[Rezension] Wie Sterne so golden

03. Dezember 2014 | 22:59 | Gelesen

Titel: Wie Sterne so golden
Autorin: Marissa Meyer
Originaltitel: Cress
Erstveröffentlichung: 2014
Übersetzerin: Astrid Becker


Wissenswertes

Wie Sterne so golden ist eine Fortsetzung des Debutromans der us-amerikanischen Autorin Marissa Meyer, die zur Zeit mit ihrem Verlobten sowie ihren zwei Katzen in Tacoma, Washington lebt. Neben ihrer leichten Besessenheit für Bücher und das Schreiben, hat sie eine Schwäche für Autoreisen, Weinverkostungen und Antiquitäten.

Wie Sterne so golden ist zudem der dritte Teil einer Tetralogie. Der vierte Band, Winter, wird voraussichtlich im Herbst 2015 unter dem Titel Wie Schnee so weiß auf Deutsch erscheinen.

Daneben gibt es noch mehrere Novellen unterschiedlicher Länge, die die Vorgeschichte verschiedener Figuren näher beleuchten: Glitches, The Little Android, The Queen’s Army, Carswell’s Guide to Being Lucky sowie Fairest, wobei letzteres im Januar 2015 sogar als Hardcover erscheint. Zwei dieser Novellen sind inzwischen auch in deutscher Sprache erhältlich: Das mechanische Mädchen sowie Die Armee der Königin.

Inhalt

Cinder und Thorne ist es, gemeinsam mit Scarlet und Wolf, gelungen in den Weltraum zu fliehen. Doch sie wollen sich nicht für immer verstecken, sondern arbeiten zusammen an einem Plan um Levana vom Thron zu stürzen. Als erstes müssen sie dafür ihre Hochzeit mit Kai, dem Kaiser des Asiatischen Staatenbundes, verhindern, denn sonst wäre die Versklavung der Menschheit womöglich nicht mehr aufzuhalten.

Allein werden sie es aber nicht schaffen die verschiedenen Regenten davon zu überzeugen, dass Levana nicht auf Frieden aus ist und stattdessen plant die Herrschaft über die gesamte Erde an sich zu reißen. Sie brauchen Beweise und Cress, das Mädchen, dessen lange und einsame Gefangenschaft in einem Satteliten sie zu einer exzellenten Hackerin werden ließ und die zwar für Levana spioniert, die Albatros allerdings die ganze Zeit vor neugierigen Blicken verborgen hielt und ihren Aufenthaltsort für sich behalten hat, könnte ihnen vielleicht welche beschaffen …

Kritik

Mit Wie Sterne so golden hat Marissa Meyer erneut eine großartige Neuinterpretation geschrieben, in der sie sich dieses Mal dem Märchen von Rapunzel gewidmet hat. Erst bei näherem Hinsehen stellt man fest, wie viele Elemente sie aus der bekannten Vorlage hier und da in ihren Roman eingebunden hat, von denen man manche schon während des Lesens, andere jedoch erst im Nachhinein entdeckt. Es macht richtig Spaß die Parallelen zu suchen und die Veränderungen zu betrachten, so wurde aus dem Turm zum Beispiel ein Satellit.

Trotz zahlreicher, liebenswerter Figuren ist und bleibt Cinder aber die Hauptfigur der Serie, auch wenn ihr Märchen nun nicht mehr im Mittelpunkt steht. Langsam beginnt sie die Verantwortung ihrer Herkunft anzunehmen. Zusammen mit ihren Freunden, die sie unterstützen und ungeachtet der Gefahren dabei jedes Mal ihr Leben riskieren, schmiedet sie verschiedene Pläne, doch erst Dr. Erland macht ihr schließlich klar, dass es nicht reicht die Erdbewohner von ihrem rechtmäßigen Anspruch auf den Thron zu überzeugen, sondern vor allem die Lunarier hinter ihr stehen müssen. Nur mit deren Hilfe wird sie Levana stürzen und diese an ihrer weiteren Machtergreifung hindern können. Cinder kämpft also sowohl für ihr eigenes Volk als auch für die Menschen, die Levanas Tyrannei nicht zum Opfer fallen sollen.
Zusätzlich trainiert sie eifrig ihre Gabe um der Königin in einem Kampf die Stirn bieten zu können. Während Menschen für sie kaum noch ein Problem darstellen, kann sie Wolf nur unter Aufbringung größter Konzentration kontrollieren, wobei sie dann allerdings nicht mehr auf ihre Umgebung achtet und zu einem leichten Ziel wird. Außerdem hat Cinder große Angst davor so zu werden wie ihre Tante, obwohl schon allein diese Furcht deutlich zeigt, dass Cinder ganz anders ist als diese. Darüber hinaus verfolgt sie ein ehrenvolles Ziel, denn sie will ihren Thron nur beanspruchen um die Erde zu retten und nicht etwa um Macht zu erlangen.

