[Rezension] Der Feuerstein

11. Oktober 2012 | 10:10 | Gelesen

Titel: Der Feuerstein
Autorin: Rae Carson
Originaltitel: The Girl of Fire and Thorns
Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzerin: Kirsten Borchardt


Wissenswertes

Der Feuerstein ist der Debutroman der us-amerikanischen Autorin Rae Carson, die Sozialwissenschaften studierte und nach ihrem Abschluss zunächst in verschiedenen Branchen tätig war, ehe sie Schriftstellerin wurde.

Der Feuerstein ist zudem der Auftakt zu einer Trilogie. Der zweite Teil ist unter dem Titel The Crown of Embers bereits im letzten Monat auf Englisch erschienen. Der dritte und damit letzte Band wird den Titel The Bitter Kingdom tragen und soll im Herbst 2013 erscheinen.

Außerdem gibt es noch eine nur als eBook erhältliche Kurzgeschichte zur Serie, die den Titel The Shadow Cats trägt, von Elisas älter Schwester Alodia handelt und noch vor dem ersten Teil spielt.

Inhalt

Einmal in vier Generationen, also etwa alle einhundert Jahre, wird ein Mensch von Gott für die Erfüllung einer besonderen Aufgabe auserwählt und trägt als Zeichen dafür den Feuerstein. Elisa, Prinzessin, aber als jüngste von zwei Schwestern nicht Thronfolgerin, von Orovalle, ist eine solche Trägerin. Sie ist zwar sehr liebenswert und klug, allerdings nicht unbedingt schlank, eher im Gegenteil, und hat daher nicht viel Selbstvertrauen. Während alle Menschen, die von ihrem Feuerstein wissen, Großes von ihr erwarten, zweifelt sie an sich selbst und weiß nicht, warum ausgerechnet sie von Gott erwählt wurde.

Erst als sie an ihrem sechzehnten Geburtstag plötzlich ohne Begründung mit dem gut aussehenden Alejandro, König von Joya d’Arena, verheiratet wird und ihr zu Hause verlassen muss, erkennt sie langsam, dass alle um sie herum etwas vor ihr verbergen. Etwas, das mit dem Feuerstein zu tun hat und der Tatsache, dass niemand außer ihren engsten Vertrauten in ihrer neuen Heimat wissen soll, dass sie eine Trägerin ist …

Kritik

In Der Feuerstein erzählt Rae Carson eine fesselnde und faszinierende Geschichte mit einer untypischen, aber dafür sehr sympathischen Heldin, die für ein Debut sogar erstaunlich gut geschrieben ist. Das einzige, was man am Schreibstil zu bemängeln hat, sind die vielen Fremdwörter bzw. Begriffe aus anderen Sprachen, abgesehen von Namen natürlich, die nicht erläutert werden, aber auch nicht selbsterklärend sind oder sich ohne weiteres aus dem Kontext ergeben. Man gewöhnt sich zwar mit der Zeit daran, es ist aber trotzdem schade, wenn man nicht alles hundertprozentig verstehen kann, weil einem vielleicht die nötigen Fremdsprachenkenntnisse fehlen.

Mit der spannenden Handlung macht die Autorin das jedoch mehr als wieder gut und es gelingt ihr den Leser immer mehr in ihren Bann zu ziehen. Genau wie die Heldin Elisa tappt man anfangs total im Dunkeln und hat keine Ahnung, was genau es mit dem Feuerstein auf sich hat, welche Aufgabe die Prinzessin erfüllen soll, was noch alles geschehen wird und in welche Richtung das Buch überhaupt geht. Da die meisten Spekulationen sich früher oder später als unzutreffend erweisen, erschließt es sich erst nach und nach, worum es eigentlich wirklich geht, wodurch die Neugier stets aufrechterhalten wird.

Religion bzw. der Glaube an Gott spielt in gewisser Weise eine zentrale sowie bedeutende Rolle in diesem Roman, obgleich kein direkter Bezug zu einer realen Religion hergestellt wird, und wer sich daran stört, wird das Buch wahrscheinlich nicht mögen. Das alles muss man aber vor dem Hintergrund sehen, dass Der Feuerstein in einer fiktiven und eher mittelalterlichen Fantasiewelt spielt, in der der Feuerstein eine Art magischen Beweis für die Existenz eines Gottes darstellt.
Außerdem wird der Glaube an Gott nicht ausschließlich positiv dargestellt, sondern es wird auch viel Kritik daran geübt und mögliche negative Konsequenzen werden aufzeigt. Obwohl Elisa trotz gelegentlicher Zweifel nie den Glauben verliert, muss sie im Verlauf der Handlung feststellen, dass viele Menschen Gott und seinen angeblichen Willen als Begründung für ihre schrecklichen Taten missbrauchen, sich anmaßen Gottes Willen zu erkennen und einige nur ihre Interpretation eines bestimmten Textes für die richtige halten.

