glauben zu lassen seine beste Freundin und das Mädchen, das er liebt, sei vergewaltigt worden und er hätte es nicht einmal bemerkt. Stattdessen macht sie es ihm zum Vorwurf, dass er es im ersten Moment nicht glauben will und Carter so eine Tat nicht zutraut, auch wenn er damit Recht hat. Sie sagt ihm nichts, weil sie ihn nicht verlieren will, dabei sind es im Endeffekt genau diese Lügen bzw. das wiederholte Verschweigen der wahren Fakten, was ihre Beziehung und sein Vertrauen zu ihr unwiderruflich zerstören.

Carter ist ein totales Arschloch, das Mädchen sehr respektlos behandelt, keine Frage, doch das gibt einem noch lange nicht das Recht dazu ihn als Vergewaltiger hinzustellen. Trotz seines schlechten Charakters tut er einem deswegen irgendwann sogar richtig leid. Er hat gewiss eine Strafe verdient, aber nicht so. Man hat Mitgefühl für all die Mädchen, denen Carter Unrecht getan hat und steht auf ihrer Seite, solche Vorwürfe sind im Falle der Unwahrheit jedoch nie gerechtfertigt, wie sehr man Carter auch hassen mag. Es mindert Sams Schuld somit nicht im Geringsten, dass die drei Schulkameradinnen, denen sie die Wahrheit schließlich offenbart, sie, was noch schlimmer ist, dazu überreden weiterhin zu schweigen um sich an Carter zu rächen, da sie längst hätte ehrlich sein müssen. Solche Mädchen sind der Grund dafür, dass man echten Vergewaltigungsopfern manchmal nicht glaubt und sie bezichtigt solche Behauptungen aufzustellen nur um jemandem etwas heimzuzahlen. Leider scheint ihnen das nie in den Sinn zu kommen.

Schade ist zudem, dass Sam Carter auf die Frage nach dem Warum nicht wenigstens sagt, welchen Schaden er bei anderen Mädchen angerichtet hat. Trotzdessen die Verantwortung hauptsächlich bei Sam lag, ist er nämlich nicht ganz unschuldig an der Eskalation der Situation sowie dem Umstand, dass so viele den Gerüchten wegen seines schlechten Charakters bereitwillig Glauben schenkten.

Sams bester Freund Nick ist einem im Unterschied zu Carter sehr sympathisch und man mag ihn und Sam als Paar sehr gern, wobei sich ihre Liebesgeschichte generell eher im Hintergrund abspielt und später fast schon nebensächlich wird. Obschon man es sich vielleicht anders gewünscht hätte, kann man gut nachempfinden, dass Nick ihr diesen Betrug nicht einfach verzeihen kann, egal wie sehr er Sam liebt. Das hat sie sich jedoch selbst zuzuschreiben und ihr ist es, anders als Carter, wenigstens eine Lehre.

Das Ende ist ziemlich trübsinnig und stimmt einen traurig, aber durchaus passend, zumal man während des Lesens mindestens einmal angenommen hat, dass es eigentlich nur so enden kann. Alles andere wäre schlicht zu fröhlich und damit unrealistisch gewesen, auch wenn man es Sam unter Umständen gegönnt hätte. Zumindest scheint sie aus ihren Fehlern gelernt zu haben, immerhin hat sie genug dadurch verloren.

Interessant ist darüber hinaus noch die Beziehung zwischen Sam und ihrem Vater. Letzterer ist überbeschützend, vertraut seiner Tochter nicht genug und hört ihr nicht zu. Sie ist allerdings auch nicht sonderlich darum bemüht das zu ändern, gibt meist schnell klein bei und tut ihrem Vater genauso Unrecht wie umgekehrt. Wie immer macht sie es sich einfach und schiebt die ganze Schuld für ihr schlechtes Verhältnis auf ihren Vater, obwohl sie ebenso versuchen könnte an der Beziehung zu arbeiten. Als Alleinerziehender hat man es schließlich nicht leicht und im Gegensatz zu Sam sieht man als Leser deutlich, dass er so streng ist, weil er seine Tochter liebt und nicht etwa, weil sie ihm gleichgültig wäre, nur dass er das vielleicht oftmals nicht so gut zeigen kann.

Fazit

In Too Deep ist ein sehr interessantes Jugendbuch, das definitiv zum Nachdenken anregt und über ein wichtiges Thema aufklärt. Eindrucksvoll beweist Amanda Grace in diesem Roman welche Macht Worte haben können und dass man nicht leichtfertig mit ihnen umgehen sollte.





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