Neben Cinder avanciert Cress im dritten Band zu einer zentralen Figur, die man nach der ersten Begegnung in Wie Blut so rot nun endlich besser kennen lernt. Das Mädchen aus dem Satteliten ist eine liebenswerte, beinahe hoffnungslose Romantikerin, die ihre teils extrem naiven Vorstellungen mit der Zeit aber ablegt als sie die wirkliche Welt entdeckt. Ihre niedliche Begeisterung und Freude über die Schönheit der Erde – seien es nun die Natur, Tiere oder Städte – sind regelrecht ansteckend und lehren einen diese Dinge ebenso bewusst wahrzunehmen und zu schätzen. Äußerlich ist Cress bloß ein junges Mädchen, sie ist jedoch viel stärker als es scheint und beweist viel Mut indem sie sich Cinders Truppe anschließt. Sie ist eine tolle Ergänzung für das Team und mit ihren enormen Computer-Kenntnissen eine unschätzbare Hilfe.

Nachdem die Gruppe durch gewisse Umstände voneinander getrennt wird, taucht Scarlet leider nur noch sehr selten auf und man muss mitunter lange warten um zu erfahren, was ihr gerade widerfährt. Dadurch vermisst man sie und ihre wundervolle, einzigartige Beziehung zu Wolf sehr, an die man sich, dank der Art und Weise wie Wolf über Scarlet spricht, gut erinnert. Man kann seinen Schmerz und seine Angst als er erfährt, was mit Scarlet geschehen und dass ihr Schicksal ungewiss ist also sehr gut nachempfinden.

Dem Buch fehlt es deshalb aber nicht gänzlich an Romantik und zum Ausgleich bahnt sich eine Liebelei zwischen Cress und Thorne an. Sie schwärmt ja schon lange aus der Ferne für den Kapitän, was man als Leser sehr gut verstehen kann, und da sie nun gezwungenermaßen viel Zeit miteinander verbringen müssen, lernen sie einander besser kennen. Es ist also kein Wunder, dass Thorne dem Charme von Cress nicht lange widerstehen kann und er sie letztlich ebenfalls in sein Herz schließt.

Die häufigen Perspektivwechsel ermöglichen einen umfangreichen Einblick in die verschiedenen Geschehnisse sowie die Gedanken und Gefühle mehrerer Figuren, einschließlich derer, die weniger im Mittelpunkt stehen. So gibt es beispielsweise ein paar Kapitel aus der Sicht von Dr. Erland, deretwegen man bei genügend Aufmerksamkeit sogar vor ihm selbst ahnt, wer Cress tatsächlich ist.
Auch die Ereignisse um Kai, der insbesondere durch eine bestimmte Tat im Verlauf der Handlung an Sympathie gewinnt, werden wieder häufiger beleuchtet. Man freut sich mehr über ihn zu erfahren und wie er jetzt eigentlich zu Cinder steht. Letzteres kann er nicht mit Sicherheit sagen, doch bei seinen Erfahrungen mit Levana und ihrem Gefolge ist es verständlich, dass er sich fragt, ob Cinder ihn nur manipuliert hat um etwas für sie zu empfinden. Ironischerweise ist es ausgerechnet sein Berater, der ihm diesbezüglich Klarheit verschafft. Des Weiteren ist Konn Torin noch in einem anderen, entscheidenden Moment für eine Überraschung gut.
Königin Levana verabscheut man nach wie vor, dennoch sind die wenigen Abschnitte aus ihrer Sicht durchaus interessant. So lernt man zum Beispiel, wie groß ihr Machthunger wirklich ist und dass sie ihren Thron keinesfalls kampflos aufgeben wird.

Ferner gibt es dazu Figuren ohne eigene Perspektive, die trotzdem nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die Androidin Iko ist nach wie vor einfach großartig und unheimlich liebenswürdig, obgleich sie nicht einmal ein Mensch ist.
In dem lunarischen Wächter Jacin Clay findet Cinder überraschend einen neuen Verbündeten, dessen wahre Motive man allerdings nicht genau kennt. Man könnte ihn für verhältnismäßig unwichtig abtun, aber vielleicht wird er im späteren Verlauf noch einmal von größerer Bedeutung sein, denn auch das Schneewittchen braucht ja schließlich einen Prinzen.

