[Rezension] Das Lied der Banshee

30. Juni 2011 | 21:35 | Gelesen

Titel: Das Lied der Banshee
Autorin: Janika Nowak
Originaltitel: Das Lied der Banshee
Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzer: Originalsprache


Wissenswertes

Das Lied der Banshee ist der Debutroman der deutschen Autorin Janika Nowak, die sich schon als Kind für Mythologie interessierte. Seitdem hat sie sich ein umfangreiches Wissen über die Sagenwelt Europas und Asiens angeeignet und diese Kenntnisse dann in ihrem Roman einfließen lassen.

Im Moment arbeitet die Autorin, die in Hamburg lebt und dort als freie Texterin tätig ist, an einer Fortsetzung, in der sie nicht nur Aileens sondern vor allem auch Aikos Geschichte weitererzählen wird. Der Fokus liegt in dem zweiten Teil also mehr auf der japanischen Sagenwelt. Eine romantische Liebesgeschichte wird es allerdings trotzdem geben.

Illustriert wurde der Roman von der Kölnerin Nina Nowacki, die neben ihrer Arbeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kölner Design Akademie, an der sie auch studiert hat, außerdem als freie Comiczeichnerin, Illustratorin und Designerin tätig ist. Bei Knaur ist gerade ihr erster Comic unter dem Titel Guns and Swords erschienen.

Inhalt

Bisher hatte die 17-jährige Aileen ihr Leben eigentlich für ganz normal gehalten, mal abgesehen von ihrem alkoholsüchtigen Vater. Doch mit dieser Normalität ist es schlagartig vorbei als Aileen eines Nachts nach einem Konzertbesuch mit ihrem Arbeitskollegen und heimlichen Schwarm Thomas von vier Schlägern verfolgt und überfallen wird, die sie nicht nur verletzen, sondern sogar töten wollen. Obwohl sie schon den Tod vor Augen hat, schafft sie es wie durch ein Wunder den Angriff zu überleben. Doch wie? Aileen hat keine Erklärung dafür und kann sich nur daran erinnern einen lauten Schrei ausgestoßen zu haben. Nachdem sie sich mühevoll zurück in ihr Wohnheim geschleppt hat, will sie das alles einfach nur noch vergessen.

Als Aileen am nächsten Morgen aufwacht, kann sie gar nicht fassen, was sie im Spiegel sieht. Von den vielen Tritten und Schlägen sind kaum noch Spuren sichtbar und auch Schmerzen hat sie keine mehr. Daher wird sie auch von den Polizisten nicht wirklich ernst genommen, denen sie später davon berichtet damit die Männer nicht noch jemanden überfallen können.

Aber die Begegnung mit den Schlägern bleibt nicht der einzige Angriff auf Aileens Leben. Noch am gleichen Abend krachen mehrere seltsame Riesenvögel durch ihr Fenster im Wohnheim, die es auf sie abgesehen haben. Immer wieder hacken sie mir ihren Klauen und Schnäbeln auf sie ein und hätten sie auch mit Sicherheit getötet, wäre nicht in letzter Sekunde wie aus dem Nichts ein Fremder zu ihrer Rettung aufgetaucht. Er sagt sein Name sei Macius und die Harpyien, wie er die Riesenvögel nennt, würden ihr nach dem Leben trachten, weil sie ein ganz besonderes Wesen sei …

Kritik

Das Lied der Banshee ist ein Jugendroman, der sich vor allem wegen der Fülle an mystischen Wesen, die darin auftauchen, von anderen Jugendbüchern stark unterscheidet, im positiven Sinn. Statt sich auf ein paar wenige Gestalten zu beschränken, erweckt Janika Nowak nahezu alle erdenklichen Sagengestalten zum Leben, ohne die Zusammenhänge aus den Augen zu verlieren. Sie fasst die verschiedenen Arten unter dem Begriff Götterkinder zusammen, da sie, wie in den meisten Überlieferungen, aus der Verbindung zwischen einem Gott bzw. einer Göttin und einem Menschen entstanden sind. So kommt es, dass es in ihrem Roman nicht nur eine Banshee gibt, sondern auch Wassermänner, Sirenen, Nymphen, Naturgeister, Gargoyles, Lamien, Sartyre und viele andere. Schade ist allerdings, dass man einige dieser Wesen nur oberflächlich kennen lernt, obwohl man doch eigentlich noch viel mehr über sie erfahren möchte.

