[Rezension] Der schwarze Thron – Die Schwestern

03. Juni 2017 | 23:45 | Gelesen

Titel: Der schwarze Thron – Die Schwestern
Autorin: Kendare Blake
Originaltitel: Three Dark Crowns
Erstveröffentlichung: 2016
Übersetzerin: Charlotte Lungstrass-Kapfer


Wissenswertes

Der schwarze Thron – Die Schwestern ist der neueste Roman der südkoreanischen, aber in den USA aufgewachsenen, Autorin Kendare Blake. Sie schreibt vor allem für Jugendliche bzw. Junge Erwachsene, hat ein Herz für Tiere und interessiert sich für griechische Mythologie.

Der schwarze Thron – Die Schwestern ist zudem der Auftakt zu einer Tetralogie. Der zweite Band, One Dark Throne, erscheint unter dem Titel Der schwarze Thron – Die Königin bereits Ende September dieses Jahres, also nur wenige Tage nach der Originalausgabe, auf Deutsch.

Inhalt

Mirabella, Arsinoe und Katharine sind königliche Schwestern, Drillinge, doch nur eine von ihnen kann eines Tages den Thron der mystischen Insel Fennbirn besteigen. Eine von ihnen muss daher ihre beiden anderen Schwestern töten, wenn die Zeit gekommen ist, so will es die Tradition. Deshalb wachsen sie, ihren verschiedenen Talenten entsprechend, auch nicht zusammen bei ihrer Mutter, sondern bei mächtigen Familien der verschiedenen Clans auf, die sie jeweils auf ihre Art darauf vorbereiten sich dieser schwierigen Aufgabe zu stellen

Während Mirabellas Gabe ausgesprochen stark ausgeprägt ist, haben Katharine und Arsinoe bisher allerdings noch keine Kräfte entwickelt. Wenn ihre Gaben nicht bald erwachen, werden sie also keine Chance gegen ihre mächtige Schwester haben. Es sei denn, sie lassen sich etwas Anderes einfallen um im Kampf gegen sie zu bestehen und das Volk für sich zu gewinnen …

Kritik

Der schwarze Thron – Die Schwestern ist der gelungene Auftakt einer düsteren Geschichte, die weniger mit atemloser Spannung und vielmehr mit einer Vielzahl an mitreißenden Handlungssträngen, hinterlistigen Intrigen und vielschichtigen Figuren zu überzeugen vermag.

Kendare Blake hat eine gleichermaßen interessante wie grausame Welt erschaffen, in der eine Königin in der Regel Drillinge gebärt, die schon als Kinder voneinander getrennt werden und Jahre später gezwungen sind einander bis auf den Tod zu bekämpfen, da nur eine von ihnen letztlich gekrönt werden kann. Von Kindesbeinen an wird ihnen somit unermüdlich eingeschärft, dass entweder sie ihre Schwestern töten müssen oder ansonsten selbst früher oder später von ihnen getötet werden.

Auf eine gewisse Weise muss den Inselbewohnern bewusst sein, dass es falsch ist Schwestern zu so etwas zu zwingen, schließlich würde niemand mit einer Königin tauschen wollen. Trotzdem käme offenbar nie jemand auf die Idee aktiv etwas dagegen zu unternehmen, weil sich traurigerweise schon längst alle damit abgefunden haben. Ebenso traurig und erschreckend ist, dass sich anscheinend niemand vorstellen kann, dass eine Königin ihre Schwestern trotz ihres aufgezwungen Schicksals lieben könnte und einen reinen Akt der Liebe daher partout nicht als solchen erkennen, sondern stets Berechnung oder andere schlimme Beweggründe dahinter vermuten.

Das Leben auf der Insel wirkt eher altertümlich und ursprünglich. Die feinen, gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Fennbirn und der Realität fallen meistens aber erst durch den Vergleich mit dem so genannten Festland auf, beispielsweise wenn der Festland-Junge irgendetwas seltsam findet. Die Menschen vom Festland kommen ohnehin nur selten und ausschließlich aus einem von zwei Gründen auf die Insel: Handel oder Brautwerbung. Sie sind also entweder Händler oder Freier, die um die Gunst der künftigen Königin buhlen, deren Gemahl stets vom Festland stammt.

