[Rezension] Godspeed – Die Ankunft

10. August 2013 | 14:06 | Gelesen

Titel: Godspeed – Die Ankunft
Autorin: Beth Revis
Originaltitel: Shades of Earth
Erstveröffentlichung: 2013
Übersetzerin: Simone Wiemken


Wissenswertes

Godspeed – Die Ankunft ist die zweite Fortsetzung des Debutromans der us-amerikanischen Autorin Beth Revis. Die in North Carolina geborene und aufgewachsene Autorin fing frühzeitig mit dem Schreiben an, denn schon in der Schule schrieb sie im Unterricht lieber Kurzgeschichten als dem Unterricht zuzuhören. Das änderte sich auch an der Universität nicht, nur dass aus ihren Kurzgeschichten inzwischen schon fast Romane geworden waren. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie zunächst als Lehrerin, konnte aber weiterhin nicht aufhören Geschichten zu schreiben, weshalb sie sich nun ganz dem Schreiben gewidmet hat.

Godspeed – Die Ankunft ist der dritte Teil einer Trilogie. Der erste Band trägt in Deutschland den Titel Godspeed – Die Reise beginnt, der Titel des zweiten Bandes lautet Godspeed – Die Suche.

Daneben gibt es noch eine nur als eBook erhältliche Kurzgeschichte mit dem Titel As They Slip Away, die größtenteils noch vor dem ersten Band spielt und von Selene, dem Mädchen, das im ersten Band für die Kaninchen zuständig war, handelt.

Inhalt

Amy kann es kaum noch erwarten ihr unfreiwilliges Gefängnis aus Stahl zu verlassen und Junior zu zeigen, wie schön das Leben in echter Freiheit ist. Ihr Wunsch Zentauri-Erde zu ihrer neuen Heimat zu machen ist allerdings nicht so leicht zu erfüllen wie gedacht, denn schon bei der Landung scheint sie etwas attackiert zu haben. Unbekannte Gefahren lauern überall und warten nur darauf, dass die Menschen die Sicherheit ihres Shuttles verlassen.

Die Eingefrorenen, darunter auch Amys Eltern, können ihnen vielleicht helfen und sie beschützen, immerhin wurden sie für die Mission ausgewählt um genau diese Aufgaben zu erfüllen. Doch Junior hat Orions Worte noch nicht vergessen und befürchtet, dass die Leute von der Sol-Erde möglicherweise ebenso eine Bedrohung für seinesgleichen darstellen wie die fremden Wesen, die diesen Planeten bewohnen …

Kritik

Mit Godspeed – Die Ankunft hat Beth Revis ihre unglaublich mitreißende Trilogie auf grandiose Art und Weise zu einem fulminanten Abschluss gebracht, wie man ihn nicht besser hätte schreiben können, der diese Reihe, die einem von Anfang bis Ende so viele tolle Lesestunden beschert hat, wahrlich unvergesslich macht.

Was sowohl dem Leser als auch den Protagonisten im ersten Band noch fast unmöglich erschienen ist, wird im Finale nun doch noch Wirklichkeit: Amy, Junior und zumindest ein Teil der Besatzung der Godspeed landen auf der Zentauri-Erde. Für die meisten von ihnen ist die Erfahrung einen echten Planeten zu betreten – richtige Erde unter den Füßen, ein endloser Himmel mit echten Sonnen, Wind, der einem über das Gesicht streicht – absolut überwältigend, denn während Amy nur einige Monate auf dem Schiff gefangen war, sich aber noch gut an die Sol-Erde erinnern konnte, hat das Schiffsvolk nie etwas anderes gekannt als eine künstlich erschaffene Landschaft umgeben von Wänden aus Stahl. Zusammen mit ihnen begibt man sich auf eine faszinierende Entdeckungstour, bei der man sowohl Gemeinsamkeiten als auch viele Ungleichheiten zwischen den Planeten ergründet. Der größte Unterschied besteht jedoch wohl zwischen dem Leben auf dem Schiff und dem Leben auf einem Planeten, denn selbst Junior kann Amy nun voll und ganz verstehen und würde jetzt, da er selbst erfahren hat, wovon sie die ganze Zeit gesprochen hat, nicht mehr auf der Godspeed leben wollen.

