[Rezension] Drachenläufer

27. Juni 2019 | 23:50 | Gelesen

Titel: Drachenläufer
Autor: Khaled Hosseini
Originaltitel: Kite Runner
Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzer: Pieke Biermann


Wissenswertes

Drachenläufer ist der Graphic Novel zum gleichnamigen Debut des afghanischen Schriftstellers Khaled Hosseini, der seit seiner Jugend in den USA lebt. Er hat Medizin studiert und als Internist gearbeitet, sich jedoch schon als Kind für Literatur interessiert und selbst geschrieben. Mittlerweile wurde der Roman in über 34 Ländern über acht Millionen Mal verkauft und vier Jahre nach seinem Erscheinen schließlich auch verfilmt.

Der Graphic Novel erschien im September 2011 und wurde von Fabio Celoni und Mirka Andolfo illustriert.

Inhalt

Die beiden Jungen Amir und Hassan wachsen in den 1970er Jahren in Kabul auf, stammen aber aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Hassan gehört einer diskriminierten Ethnie an und kann im Gegensatz zu Amir weder lesen noch schreiben. Er liebt es jedoch sich von ihm Geschichten vorlesen zu lassen und ist ihm ein überaus ergebener Freund. Das hindert Amir allerdings nicht daran Hassan nach einem schrecklichen Ereignis zu verraten und ihn wissentlich eines Diebstahls zu beschuldigen, den er nicht begangen hat. Er und sein Vater, der Amirs Familie bis dahin gedient hatte, verlassen das Haus daraufhin für immer. Erst viele Jahre später, als Amir schon lange in den USA lebt und verheiratet ist, erfährt er, dass Hassan eigentlich sogar mehr als nur ein guter Freund war …

Kritik

Drachenläufer ist ein Graphic Novel, der auf dem gleichnamigen Roman von Khaled Hosseini basiert und sich vermutlich besser für jene Leser eignet, die die Vorlage bereits kennen. Ohne diese gelesen zu haben und ohne hinreichende Kenntnisse über gewisse Aspekte der afghanischen Kultur und Geschichte kann man der Handlung hingegen teilweise nur schwer folgen, da man bestimmte Zusammenhänge nicht versteht, die für die Geschichte von Bedeutung sind. Insofern wäre ein Vorwort oder Ähnliches mit notwendigen Erläuterungen oder einem kurzen geschichtlichen Überblick angebracht gewesen. Im Unterschied zu einem Roman bietet dieses Medium ansonsten nämlich nicht genügend Raum für lange Erklärungen. So bleiben leider zu viele Fragen offen, unter anderem hinsichtlich der Motive einiger Charaktere.

Der Protagonist Amir, aus dessen Blickwinkel die Geschichte erzählt wird, ist alles andere als ein Sympathieträger. Als Leser wird man bis zum Schluss nie so richtig warm mit ihm, was insbesondere darin liegt, dass man sein Verhalten oftmals nicht nachvollziehen kann, gerade zu Beginn als er noch ein Teenager ist. Darüber hinaus hat sein schreckliches Verhalten, vor allem seinem loyalen Freund Hassan gegenüber, keine Konsequenzen, zumindest nicht für ihn, und die Folgen seines Handelns sind auch durch das Ende nicht so leicht wieder gut zu machen, obschon der Autor das scheinbar suggerieren will. Die Schuld, die Amir auf sich geladen hat, lässt sich nicht einfach durch eine einzige gute Tat begleichen. Am Ende scheint er zwar ein besserer Mensch zu sein, doch aus Sicht des Lesers kommt diese Entwicklung zu spät, da zu viele Menschen ihr Leben für diese Veränderung lassen mussten.

Einige Charaktere müssen im Verlauf der Handlung ein grausames Schicksal erleiden, das einem sehr nahe geht und man nur schwer ertragen kann, darunter Missbrauch und Gewalt. Die Zustände in Afghanistan, dem Geburtsland des Protagonisten, werden immer schlimmer, sodass sich mehr und mehr Leute dazu entschließen auszuwandern bzw. zu flüchten. Diesbezüglich wird allerdings lediglich an der Oberfläche gekratzt, sodass man leider nicht in der erforderlichen Tiefe erfährt, was genau zu der Zeit in dem Land eigentlich vor sich geht. Es scheint auf jeden Fall gravierende, gesellschaftliche Veränderungen zu geben, offenkundig nicht zum Besseren; worin diese bestehen, kann man indes allenfalls vage erahnen. Obwohl man sich durchaus für die Entwicklungen in Afghanistan interessiert, wird dieses Potenzial somit zum Großteil verschenkt. Hinterher ist man also nur unwesentlich schlauer als zuvor.

Die Illustrationen von Fabio Celoni und Mirka Andolfo sind insgesamt recht gut gelungen, bisweilen jedoch ziemlich unterschiedlich, zum Beispiel was die Detailgenauigkeit anbelangt. In der Regel sind die Zeichnungen sehr düster gehalten, was angesichts der eher bedrückenden Handlung durchaus angebracht ist, und nur in seltenen Momenten etwas farbenfroher.

Fazit

Der Graphic Novel Drachenläufer erzählt zwar eine fesselnde, wenngleich schwermütige Geschichte, die sich in einem Rutsch lesen lässt, ist aber vermutlich eher jenen zu empfehlen, die das Buch bereits kennen (und mochten). Alle anderen werden der Handlung nämlich leider nur schwer folgen können.





Kommentare

  1. Hmm, schade, dass dein Fazit eher durchwachsen ausfällt. Ansonsten sieht das Buch wirklich ansprechend aus.

    • Es ist sicher auch kein schlechtes Buch, aber in diesem Fall ist es, denke ich, wirklich erforderlich entweder den Roman bereits gelesen zu haben oder sich zumindest gut mit afghanischer Kultur und Geschichte auszukennen. Da bei mir keines von beidem gegeben ist, konnte ich der Handlung manchmal nur schwer folgen. Und mit dem Protagonisten bin ich leider auch nie wirklich warm geworden.

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