Falls jemand den Artikel nicht so weit lesen will:
Da Funke so sehr aufs Filmische setzt, verwundert es, dass sie sich mit ihren eigenen Illustrationen zufrieden gibt. Mit weichem Bleistift auf dickem Papier ausgeführt, lassen sie durchaus zeichnerisches Talent erkennen, halten aber in ihrem dunkel verwischten Monochrom der krachbunten Bildlichkeit des Buchs nicht stand. Die Autorin muss es doch gemerkt haben, denn nach einigen Kapiteln hören die Zeichnungen auf.
Inhaltlich können sie das Buch von mir aus so viel kritisieren, wie sie wollen, ist eben Geschmackssache und dazu kann ich sowieso noch nichts sagen, weil ich es bisher nicht gelesen habe. Aber dass die Journalisten der Süddeutschen offensichtlich nicht einmal wissen, was ein Lese-Exemplar ist, hat mich so schockiert, dass dieser Artikel mich dazu veranlasst hat der Süddeutschen eine Mail zu schicken. (Einen Kommentar unter dem Artikel zu hinterlassen war ohne Anmeldung nicht möglich.)
So lautete meine Mail:
Sehr geehrte Damen und Herren,
gestern habe ich im Internet ihren Artikel über „Reckless“, das neue Buch von Cornelia Funke, gelesen und bin, ehrlich gesagt, etwas schockiert über die offensichtliche Inkompetenz des Autors. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass eine so große und etablierte Zeitung wie die Süddeutsche nur fähige Journalisten, egal ob nun fest angestellt oder freiberuflich, beschäftigt, die zumindest wissen, was ein Lese-Exemplar ist.
Lese-Exemplare sind Vorab-Exemplare bestimmter Bücher, vor allem für Presseleute und Buchhändler. Diese sind fast immer noch unvollständig oder unkorrigiert, weil sie wesentlich früher gedruckt werden, damit die Presse schon vor oder mit dem Erscheinen darüber berichten und Buchhändler das Buch empfehlen können. So verhält es sich auch mit dem Lese-Exemplar von „Reckless“, das es schon seit Mai gibt, obwohl das Buch offiziell erst am 14.09.2010 erschienen ist. Dementsprechend gleicht das Lese-Exemplar meistens noch nicht der endgültigen Verkaufsversion.
Man sollte meinen, dass ein Journalist, der über ein Buch berichtet, so etwas weiß. (Zumal auf den Lese-Exemplaren sogar ein Aufkleber mit einem entsprechenden Hinweis „Lese-Exemplar“ angebracht war.) Der folgende Abschnitt lässt jedoch nicht darauf schließen:
„Da Funke so sehr aufs Filmische setzt, verwundert es, dass sie sich mit ihren eigenen Illustrationen zufrieden gibt. Mit weichem Bleistift auf dickem Papier ausgeführt, lassen sie durchaus zeichnerisches Talent erkennen, halten aber in ihrem dunkel verwischten Monochrom der krachbunten Bildlichkeit des Buchs nicht stand. Die Autorin muss es doch gemerkt haben, denn nach einigen Kapiteln hören die Zeichnungen auf.“
Bei dem Exemplar des Autors handelt es sich ganz offensichtlich nur um eben dieses Lese-Exemplar (Taschenbuch). Das fertige Buch (Hardcover) enthält selbstverständlich alle Illustrationen – bis zum letzten Kapitel. Logischweise hören die Zeichnungen also nicht nach einigen Kapiteln auf.
Ich finde es wirklich traurig, dass ihre Journalisten diesen Unterschied offenbar nicht kennen und ihre Redaktion einen so gravierenden Fehler nicht bemerkt hat. Vielleicht sollten sie ihren Autoren vor zukünftigen Buchbesprechungen erklären, was Lese-Exemplare sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ich bin gespannt, ob ich darauf eine Antwort erhalte.
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