Unglücklicherweise birgt der Planet aber auch etliche Gefahren und zwar nicht nur durch fremde, möglicherweise giftige Pflanzen und fremdartige Tiere, sondern auch durch andere intelligente Wesen, die es direkt auf die Menschen abgesehen haben, mit tödlichen Absichten. Vor allem die Unwissenheit macht sie so bedrohlich, denn niemand weiß, was das für Wesen sind, wie sie aussehen, warum sie so aggressiv sind oder worin ihre Schwächen bestehen, während sie allerdings scheinbar genau wissen, wie sie die Menschen am besten vernichten können.
Nicht einmal die ausgebildeten Mitglieder des Militärs von der Sol-Erde, darunter Amys Vater, die gleich nach der Landung aufgeweckt wurden, können trotz ihrer bewaffneten Wachen verhindern, dass es Verluste gibt. Je mehr Personen sterben, desto häufiger stellt sich insbesondere Amy die Frage, ob es das wirklich wert war. Sie fühlt sich schuldig, weil sie Junior dazu überredet hat zu landen und die Schiffsbesatzung somit der Sicherheit im All beraubt hat, wohingegen Junior seine Meinung völlig geändert hat und die Freiheit und unermessliche Weite des Planeten für ihn das Risiko wert sind.

Der Planet und seine Bewohner stellen jedoch nicht die einzige Bedrohung für die Kolonie dar. Die Kluft zwischen den Menschen von der Sol-Erde, die sich insgesamt sehr herablassend verhalten, und jenen, die auf dem Schiff geboren wurden, scheint teilweise unüberwindbar und führt nicht gerade zu Zusammenhalt. Obwohl Orions Befürchtungen – Sklaven oder Soldaten – nicht unmittelbar eingetreten sind – das würden weder Junior noch Amy, die sich unablässig für das Schiffsvolk einsetzt und sie sogar gegenüber ihrem Vater, der inzwischen das Kommando übernommen hat, verteidigt, nie zulassen – bleibt Junior misstrauisch und befolgt nicht einfach blind die Befehle des Colonels. Dieses Misstrauen ist durchaus berechtigt, wie sich schon bald herausstellt, denn Amys Vater nimmt Junior als Anführer nicht wirklich ernst. Er verbirgt viele Geheimnisse und tischt nicht nur Junior, sondern auch seiner eigenen Tochter, immer wieder Unwahrheiten auf, was die Beiden dazu zwingt die Wahrheit auf eigene Faust herauszufinden, wobei sie natürlich immer wieder mit neuen Fragen konfrontiert werden, allen voran auch der, wen oder was Orion mit ‚Monstern‘ tatsächlich gemeint hat.

Beinahe alles, was Amy und Junior nach und nach enthüllen, trifft einen völlig unerwartet und schockiert einen teilweise zutiefst. Mit bestimmten Dingen hätte man nie und nimmer gerechnet, sodass es Beth Revis immer wieder gelingt ihre Leser zu überraschen. Leider führt diese schreckliche Wahrheit bzw. vielmehr die Tatsache, dass man sie so lange verschwiegen hat, zu etlichen, tragischen Verlusten. Diese sind nicht nur traurig, sondern gerade zum Ende hin auch noch völlig sinnlos, weil man sie ganz einfach hätte vermeiden können. Die Autorin zeigt damit deutlich, dass Lügen und Geheimniskrämerei nur zu Schmerz führen und die Wahrheit immer der beste Weg ist. Aufrichtigkeit führt vielleicht nicht immer schnell zum Erfolg, einen Versuch ist sie aber stets Wert, vor allem wenn man damit unnötige Opfer verhindern kann.

Was oder vielmehr wer wirklich hinter den Angriffen auf die Kolonie steckt, wird erst sehr spät aufgedeckt, wodurch die Spannung konstant aufrecht erhalten wird. Gleichzeitig ist das auch der Grund, warum man den furchtbaren Verrat einer Figur, die man bis dahin eigentlich relativ gern hatte, keineswegs kommen sieht. Im Nachhinein betrachtet gab es zwar ein paar wenige Anzeichen, diese waren aber sehr gut versteckt, sodass die Erkenntnis auch Amy völlig unvorbereitet trifft.
Einerseits kann man durchaus verstehen, warum dieser Charakter so handelte, wie er gehandelt hat bzw. glaubte sogar handeln zu müssen, denn im Grunde verfolgte er einen guten Zweck. Andererseits heiligt der Zweck aber eben nicht immer die Mittel und seine Taten sind zusammen genommen einfach unverzeihlich. Wäre er von Anfang an ehrlich gewesen und hätte er Junior und Amy, die nur vorhatten Zentauri zu ihrer neuen Heimat zu machen und nicht irgendwelche Befehle der habgierigen FRX befolgten, nicht mit dem viel zu verbissenen und befehlshörigen Colonel Martin in eine Schublade gesteckt, hätte nämlich alles anders kommen können.