Trotz allem geht es in diesem Jugendbuch allerdings nicht nur um Gott, sondern auch um andere, unvergängliche Themen und Probleme, die im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder aufgetaucht sind. Es geht um Intrigen, Verrat, sogar Krieg, aber auch um Liebe, Freundschaft, Selbstvertrauen und die Bereitschaft für andere einzustehen.

Erzählt wird das gesamte Geschehen aus der Sicht von Elisa, die eine besonders sympathische Erzählerin sowie Protagonistin ist und deren Gedanken und Gefühle man durch die Ich-Perspektive die ganze Zeit sehr gut nachvollziehen kann. Sie ist eine tolle und vor allem außergewöhnliche Heldin. Zum einen, weil sie im Gegensatz zu vielen anderen Protagonisten, nicht schlank und wunderschön, sondern ziemlich dick ist und von vielen daher nicht besonders geschätzt oder gar bewundert wird. Zum anderen ist sie aber auch eine besonders starke, junge Frau, die sehr viel Mut beweist und sich für andere einsetzt. Sie macht eine große Entwicklung durch, gewinnt an Selbstbewusstsein sowie Stärke und findet durch das, was sie alles durchmachen muss, schließlich zu sich selbst. Sie erkämpft sich den Respekt derjenigen, die sie zunächst unterschätz haben, und zeigt, was wirklich in ihr steckt, was sie zu einem tollen Vorbild macht.

Während Elisa durch ihre Verwandlung immer mehr an Sympathie gewinnt, nimmt die ihres Ehemannes Alejandro leider im Verlauf der Handlung ab. Anfangs mochte man ihn, weil er Elisa zu nichts gedrängt hat und sehr liebevoll zu sein schien. Später erkennt man jedoch, dass er im Gegensatz zu seiner Ehefrau einen ziemlich schwachen Charakter hat, sich scheut Entscheidungen zu treffen und zu viel mit sich selbst beschäftigt ist.

Sein wundervoller Sohn Rosario, der die Herzen der Leser im Sturm erobert, scheint dagegen aus ganz anderem, besseren Holz geschnitzt zu sein. Es ist wirklich schade, dass er in diesem ersten Teil nur wenige Auftritte hat, was sich in der Fortsetzung hoffentlich ändert.
Lord Hector ist, sobald man ihn etwas besser kennt, ebenfalls eine Figur, die man schon bald sehr gern hat. Das gleiche gilt für einige Menschen aus dem Wüstenvolk, allen voran natürlich Humberto und schließlich sogar Cosmé.

Das Ende des Buches ist völlig in sich abgeschlossen und verlangt nicht zwingend nach einer Fortsetzung, sodass man keine Idee hat, worum es in der Fortsetzung gehen könnte und es auch gut als Einzelroman lesen kann. Wer den Roman mochte, wird natürlich trotzdem zum zweiten Teil greifen, aber ohne die quälende Warterei.
Offen bleibt lediglich die Frage, warum Rae Carson eine besonders lieb gewonnene Figur ohne erkennbaren Sinn unbedingt sterben lassen musste. Es erschüttert einen zutiefst, auch ein paar Tränen kann man nicht zurück halten, zumal es in der Situation genauso gut einen anderen, weitaus weniger schmerzlich vermissten Charakter hätte treffen können, und man nimmt es der Autorin wirklich ein bisschen übel.

Fazit

Der Feuerstein ist ein packendes Jugendbuchdebut, das mit einer spannenden Handlung und einer sympathischen Heldin punkten kann. Rae Carson gelingt es stets den Leser zu fesseln und immer wieder mit neuen Wendungen zu überraschen.

Obwohl dieser Trilogieauftakt vollkommen in sich abgeschlossen ist und man ihn daher gut als Einzelroman lesen könnte, wird man den zweiten Teil nach dem Erscheinen sicher nicht allzu lange ignorieren um Elisa auch bei ihrem nächsten Abenteuer zu begleiten.





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