[Rezension] Gone – Hunger

16. Oktober 2010 | 18:04 | Gelesen

Titel: Gone – Hunger
Autor: Michael Grant
Originaltitel: Hunger
Erstveröffentlichung: 2009
Übersetzerin: Jaqueline Csuss


Wissenswertes

Gone – Hunger ist der zweite Band einer neuen Jugendbuch-Serie von Michael Grant.

Er erzählt die spannende Geschichte von Kindern und Jugendlichen, die sich plötzlich in einer Welt ohne Erwachsene, bzw. in einer Welt ohne Menschen über 15 Jahren, wieder finden und von da an auf sich allein gestellt sind.

Nach dem dritten Band Lies, erscheint nächstes Jahr der vierte Teil Plague.

Inhalt

Das Leben in Perdido Beach gerät immer mehr außer Kontrolle und Sam, der von den anderen Kids zum Bürgermeister gewählt worden ist, wächst die Verantwortung für 332 Kinder zunehmend über den Kopf. Neben den wirklich wichtigen Problemen, wie der voranschreitenden Lebensmittelknappheit und der damit verbundenen beginnenden Hungersnot, wird er täglich mit Hunderten von Lappalien belästigt. Jeder kommt mit seinen Problemchen zu ihm und verlangt Hilfe oder eine Entscheidung, so als wäre Sam ihr Vater. Dabei geht es vor allem um so Kleinigkeiten wie ein gestohlenes Bonbon oder wer welches Handtuch benutzt.

Das sind eigentlich alles Dinge, die man unter sich regeln sollte. Allerdings darf man eines nicht vergessen, alle Bewohner der FAYZ, der Fallout Alley Youth Zone, sind Kinder, viele noch nicht einmal zehn Jahre alt. Sie können einfach nicht für sich selbst sorgen und sind sich ihrer wirklich entscheidenden Schwierigkeiten gar nicht bewusst. Sie können den Ernst der Lage nicht begreifen und verbringen ihre Tage damit DVDs zu schauen oder Videospiele zu spielen. Arbeiten will niemand, schon gar nicht in der Hitze auf den Feldern um irgendwelches Essen zu ernten, obwohl sie genau das am aller dringendsten benötigen.
Sie alle haben Sam gewählt und erwarten nun von ihm, dass er sich um alles kümmert. Aber er kann eben nicht alles allein schaffen und braucht Hilfe der anderen Kinder, zumindest von den Älteren. Doch ohne irgendeine Gegenleistung wollen sie sich einfach nicht beteiligen. Selbst zu den Schichten im Kindergarten müssen sie regelrecht gezwungen werden.

Die Hungersnot und der alltägliche Kleinkram sind jedoch nicht Sams einzige Sorgen. Langsam aber sicher bildet sich in der Stadt eine Kluft zwischen denjenigen Kindern, die Kräfte entwickelt haben und denen, die völlig normal geblieben sind. Anfangs äußerte sich dies nur in relativ harmlosen Beschimpfungen wie Freak oder Mutant. Nach und nach entsteht jedoch eine gewisse Gewaltbereitschaft auf Seiten der Normalos, die sich gegen die Freaks richtet. Als Hunter, ein Junge mit noch ungeahnten Kräften, dann aus Versehen einen Jungen tötet, als er sich eigentlich nur verteidigen wollte, droht die Situation zu eskalieren …

Kritik

Was Michael Grant schon mit Gone – Verloren gelungen ist, gelingt ihm auch wieder im zweiten Teil. Von Anfang an verfolgt der Leser gespannt das Geschehen und muss immer wieder schockiert inne halten, weil man gar nicht fassen kann, was in Perdido Beach vor sich geht und wozu ein paar Kinder in einer Notsituation tatsächlich fähig sind.

Eines der Hauptprobleme in Gone – Hunger ist die steigende Lebensmittelknappheit und eine regelrechte Hungersnot. Zu Beginn der FAYZ haben die älteren Kinder nicht schnell genug reagiert und viel zu spät damit begonnen die Nahrung zu rationieren. Sie ließen Obst und Gemüse verderben und aßen stattdessen Chips oder andere Knabbereien, die man auf Grund ihrer langen Haltbarkeit hätte aufbewahren müssen. Nun sind die Lebensmittel so knapp, dass die Tagesration gerade so zum überleben reicht, aber niemanden mehr satt macht. Dabei essen die Kids schon längst nicht mehr nur, was ihnen schmeckt, sondern nehmen nahezu alles, was sie kriegen können. In ihrer Not machen einige von ihnen nicht mal vor ihren eigenen Haustieren halt.
Diese Zustände sind für den Leser schrecklich und kaum zu fassen. Sofern man nicht schon einmal wirklich Hunger litt, kann man sich wohl kaum vorstellen, wie es sich anfühlen muss und wozu man dann tatsächlich bereit wäre.
Andererseits merkt man auch deutlich, dass es sich größtenteils eben nur um verantwortungslose Kinder handelt. Denn obwohl sie Hunger leiden, sind sie nicht bereit ihr Essen auf den Feldern zu ernten, wo es im Moment noch haufenweise vorhanden ist. Doch Früchte müssen nun mal geerntet werden, ansonsten verderben sie.
Hinzu kommt noch, dass einige Felder von gefährlichen, mutierten Würmern befallen sind, die weitaus größer und intelligenter als normale Würmer sind und jeden innerhalb weniger Sekunden durchbohren und fressen, der sich in ihr Revier wagt, sodass sie die Lebensmittel auf diesen Feldern schon nicht mehr ernten können.