Im Vordergrund der Handlung steht jedoch Aileen, die schließlich von dem sehr sympathischen Wassermann Macius erfährt, dass sie eine Banshee ist – eine irische Todesfee. Zunächst hält sie das alles für ausgemachten Unsinn, doch schon bald muss auch die sonst so bodenständige Auszubildende einsehen, dass es Magie tatsächlich gibt und Macius sich das alles nicht nur ausgedacht hat. Spätestens als sie zum zweiten Mal von Harpyien angegriffen wird, kann sie nicht mehr leugnen, dass ihr Leben sich grundlegend verändert hat.
Zusammen mit Thomas, der mehr oder weniger zufällig in die Sache mit hinein geraten ist, weil er den Angriff der Harpyien mitbekommen hat, muss sie sich nun ihrer neuen Situation stellen. Um vor den hartnäckigen Angreifern zu fliehen und damit Aileen ihre Fähigkeiten erlernen kann, machen sie sich mit Macius, der japanischen Oni Aiko und der etwas ruppigen Sirene Pheme auf den Weg nach Warschau, wo sie zunächst im Brunnen des Wassermanns Unterschlupf finden. Dort lernen beide mehr über die Existenz der Götterkinder und deren Fähigkeiten. Während Aileen von Macius vor allem lernen soll ihre Stimme als Waffe einzusetzen, wird Thomas von Pheme im Umgang mit Schusswaffen unterrichtet, sodass auch er feindlich gesinnten Götterkindern etwas entgegen zu setzen hat.

Doch sie bleiben nicht lange unentdeckt und schon bald müssen sich Aileen, Thomas, Aiko und Pheme auf eine spannende sowie gefährliche Reise quer durch Europa begeben um Verbündete im Kampf gegen die Nyxianer, die systematisch andere Götterkinder auslöschen, zu gewinnen und herauszufinden, warum es immer wieder zu diesen Angriffen kommt.

Neben diesem Kampf gibt es natürlich auch eine kleine Liebesgeschichte, nämlich zwischen Aileen und Thomas, die bis zum Ende hin spannend bleibt. Während Aileen sich immer wieder selbst dabei erwischt, dass sie zu Schwärmen anfängt und vielleicht doch etwas mehr für Thomas empfindet als nur Freundschaft, ist sie fest davon überzeugt, dass er sie nur als Kollegin und Freundin sieht, aber auf keinen Fall tiefere Gefühle für sie hegt. Dies führt immer wieder dazu, dass sie selbst auf Distanz geht, damit er nichts von ihren Gefühlen bemerkt, obwohl er im Grunde doch genau das gleiche für sie empfindet, was man als Leser schon von Anfang an spürt. Trotzdem ist es schön, und teilweise auch recht amüsant, zu beobachten, wie lange die beiden umeinander herum schleichen, bis sie sich endlich die Wahrheit gestehen können.

Der überwiegende Teil der Geschichte wird aus der Sicht von Aileen erzählt, wodurch man sich stets sehr gut in sie hinein versetzen kann. Die Autorin konzentriert sich sehr auf die Beschreibung von Aileens Gefühlen und ihren Gedankengängen, sodass man immer genau weiß, was gerade in deren Kopf vorgeht und wie sie empfindet. Sowohl ihr Unglaube und ihre Verwirrung zu Beginn der Handlung als auch ihre Ängste und Zweifel im Bezug auf Thomas und den bevorstehenden Kampf sind sehr nachvollziehbar. So kann man beispielsweise auch sehr gut verstehen, wie froh Aileen darüber ist, dass sie den Tod anderer nicht bringt, sondern ihn nur beweint, nachdem sie sich schließlich mit ihrem wahren Wesen abgefunden hat.
Neben Aileens Perspektive gibt es noch einige wenige Szenen aus der Sicht des Feindes. So weiß man als Leser schon vor den Figuren, wer der eigentliche Feind ist und welche Beweggründe er hat, die Spannung mindert das jedoch nicht.

Besonders positiv hervorzuheben sind noch die tollen zahlreichen Illustrationen von Nina Nowacki, welche die Handlung des Romans unterstreichen und das Buch zu etwas ganz besonderem machen. Einige Beschreibungen, die an sich schon brutal genug sind, werden dadurch allerdings noch bildlicher, sodass das Buch wirklich erst für Jugendlich geeignet ist.

Kritikwürdig sind lediglich ein paar Fehler, die zwischendurch auftauchen, wie z.B. der kleine Logikfehler zu Beginn oder dass gegen Ende aus der Sirene plötzlich mal eine Nymphe wird. Diese kann man aber noch verzeihen, zumal es sich bei Das Lied der Banshee um einen Debutroman handelt und sie den Lesefluss nicht allzu stark beeinträchtigen.

Das Ende ist der Autorin gut gelungen und verlangt eigentlich nicht nach einer Fortsetzung, da die Handlung in sich abgeschlossen ist. Potenzial könnte sich jedoch noch in der Zukunft aus der Beziehung zwischen Aileen und Thomas ergeben, da sie als Banshee mehrere hundert Jahre alt werden kann, ohne dass man es ihr äußerlich ansehen würde, während Thomas als Mensch ganz normal altern wird. Es wäre daneben aber natürlich auch interessant zu erfahren, wie es mit den anderen Figuren weiter geht.

Fazit

Das Lied der Banshee ist ein erfrischender und abwechslungsreicher Roman, der sich auch mal mit mystischen Wesen beschäftigt, die noch nicht in diversen anderen Jugendbüchern vorgekommen sind. Die Handlung ist geheimnisvoll und bietet neben der liebenswerten Romanze außerdem eine abenteuerliche Reise durch Europa, eine spannende Suche nach Verbündeten und einen gefährlichen Kampf gegen einen Gegner mit einem erschreckenden Ziel.





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