Autor: Christoph Marzi
Originaltitel: Grimm
Erstveröffentlichung: 2010
Übersetzer: Originalsprache
Wissenswertes
Er begann bereits im Alter von 15 Jahren mit dem Schreiben. Sein Debutroman Lycidas, der erste Teil der sehr erfolgreichen Uralte Metropole-Reihe, erschien 2004, viele weitere Werke folgten. Einige seiner Bücher wurden auch in diverse andere Sprachen übersetzt.
Im Moment hat Christoph Marzi gerade die Arbeit an einem neuen Roman abgeschlossen, der schon im Herbst 2011 bei Arena erscheinen soll.
Inhalt
Erst als ihr Vater unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt, ahnt Vesper, dass an all den Märchen von damals doch etwas Wahres dran ist und die Warnung ihres Vaters „Hüte dich vor den Wölfen“, die er ihr schon als Kind eingeschärft hat, wörtlich gemeint war. Denn plötzlich tauchen lauter Meldungen von Wölfen in Großstädten auf und alle Kinder fallen in einen mysteriösen Schlaf.
Ohne zu wissen, was das alles zu bedeuten hat, befindet sich Vesper schon bald auf der Flucht vor eben jenen Wölfen, vor denen ihr Vater sie so eindringlich gewarnt hat Doch sie ist nicht die einzige, die von diesen Wesen gejagt wird und zusammen mit ihren Begleitern versucht sie nun herauszufinden, wer diese Wesen sind und vor allem, was sie wollen. Dabei stößt sie nur langsam auf die Hinweise, die sie schließlich zu einer geheimen Gesellschaft führen, und dem Wissen, dass wirklich alles wahr ist …
Kritik
Dabei ist die Atmosphäre, die er kreiert, nicht unbedingt märchenhaft. Sie ist düster, bitter, teilweise geradezu hasserfüllt, und sehr unheimlich. Die Vorstellung, dass alle Kinder plötzlich einfach einschlafen, ist wirklich sehr Angst einflößend, genau wie auch die meisten seiner (Märchen)Wesen, genannt Mythen, wobei ihr Hass auf die Menschen später sehr gut nachvollziehbar wird.
Die Umsetzung dieser wirklich außergewöhnlichen Idee ist aber leider nicht gänzlich gelungen, denn neben den vielen positiven Aspekten, gibt es auch einige negative.
Die Handlung, die auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt ist, beginnt zunächst langsam und rätselhaft, nimmt aber schließlich an Fahrt auf und wird zum Ende hin immer fesselnder. Sowohl die verschiedenen Verfolgungsjagden bzw. Fluchten als auch die nur langsam vorangehende Auflösung der ganzen Mysterien sorgen für einige spannende Momente und lassen den Leser richtig mitfiebern. Immer wieder tauchen neue Fragen auf, die erst zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. So fügen sich erst nach und nach die verschiedenen Puzzleteile, die man im Verlauf des Buches gesammelt hat, zu einem Gesamtbild zusammen. Schließlich werden einem alle Zusammenhänge klar und man erkennt, wie eines zwangsläufig zum anderen führte. Dieser Aspekt des Buches ist noch ziemlich gut gelungen, das Ende an sich allerdings weniger.
Es ist so grausam und irgendwie auch unlogisch, dass es einem sämtliche Freude am Buch nimmt und den Leser mehr als enttäuscht zurück lässt. Der erforderliche Beweis der wahren Liebe, kommt überhaupt nicht zur Geltung bzw. ist eigentlich nicht einmal wirklich vorhanden und der Tod einer bestimmten Figur ist einfach nur unnötig. Es muss natürlich nicht jedes Buch ein Happy End haben und nicht jeder Charakter kann immer überleben, aber deswegen muss man den Tod eines wichtigen Charakters doch nicht so sinnlos und überflüssig werden lassen. Das ruiniert die ganze Geschichte und zerstört alle Hoffnungen. Eine wirkliche Wendung bringt er nämlich auch nicht und das Ende bleibt danach sogar recht offen. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, aber ohne dieses Ende wäre die Bewertung mindestens einen Stern besser ausgefallen.
Ebenfalls missglückt ist an einigen Stellen der Schreibstil von Christoph Marzi. Während man sich anfangs noch an den prinzipiell schönen, malerischen und bildlichen, schon beinahe poetischen, Beschreibungen des Autors erfreuen kann, werden sie nach einer Weile zu viel. An manchen Stellen sind diese langen, pathetischen Umschreibungen einfach überflüssig und ziehen die Handlung unnötig in die Länge oder lassen sie zu langatmig werden.
Auch gewisse Wendungen kommen zu häufig vor. Während man einige Wiederholungen, wie z.B. die Warnungen Vespers Vaters, als Stilmittel deuten kann und diese auch nicht unpassend wirken, erwecken andere den Anschein von simplen, unbewussten bzw. unbeabsichtigten Wortwiederholungen, die man lieber hätte vermeiden sollen. So „sieht“ oder „bemerkt“ Vesper Dinge nicht, sondern wird sich ihnen ausschließlich „gewahr“. Gerade weil dies kein allzu geläufiger Ausdruck ist, fällt er einem immer wieder unschön auf.
Ziemlich unpassend ist auch eine Formulierung am Ende. Dort sagt eines der Wesen, sie alle hätten etwas getan, für das sie sich schämen müssten, wozu auch der Mord an Vespers Vater gehört. Schämen sollte man sich, wenn man einen Schokoriegel gestohlen hat, etwas Gemeines über jemanden gesagt hat oder ähnliches. Mord oder das, was sie den Kindern angetan haben, gehört definitiv nicht dazu. Dafür kann man sich nicht einfach nur schämen, das ist überhaupt nicht miteinander vergleichbar.
Positiv zu erwähnen sind dagegen die verschiedenen Charaktere, allen voran die Protagonistin Vesper Gold. Im Gegensatz zu vielen anderen weiblichen Hauptfiguren ist sie nicht schüchtern und hilfsbedürftig, sondern sehr tough und ziemlich cool. Sie ist recht aufsässig und stur, lässt sich nur von wenigen Menschen etwas sagen. Sie ist aber auch stark und mutig. Wegen ihrer eher schlimmen Kindheit, sind viele ihrer Reaktionen und Handlungen sehr verständlich und schon nach kurzer Zeit wirkt Vesper richtig sympathisch.
Auch für Leander, Vespers Mitstreiter, entwickelt man sofort Sympathie. Er ist zwar etwas ungewöhnlich, vor allem was seinen Kleidungsstil betrifft, aber auch sehr charmant. Er bringt sowohl etwas Witz, als auch mehr Gefühl in die Geschichte, denn zwischen ihm und Vesper entsteht schon sehr schnell mehr als nur Freundschaft.
Die Nebencharaktere, darunter Vespers Freundin und Kollegin Ida, deren süße Tochter Greta sowie der mysteriöse Andersen und sein Äffchen bleiben ebenfalls positiv im Gedächtnis.
Dafür erfährt man aber, mit einer Ausnahme, nur sehr wenig über die verschiedenen Mythen, sodass diese sehr blass bleiben. An Stelle einiger Umschreibungen hätte man lieber etwas mehr auf eben jene eingehen sollen.
Fazit
Wer etwas mit einem erfreulicheren Ende von Christoph Marzi lesen möchte und auf die Märchenelemente verzichten kann, sollte dann doch lieber auf Heaven zurückgreifen. In dem Buch beweist er nämlich, dass er es viel besser kann!
Neueste Kommentare