Wie schon in seinem Vorgänger, erstreckt sich auch die Zeitspanne in Gone – Hunger nur über wenige Tage, in denen das Geschehen geschildert wird. Es passiert allerdings so viel, teilweise eben auch parallel, dass man ohne den Countdown vermutlich gar nicht bemerken würde, wie wenig Zeit eigentlich vergeht. Im Gegensatz zum ersten Band, weiß man im zweiten Teil aber bis zum Schluss nicht, woraufhin der Countdown dieses Mal zählt. Dies sorgt natürlich zusätzlich für Spannung. Je weniger Zeit bleibt, desto mehr fragt man sich, welches Ereignis einen am Ende des Countdowns erwartet. Michael Grant gelingt es also erneut, den Leser vollkommen zu überraschen und ihn bis zur letzten Minute in der Dunkelheit tappen zu lassen.

Neben den schon bekannten und geliebten Charakteren wie Sam, Astrid, Edilio, Breeze und den anderen Kids mit Kräften und den verhassten, aber schon bekannten Figuren wie Drake oder Caine, werden auch ein paar neue Charaktere eingeführt. Dazu gehören sowohl Normalos als auch die von ihnen so bezeichneten Freaks. Einige davon spielen im Verlauf der Handlung später eine überaus wichtige Rolle, wie z.B. Zil, der zu einer Art Anführer der Normalos wird und andere gegen die Freaks aufhetzt, oder Duck, der eine äußerst wirkungsvolle Kraft entwickelt und damit am Ende vielen Leuten das Leben rettet.

Die entstehende Kluft zwischen den mutierten Kindern und den normal Gebliebenen ist ein weiterer Schwerpunkt des Buches. Aus anfänglichem Argwohn wird schon bald ein Streit, der schließlich bis aufs Äußerste eskaliert. Es ist wirklich unglaublich, wie schnell die Kinder bereit sind auf andere loszugehen, nur weil sie Kräfte entwickelt haben. Dabei schrecken sie nicht einmal vor denjenigen zurück, die ihnen nie etwas getan haben oder mit denen sie früher, vor der FAYZ, sogar mal befreundet waren. Schließlich gehen sie sogar auf Leute ohne Kräfte los, nur weil sie sich nicht gegen die Freaks richten. Dieses Verhalten ist so abscheulich wie erschreckend zugleich. Einige von ihnen entwickeln einen Hass gegenüber denen, die anders sind, und gehen mit Gewalt gegen sie vor, ohne auch nur die geringste Spur von Mitgefühl zu zeigen. Zum Ende hin war man an einigen Stellen regelrecht froh, als die Handlung unterbrochen und die Perspektive gewechselt wurde, weil man diese Szenen keinen Moment länger ertragen konnte. Trotzdem wollte man natürlich wissen, wie es weiter geht.

Im letzten Viertel steigerte sich die Spannung bis ins Unermessliche und man konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen. Durch die verschiedenen Perspektiven kann Michael Grant auf verschiedene Handlungen eingehen, die alle zeitgleich statt fanden und von denen eine spannender und nervenaufreibender war als die andere. Dabei wählt er die Unterbrechungen geschickt aus und sorgt somit nicht nur für konstante Spannung, sondern stellt auch sicher, dass der Leser immer wieder sofort weiß, in welcher Szene er sich gerade befindet.

Genau wie auch schon der erste Teil ist Gone – Hunger in sich relativ abgeschlossen. Einige Fragen werden beantwortet, andere aber auch offen gelassen. Man erfährt mehr über den Grund für die Entstehung der FAYZ und wie es dazu kam, dass Kinder oder Tiere mutierten und Kräfte entwickelten. Auch über die Dunkelheit oder den so genannte Gaiaphage und seine Rolle in der ganzen Geschichte erfährt man etwas mehr. Trotzdem gibt es noch genug Probleme, die Potenzial für den nächsten Band bieten. Immerhin sind die Kinder weiterhin in der FAYZ gefangen. Man weiß nicht, was mit den Erwachsenen geschehen ist und ob die Kids ihre Eltern jemals wieder sehen werden. Auch die Hungersnot kann sich jederzeit wieder zuspitzen.
Doch vor allem die immer noch weiter wachsende Kluft zwischen Freaks und Normalos könnte erneut zum Schwerpunkt des nächsten Bandes werden und für eine weitere, erschreckende Fortsetzung sorgen.

Fazit

Gone – Hunger ist ein genauso fesselndes und erschreckendes Jugendbuch wie sein Vorgänger. Es ist nichts für sanfte Gemüter und sollte auch nicht von Kindern unter 12, besser eigentlich unter 14, gelesen werden. Einige Szenen sind so schrecklich, dass man sie sich kaum vorstellen kann und man leidet mit den Charakteren. Es möchte wohl niemand in Sams Haut stecken und als 15-jähriger die gesamte Verantwortung für 332 weitere Kinder übernehmen.

In Gone – Hunger haben Kinder mit Problemen zu kämpfen, denen sie bei weitem nicht gewachsen sind und die sie trotzdem irgendwie bewältigen müssen. Dabei muss vor allem Sam bald einsehen, dass er eben einfach nicht an alles denken kann, denn auch er ist noch ein Kind, geheimnisvolle Kräfte hin oder her.

Michael Grant ist eine sehr gute und spannende Fortsetzung gelungen, die ihren Vorgänger fast noch übertrifft. Obwohl dieser zweite Teil wieder in sich abgeschlossen ist und die Nerven nicht auf eine Zerreißprobe stellt, wird man auch den dritten Band zur Hand nehmen um zu erfahren, welche neuen, furchtbaren Schwierigkeiten sich der Autor wieder für seine Charaktere ausgedacht hat.





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