Zum Glück sind aber nicht alle so blind vor Wut und Trauer wie Amys Vater, dass sie nur noch an Rache denken und alles andere darüber vergessen, sondern erkennen, dass ein Ende mit Schrecken immer noch besser ist als ein Schrecken ohne Ende und sie die Vergangenheit hinter sich lassen müssen, wenn sie jemals in Frieden leben wollen. Sie müssen nach vorn blicken, auch wenn es noch so schwer fällt, denn sonst wäre alles umsonst gewesen.

Im Übrigen gerät auch die Godspeed mitsamt ihrer noch vorhandenen Besatzung nicht völlig in Vergessenheit, sodass man trotz allem mehr über das Schicksal der Zurückgebliebenen erfährt und was nach ihrem Abschied von Amy, Junior und denen, die sich für den Planeten entschieden haben, passierte.

Des Weiteren rückt trotz der vielen Schwierigkeiten, vor die Amy und Junior immer wieder gestellt werden, auch ihre Liebesgeschichte nicht ganz und gar in den Hintergrund. Sie haben endlich gelernt einander zu vertrauen und halten im Finale bedingungslos zueinander. Obwohl Amy ihren Vater liebt und sich so sehr gewünscht hatte wieder mit ihren Eltern vereint zu sein, stellt sie ihr Vertrauen zu Junior über das zu ihrem Vater. Sie enthält Junior, entgegen den Anordnungen des Colonels, keine Informationen vor, die er ihrer Meinung nach kennen sollte, hilft ihm dabei herauszufinden, was dieser vor ihnen verbirgt und unterstützt ihn sogar bei Plänen, die die ihres Vaters eindeutig durchkreuzen, wenn sie es für das Richtige hält. Ihnen ist es egal, dass sie aus unterschiedlichen Welten stammen. Sie lieben den jeweils anderen so wie er ist, ungeachtet irgendwelcher Äußerlichkeiten, und lassen sich von den vielen Vorurteilen daher nicht beeindrucken.

Genau wie schon die beiden Vorgänger wird auch Godspeed – Die Ankunft abwechselnd aus den verschiedenen Perspektiven von Amy und Junior erzählt. Dadurch kann man verschiedene Geschehnisse gleichermaßen verfolgen und erfährt gleichzeitig aus erster Hand was sowohl Amy als auch Junior (füreinander) empfinden, anstatt es nur aus den Handlungen des jeweils anderen erraten zu müssen. Es ermöglicht einem außerdem eine unterschiedliche Sicht der Dinge, die einen so manches klarer sehen lässt, denn jeder von ihnen ist in gewissen Situationen voreingenommen oder reagiert auf Grund individueller Erfahrungen vollkommen anders.

Fazit

Erstaunlich, aber wahr: Beth Revis hat es nicht nur geschafft das hohe Niveau des Vorgängers zu halten, sondern hat sich mit Godspeed – Die Ankunft noch einmal selbst übertroffen. Immer wieder gelingt es ihr den Leser zu überraschen und mit ungeahnten Ereignissen an die Seiten zu fesseln, sodass man das Buch keinen Moment aus der Hand legen will. Das sorgt zwar leider dafür, dass man dieses fantastische und unheimlich aufregende Finale viel zu schnell verschlugen hat. Dafür wird man aber mit einem sehr gelungenen und vor allem realistischen Ende entschädigt, das kaum noch Wünsche offen, aber dennoch Spielraum für ein paar eigene Spekulationen lässt.

Wer die Reihe noch nicht kennt, sollte das also unbedingt ändern! Wer bis dahin noch kein Fan von Science Fiction war, wird spätestens dann einer werden und kann im Anschluss mit allen anderen Fans der Serie auf das nächste großartige Abenteuer der Autorin warten.





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