Der größte Unterschied zwischen Fennbirn und dem Festland ist jedoch die Magie, die in verschiedenen Formen auf der Insel zweifellos existiert. Viele Bewohner haben bestimmte Begabungen und sie alle glauben an eine Göttin, die ihnen diese Gaben verleiht, die Insel am Leben erhält und der jeweiligen Königin zu gegebener Zeit die nächste Generation an Drillingen schenkt. Sie ist es auch, die jede Flucht unmöglich macht und verhindert, dass eine der angehenden Königinnen die Insel vor der Inthronisierung einfach verlässt.

Die meisten Bewohner der Insel gehören entsprechend ihrer Gabe einem von drei großen Clans an: Giftmischer, Elementwandler und Naturbegabte. Die Bezeichnung gibt zugleich Auskunft über ihre Fähigkeiten: Sie sind immun gegen Gifte, können ein oder mehrere Elemente beherrschen oder die Natur beeinflussen, wobei letztere zusätzlich über einen Familiaris verfügen, einen tierischen Gefährten, mit dem sie geistig verbunden sind. Zwischen diesen Clans herrscht eine große Rivalität, denn jeder von ihnen will die eigene Königin auf dem Thron sehen und die Positionen im Schwarzen Rat einnehmen, der herrscht bis die nächsten Königinnen erwachsen sind.

Daneben gibt es noch den Tempel als eine Art religiöse Institution, der auf die Einhaltung aller Regeln und Rituale achtet. Eigentlich sollte er allen drei Königinnen neutral gegenüber stehen, doch stattdessen gibt es inzwischen auch einen Machtkampf zwischen dem Tempel und dem Schwarze Rat, die beide die Kontrolle über das Volk erlangen wollen, weshalb die Hohepriesterin des Tempels zum ersten Mal in der Geschichte klar Stellung bezogen hat und nur eine der Königinnen unterstützt.

Alle drei Königinnen der aktuellen Generation sind sehr unterschiedliche Figuren mit verschiedenen Talenten und Charaktereigenschaften. Nachdem sie voneinander getrennt wurden, ist jede von ihnen bei einem anderen Clan mit abweichenden Gaben und vor allem völlig andersartigen Erziehungsmethoden aufgewachsen. Im Verlauf der Handlung macht jede von ihnen eine große Entwicklung durch.

Katharine ist von den Drillingen am meisten zu bemitleiden. Anfangs ist sie sehr schwach und kränklich, da sie wegen ihrer kaum ausgeprägten Giftmischer-Gabe permanent von ihrem eigenen Clan vergiftet wird, in der Absicht irgendwann vielleicht eine gewisse Immunität zu erwirken, bisher allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Dass Giftmischer aus Prinzip nur vergiftete Nahrung servieren, ist somit alles andere als hilfreich und aufrichtige Zuneigung wurde ihr ebenfalls so gut wie nie entgegen gebracht. Stattdessen wird sie ständig dafür bestraft, dass sie auf Grund der schädlichen Wirkungen der Gifte klein, dürr und blass ist. Weil die letzten drei Königinnen vor ihr Giftmischerinnen waren und von ihr erwartet wird die nächste zu sein, steht sie unter großem Druck. Sie hat aber immerhin ein Händchen für das Mischen von Giften und kann es scheinbar kaum noch erwarten diese Fähigkeit bei ihren Schwestern zur Anwendung zu bringen.

Die Elementwandler-Gabe von Mirabella ist hingegen ausgesprochen stark ausgeprägt, was sie zur mächtigsten der drei Schwestern macht. Ihre Gabe hat sich schon sehr früh gezeigt, weshalb sie seit ihrer Kindheit unter der strengen Aufsicht des Tempels steht, der für sie seine Neutralität aufgegeben hat und andauernd versucht sie im Hinblick auf seine Zwecke zu beeinflussen und zu kontrollieren. Dennoch ist Mirabella die einzige, die sich heftig dagegen wehrt ihre Schwestern ausschließlich als Feinde zu betrachten, was vor allem daran liegt, dass sie als einzige noch Erinnerungen an Arsinoe und Katharine sowie ihre gemeinsame Zeit mit ihnen hat. Während der Tempel darin eine Schwäche sieht und die Priesterinnen alles tun, um die Schwestern gegeneinander aufzuhetzen, will Mirabella einfach niemanden töten. Dieser Wunsch lässt sie mit der Zeit immer aufmüpfiger werden und gegen den Tempel aufbegehren, der ihre Freiheit daraufhin immer stärker einschränkt und sie mehr und mehr unter Druck setzt.

