Autorin: Morgane Moncomble
Originaltitel: Viens, on s’aime
Erstveröffentlichung: 2017
Übersetzerin: Ulrike Werner-Richter
Wissenswertes
Never Too Close ist zudem der Auftakt zu einer Dilogie. Der zweite und abschließende Band trägt den Titel Never Too Late und ist im März 2020 auf Deutsch erschienen.
Inhalt
Kritik
Violette und Loan sind zwei sehr liebenswerte Protagonisten, mit denen man sich meistens gut identifizieren kann. Sie ist tollpatschig und redet manchmal wie ein Wasserfall, ohne vorher nachzudenken, hat aber auch ein konkretes Ziel vor Augen und arbeitet sehr zielstrebig darauf hin. Er ist überaus charmant, bodenständig und zur Abwechslung kein Bad Boy, sondern ein Good Guy.
Insbesondere über Violette muss man manchmal allerdings ganz schön den Kopf schütteln. Dass ihre Jungfräulichkeit ihr trotz ihres eigentlich noch vergleichsweise jungen Alters von gerade einmal neunzehn Jahren bereits zu schaffen macht und sie diese daher als Last empfindet, kann man noch ganz gut nachvollziehen, auch wenn die ganze Problematik vielleicht besser zum Tragen gekommen wäre, wenn man sie gute zehn Jahre älter gemacht hätte. Dass sie schließlich ihren besten Freund Loan bittet diesbezüglich Abhilfe zu schaffen, kann man ebenfalls verstehen. Dafür, dass sie diese alles andere als gewöhnliche Bitte ständig als kleinen Gefallen abtut und vehement behauptet, dass es keine große Sache sei, hat man dann jedoch keinerlei Verständnis mehr. Zwischen einem simplen freundschaftlichen Gefallen und der eigenen Entjungferung liegen wirklich Welten.
Statt seine erste Antwort zu akzeptieren, setzt sie Loan daraufhin ziemlich unter Druck, noch dazu mit unfairen Mitteln. Hinzu kommt, dass sie währenddessen eigentlich schon mit Clément in einer mehr oder weniger festen Beziehung ist. Wie könnte Sex mit Loan da kein Betrug sein? Es ist immerhin nicht so als würde man mit jemand anderem mal eben üben Walzer zu tanzen, um sich auf einer Hochzeit nicht zu blamieren. Dass sie Clément nicht genug vertraut, um diesen Schritt mit ihm zu wagen, zeigt also nur umso mehr, dass er offensichtlich nicht der Richtige für sie ist. Dem Leser ist er aufgrund diverser sexistischer Äußerungen ohnehin extrem unsympathisch, sodass man sich mehr als einmal fragt, was Violette überhaupt an ihm findet. Darüber hinaus ist Vio in seiner Nähe nie wirklich sie selbst, worauf Loan sie letztlich hinweist, was sie aber natürlich nicht hören will. Sie macht sich selbst etwas vor, braucht jedoch lange, um das einzusehen.
Generell ist die innige Beziehung zwischen Violette und Loan allerdings der größte Pluspunkt des Romans. Die beiden sind unfassbar süß zusammen und können sogar wortlos miteinander kommunizieren. Als Leser weiß man schon lange vor den Hauptfiguren, dass sie füreinander bestimmt sind und sie sich zudem längst wie ein Paar verhalten, nur dass sie anfangs (noch) keinen intimen Körperkontakt haben. Selbst wenn man grundsätzlich nicht zu den Menschen gehört, die meinen, dass Männer und Frauen nicht miteinander befreundet sein können, kann man in diesem speziellen Fall also gut verstehen, dass Loans Ex-Freundin und Violettes Ex-Freund sowie ihr neuer Verehrer Probleme mit dieser „Freundschaft“ haben. Sie sind eindeutig mehr als nur Freunde und das spiegelt sich ebenso in ihrem Umgang miteinander wider: Sie schlafen regelmäßig in einem Bett und kuscheln eng umschlungen auf der Couch. Es dauert relativ lange bis bei ihnen der Groschen fällt und noch länger bis sie einander ihre Gefühle gestehen könne, doch sobald Loan bewusst wird, wie sehr er sich auch körperlich zu Vio hingezogen fühlt, kann er ihr und der spürbaren Anziehung zwischen ihnen kaum noch widerstehen. Als Leser fragt man sich hingegen die ganze Zeit über amüsiert, wie sie nur so blind sein konnten
Erzählt wird die Geschichte, die gelegentlich von Rückblenden unterbrochen wird, dank derer man erfährt, wie Loan und Violette zu Freunden wurden und was sie schon zusammen durchgestanden haben, abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonisten. Dadurch erhält man einen intensiven Einblick in die Gefühlswelt beider Figuren und kann zum Beispiel miterleben, wie sehr Loan nach Vios Bitte mit sich hadert, weil er weiß, dass es im Grunde falsch ist, sich aber gleichzeitig stark zu ihr hingezogen fühlt und es ihm daher sehr schwer fällt ihr diesen Wunsch abzuschlagen. Infolgedessen werden die meisten der ansonsten durchaus ansprechenden, erotischen Szenen, die im Verlauf des Buches zum Glück nicht überhand nehmen, von einem schlechten Gewissen begleitet.
Zu Beginn verläuft die Handlung noch etwas schleppend, die vielen Missverständnisse und ein dramatisches Ereignis machen das Buch jedoch spätestens ab dem Moment, in dem Vio Loan ihr unmoralisches Angebot unterbreitet, durchgängig fesselnd. Die Geschichte um Loan und Violette ist in sich abgeschlossen, endet zur Überraschung des Lesers allerdings nicht mit dem typischen Happy End wie aus dem Bilderbuch, sondern ist mit einer Portion Wehmut verbunden. Der abschließende Epilog, der ein paar Jahre in der Zukunft spielt, zaubert einem aber sofort wieder ein Lächeln aufs Gesicht.
Durch Loans traumatische Kindheit sowie ein einschneidendes Ereignis in Violettes Jugend, was beide nachhaltig geprägt hat und in der Gegenwart noch immer belastet, versucht Morgane Moncomble außerdem ihrem Roman noch etwas mehr Tiefgang zu verleihen. Insgesamt schenkt sie diesen Aspekten jedoch zu wenig Aufmerksamkeit und handelt die damit verbundenen Probleme am Ende zu oberflächlich ab. Von dem eigentlich idealen Setting – Paris gilt immerhin als die Stadt der Liebe – bekommt man leider ebenfalls kaum etwas mit. Dafür heben sich die Charaktere durch ihre beruflichen Tätigkeiten bzw. Ziele zumindest ein wenig von der Masse ab: Violette und ihre Freundin Zoe studieren Mode, wohingegen Loan überhaupt nicht studiert, sondern Feuerwehrmann ist. Auch der Zusammenhalt im gesamten Freundeskreis ist, trotz diverser Eigenarten mancher Charaktere, die nicht zu ihren besten Eigenschaften gehören, schön zu beobachten. Zoe und Jason sind zudem zwei interessante Nebenfiguren, die dann im nächsten Band in den Mittelpunkt rücken werden.
Der Schreibstil der Autorin bleibt nicht nachhaltig in Erinnerung, lässt sich aber angenehm und flüssig lesen. Ihr Humor ist stellenweise allerdings fragwürdig, sodass man eine Szene weniger als witzig und vielmehr als anstößig empfindet. Für einen solchen „Witz“ fehlt einem absolut jedes Verständnis, sodass das Lektorat diese ohnehin völlig überflüssige Passage besser hätte streichen sollen, denn mit schwarzem Humor hat das nichts mehr zu tun.
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