[Rezension] Die Scanner

22. April 2013 | 23:09 | Gelesen

Titel: Die Scanner
Autor: Robert M. Sonntag
Originaltitel: Die Scanner
Erstveröffentlichung: 2013
Übersetzer: Originalsprache


Wissenswertes

Die Scanner ist das erste Werk von Robert M. Sonntag, wobei es sich jedoch nur um ein Pseudonym handelt, sodass es sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es sich hierbei tatsächlich um einen Debutroman handelt.

Inhalt

2035: Der fünfundzwanzigjährige Rob arbeitet zusammen mit seinem besten Freund Jojo bei der Scan AG als Buchagent. Ihr Job besteht darin die noch verbliebenen gedruckten Bücher ausfindig zu machen und zu digitalisieren um sie für jeden jederzeit kostenlos zugänglich zu machen. Rob sieht darin kein Problem, denn davon profitiert jeder, oder etwa nicht?

Doch dann lernt Rob Arne Bergmann und durch ihn die Büchergilde kennen, deren Mitglieder – ehemalige Buchhändler, Übersetzer, Verlagsmitarbeiter, usw. – ihm etwas ganz anderes weismachen wollen. Zunächst will Rob ihnen kein Wort glauben und hat gewiss nicht vor ihrer geheimen und verbotenen Organisation beizutreten, aber schließlich beginnt auch er an Ultranetz und ihren angeblich so ehrenwerten und uneigennützigen Zielen zu zweifeln …

Kritik

Die Scanner von Robert M. Sonntag ist ein durchaus interessantes Kinder- bzw. Jugendbuch mit ebenso interessanten Ansätzen und Ideen, das in der Umsetzung aber leider ein paar Schwächen aufweist.

So ist die Hauptfigur Rob zwar nicht unsympathisch und sein Schicksal ist einem nicht egal, doch es gelingt dem Autor nicht eine emotionale Bindung zwischen ihm und dem Leser herzustellen, sodass es einem nicht richtig nahe geht, was ihm passiert. Oftmals kann man auch sein teilweise widersprüchliches Verhalten nicht gut nachvollziehen. Einerseits scheint er, zumindest anfangs, völlig hinter dem Konzern Ultranetz zu stehen, andererseits trifft er sich allerdings ohne zu zögern mit Menschen, die er sogar für Terroristen hält. Selbst in Anbetracht der Erziehung, die er in dieser Welt genossen hat, wirkt er für sein Alter von immerhin fünfundzwanzig Jahren viel zu naiv und kritisches Hinterfragen ist ihm vollkommen fremd. Man hätte ihn daher lieber zehn Jahre jünger machen sollen.
Dafür ist Rob kein schlechter Erzähler und schafft es immer wieder den Leser durch Andeutungen auf den späteren Verlauf der Handlung neugierig zu machen, sodass man weiterlesen will um zu erfahren, was es mit diesem oder jenem Hinweis auf sich hat.

Die Zukunft, die Robert M. Sonntag geschaffen hat, ist eigentlich ebenfalls ziemlich interessant, zum Leidwesen des Lesers gibt es jedoch kaum bis gar keine Erläuterungen zu den verschiedenen (technischen) Entwicklungen. Ab und an wären wenigstens kurze Erklärungen oder Beschreibungen hilfreich gewesen, denn was man sich nicht selbst zusammen reimen kann, bleibt einem bis zum Schluss ein Rätsel.

Die Vorstellung von einer Welt ohne richtige Bücher ist für die meisten Bücherwürmer mit Sicherheit ein Graus und alles andere als wünschenswert. Die Idee, jedem Menschen alle Bücher sowie alles sonstiges Wissen jederzeit kostenlos verfügbar zu machen, ist an sich nicht schlecht, doch die Umsetzung ist, wie das Buch letztlich zeigt, mit wesentlich mehr Nachteilen als Vorzügen verbunden. Natürlich wäre es schön, wenn auch die Personen, die es sich nicht leisten können ein Buch zu kaufen, in den Genuss des Werkes kommen könnten, aber wovon sollen die Autoren leben, wenn ihre Arbeit jedem kostenlos zur Verfügung gestellt wird? Wovon soll man die Lektoren, Übersetzer, etc. bezahlen, wenn nicht von den Einnahmen?

Positiv hervorzuheben ist also, dass das Buch Die Scanner zum Nachdenken anregt und aufzeigt, dass manche Ideen, so gut sie gemeint sein mögen, sich praktisch nicht umsetzen lassen ohne großen Schaden anzurichten. Ferner macht das Buch deutlich, dass man niemals zu viel Macht in die Hände einer Person bzw. eines Konzerns legen sollte, denn das führt beinahe unweigerlich zum Missbrauch dieser Stärke, hier in Form von Zensur und absoluter Kontrolle aller Informationen, denn andere unabhängige Medien gibt es ebenfalls nicht mehr. Da die Scan AG als einzige Bücher scannt und speichert und daraufhin die gedruckten Exemplare vernichtet, kann sie die Daten beliebig bearbeiten – also auch zensieren – oder sogar löschen und irgendwann ist niemand mehr da, der sich noch an die Originale erinnern und diese weitergeben kann. Außerdem läuft man natürlich Gefahr diese Daten für immer zu verlieren, wenn sie nur an einem einzigen Ort aufbewahrt werden und dieser dann zerstört wird.

Daneben beschäftigt sich der Autor zudem noch mit anderen gegenwärtigen gesellschaftskritischen Themen wie zum Beispiel Altersarmut, das Schwinden realer sozialer Kontakte zu Gunsten von unzähligen digitalen Bekanntschaften und wie gefährlich die unkontrollierte Weitergabe persönlicher Daten werden kann.

Während das eigentliche Ende und die Idee dahinter dem Autor sehr gut gelungen sind, ist der Weg dorthin weniger geglückt. Nach einem eher langsamen Einstieg überschlagen sich im letzten Teil des Buches die Ereignisse und manches geht viel zu schnell. Auch hier wären ein paar mehr Erklärungen an einigen Stellen wünschenswert gewesen.

Kritikwürdig ist ferner noch die in Ansätzen vorhandene und sehr unglaubwürdige Liebesgeschichte zwischen Rob und Fanni. Obwohl er nach dem Kennenlernen erfährt, dass Fanni von der Büchergilde auf ihn angesetzt wurde und ihr zweites Treffen alles andere als positiv verläuft, will er Fanni nicht nur wiedersehen, sondern glaubt tatsächlich schon in sie verliebt zu sein. Auch das entspricht überhaupt nicht seinem angeblichen Alter und passt eher zu einem pubertierenden Teenager als zu einem Mann Mitte Zwanzig.

Fazit

Die Scanner ist ein interessantes Kinder- bzw. Jugendbuch, das zwar einige Schwächen aufweist, aber durchaus seine Stärken hat. Es regt den Leser zum Nachdenken an und zeigt auf, dass die zunehmende Digitalisierung von Büchern und anderen Daten nicht nur Vorzüge hat, sondern auch Nachteile mit sich bringt und macht deutlich, welche Risiken die unkontrollierte Weitergabe von persönlichen Daten bürgen kann.

Auf die unglaubwürdige Liebesgeschichte hätte man aber besser verzichten und den Protagonisten zehn Jahre jünger machen sollen.





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