Arsinoe steht im krassen Gegensatz dazu am wenigsten von allen Schwestern unter Druck und genießt sämtliche Freiheiten, denn wegen ihrer scheinbar ebenfalls kaum erwachten Gabe gehen ohnehin fast alle Mitglieder ihres Clans davon aus, dass sie nach dem Beltanefest von einer der anderen Königinnen getötet wird. Das ist mit Sicherheit kein schönes Gefühl, zumal Arsinoe natürlich nicht sterben möchte. Sie ist zwar nicht sonderlich erpicht darauf ihre Schwestern umzubringen, wird sich aber auch nicht kampflos geschlagen geben. Deshalb wendet sie sich schließlich der niederen Magie zu, die jedoch nicht ganz ungefährlich und dazu noch bei den Inselbewohnern verpönt ist, da sie sogar von Menschen ohne Gabe genutzt werden kann.

Die drei Königinnen sind allerdings nicht die einzigen erwähnenswerten Charaktere. An ihrer Seite gibt es zahlreiche interessante Nebenfiguren, wie Arsinoes beste Freundin Jules, deren Familiaris ein Berglöwe ist, was sie womöglich zur stärksten Naturbegabten macht, die die Insel je gesehen hat; Pietyr, der gleich zu Beginn viele Sympathiepunkte sammeln kann, weil er einer der wenigen liebenswerten Giftmischer zu sein scheint; Joseph, den man anfangs sehr mag, der später aber leider sämtliches Wohlwollen ihm gegenüber einbüßt; Natalia Arron, die voller Widersprüche steckt und Katharine trotz ihres meist kühlen Verhaltens zu lieben scheint; Billy, der Festlandjunge, der Arsinoe ein guter Freund wird; die junge Priesterin Elizabeth, die Mirabella eine loyale Freundin ist und eher auf ihrer Seite als auf der des Tempels steht.

Generell lebt die Geschichte vor allem von den verschiedenen Figuren, ihren Beziehungen zueinander und den Entwicklungen, die sie durchleben. Die Handlung beginnt ziemlich ruhig und wird erst im späteren Verlauf wirklich spannend und ereignisreich. Dank der vielen Intrigen und Machtspiele, der düsteren Welt, in der es immer wieder Neues zu entdecken gibt, der unterschiedlichen Perspektiven und der verschiedenen Handlungsstränge, die ebenfalls erst zum Ende hin zeitweilig ineinander übergehen, ist das Buch jedoch trotzdem durchgängig fesselnd.

Die letzten Kapitel sind noch einmal besonders packend, die Lage spitzt sich eindeutig zu und ab einem gewissen Punkt kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen bevor die letzte Zeile gelesen ist. Und die hat es in sich, denn mit einer solch überraschenden Wendung hätte man nie und nimmer mehr gerechnet. Man ist unheimlich gespannt auf die Konsequenzen dieser ungeahnten Enthüllung und kann es daher kaum noch erwarten die Fortsetzung zu lesen. Der zweite Band verspricht nämlich nach den letzten Ereignissen und nun, da man die Figuren und die Welt bereits kennt, noch um einiges spannender zu werden.

Der Schreibstil lässt sich flüssig und angenehm lesen, zwischen dem Leser und den einzelnen Charakteren bleibt allerdings immer eine gewisse Distanz bestehen, die leider verhindert, dass man sich den Figuren wirklich verbunden fühlt. Die düstere, zum Teil fast schon trostlose Atmosphäre, die Kendare Blake erzeugt, passt dafür umso besser zur Handlung. Zwischendurch wird die Stimmung aber ab und an durch eine notwendige Prise Humor aufgelockert.

Fazit

Mit Der schwarze Thron – Die Schwestern hat Kendare Blake einen soliden Auftakt zu einer interessanten, düsteren Serie geliefert, die zwar nicht unbedingt mit nervenaufreibender Spannung, dafür jedoch mit anderen Qualitäten überzeugen kann: Intrigante Figuren, packende Handlungsstränge und ein Ende mit einer absolut unerwarteten Erkenntnis, die einen vollkommen sprachlos zurücklässt.





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