Zum Schluss hin wird außerdem eine weitere, neue Figur eingeführt, die im vierten Teil garantiert eine entscheidenden Rolle spiele wird: Prinzessin Winter. Sie ist schwer einzuschätzen und man fragt sich zwangsläufig, was sie wohl für eine Person ist. Sie macht zumindest keinen so grausamen Eindruck wie ihre Stiefmutter und es drängt sich die Frage auf, ob sie tatsächlich so verrückt ist, wie es zunächst den Anschein hat.

Doch nicht nur die zahlreichen, vielseitigen Charaktere machen dieses Buch so besonders. Die interessanten Schauplätze, die mit der Sahara und einigen wundervollen Oasen nach dem ländlichen Europa und dem futuristischen Asien nun um den Kontinent Afrika erweitert werden, sind mindestens genauso faszinierend. Darüber hinaus gelingt es Marissa Meyer die verschiedensten Emotionen in ihren Lesern hervorzurufen und immer wieder mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Man ist unglaublich traurig als eine Figur stirbt, die gerade erst entdeckt hat, dass eine tot geglaubte, geliebte Person noch am Leben ist, und für die Beiden keine Zeit mehr bleibt einander überhaupt kennen zu lernen, während die schreckliche Enthüllung über den Ursprung bzw. den Ausbruch der Letumose unfassbar grauenvoll ist und einen zutiefst schockiert. Und als ob es nicht schlimm genug wäre, dass die Menschen bislang kein Heilmittel gegen die blaue Pest finden konnten, taucht nun eine mutierte Form der Letumose auf, die die Krankheit womöglich unaufhaltsam werden lässt. Und da sich nun sogar Lunarier infizieren können, ist auch Cinder nicht länger dagegen immun.

Aber nicht nur dadurch zeigt die Autorin, dass sich Lunarier und Erdbewohner, abgesehen von der Fähigkeit andere zu manipulieren, gar nicht so sehr voneinander unterscheiden. Es lässt sich nämlich nicht grundsätzlich sagen, dass alle Lunarier boshaft seien und alle Menschen gut.
Es gibt zwar Lunarier, denen es eine abartige Freude bereitet Menschen mental zu foltern und damit in den Wahnsinn zu treiben. Es gibt jedoch ebenso Lunarier, die der Ansicht sind, dass niemand so eine Macht über jemand anderen haben sollte, weil niemand der Kontrolle über sich selbst derartig beraubt werden darf. Die Erfindung, die bei Cinder zum Einsatz kam um ihre Herkunft zu verbergen, könnte dies verhindern, weshalb es sich lohnen könnte herauszufinden, ob die Pläne dafür noch existieren.
Genauso gibt es Menschen, die die Lunarier so sehr hassen, dass sie eine unschuldige Hülle, die ihnen nie etwas getan hat, ohne schlechtes Gewissen einem potenziell tödlichen Schicksal überlassen. Und solche, die Seite an Seite mit Lunariern stehen und bereit sind Cinder mit ihrem Leben zu schützen, weil sie all ihre Hoffnungen in sie setzen.

Das letzte Drittel des Buches ist dann noch einmal besonders spannend. Man fiebert mit den Charakteren bei der Ausführung ihres Plans mit, der sich trotz aller Vorbereitungen natürlich nicht ohne unvorhergesehene Hürden in die Tat umsetzen lässt. Es folgt ein mitreißender Kampf, der aber zum Glück nicht in einen Cliffhanger mündet. Stattdessen wird bei einer klärenden Aussprache mit einer Prise Romantik ein wichtiges Geheimnis enthüllt. Zudem muss die Gruppe um Cinder den ersten Konsequenzen ihrer Taten ins Auge sehen, die mehr als deutlich zeigen, dass nun ein Krieg bevorsteht.

Fazit

Mit Wie Sterne so golden setzt Marissa Meyer ihre außergewöhnliche Reihe gekonnt fort und schafft es erneut den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in ihren Bann zu ziehen. Interessante Figuren, viel Spannung, faszinierende Settings, ein bisschen Humor und ein Hauch Romantik lassen einfach keine Wünsche mehr offen. Glücklicherweise hat die Autorin auf einen Cliffhanger verzichtet, denn Wie Schnee so weiß erscheint immerhin erst im Herbst 2015. Der Ausblick auf den kommenden Verlauf ist aber in jedem Fall vielversprechend und es erwartet einen garantiert ein packendes Finale!





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