[Kolumne] Ist das Warten wirklich so schlimm?

26. August 2011 | 00:34 | Sinniert

Hier hatte ich ja neulich schon mal meine Gedanken bezüglich Serien in der Literatur in Worte gefasst und auch dieses Mal möchte ich wieder etwas loswerden. Mir geht es nun allerdings nicht um den Vergleich zwischen Serien und Einzelromanen oder was von Beidem vorzugswürdig ist – wer könnte da schon jemals eine endgültige Entscheidung fällen? – sondern um die mit Serien meist verbundene Warterei.

Wir alle kennen es und meistens hassen wir es auch: Das Warten auf den nächsten Band einer Serie, die wir unbedingt weiter verfolgen möchten. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, das Warten störe mich überhaupt nicht, den vor allem, wenn ein Teil mit einem gemeinen Cliffhanger endet, kommt einem die Zeit bis zum nächsten Band – in der Regel ist das immerhin ein ganzes Jahr – unendlich lang vor.

Doch vorhin kam mir der Gedanke, dass das Warten nicht nur unbequeme Seiten hat. Mal abgesehen davon, dass es für den Geldbeutel vermutlich schonender ist, nicht alle Teile einer Reihe innerhalb kürzester Zeit zu erwerben, hat es noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Man kann mit solchen Serien aufwachsen!

Das beste und wohl bekannteste Beispiel ist dafür natürlich Harry Potter. Egal, ob nun die Bücher oder die Filme (oder beides), man ist damit groß geworden. Jahr für Jahr hat man gespannt und voller Vorfreude auf den nächsten Band gewartet, auf den Erscheinungstermin hingefiebert und die Tage am Kalender abgezählt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich das entscheidende Finale von Harry, Ron und Hermine herbei gesehnt und schließlich verschlungen habe. Und einigen von euch ging es sicher genauso. Ich frage mich, ob Harry Potter unserer Generation so stark im Gedächtnis geblieben wäre (und sicher noch bleiben wird), wenn wir schon die Möglichkeit gehabt hätten, alle Bände hintereinander weg innerhalb weniger Tage/Wochen/Monate zu lesen. Dann wären wir nicht mit ihnen aufgewachsen, nicht zusammen mit den Charakteren älter geworden und gereift. Ich bin zum Beispiel immer wieder überrascht, dass die Hauptdarsteller mal so ‚klein’ waren, wenn ich die ersten Potter-Filme sehe und dann fällt mir ein, dass ich etwa in dem gleichen Alter und ein genauso kleiner Knirps war, als der Film ins Kino kam – irgendwie hat das auch einen besonderen Charme.

Aber Harry Potter ist ja nicht das einzige Beispiel, sicherlich hat jeder von euch so seine Serie, mit der er außerdem auch noch aufgewachsen ist. Bei mir ist das zum Beispiel die Reihe The Princess Diaries. Ich habe diese so geliebt, und liebe sie auch heute noch, weil ich mich stets so gut mit Mia identifizieren konnte und ihre Gedanken meine eigenen hätten sein können. Jedes Jahr konnte ich den nächsten Band kaum erwarten und die Serie hat immerhin zehn Bände. Ich habe sie zwar erst für mich entdeckt, als schon die ersten drei Bände erhältlich waren, aber dann bleiben immerhin noch sieben weitere Jahre, die ich mit dieser Serie groß geworden bin. Ich bezweifle, dass die Bücher die gleiche Wirkung auf mich hätten entfalten können, wenn ich sie am Stück bzw. innerhalb eines Jahres gelesen hätte. Ich wäre nicht mit Mia zusammen älter geworden und ich glaube nicht, dass ich als 13/14-jährige die 18-jährige Mia aus dem letzten Band in dem Alter schon so gut verstanden oder mich so gut mit ihr hätte identifizieren können.

Wie seht ihr das? Meint ihr, unsere geliebten Serien würden uns genauso stark in Erinnerung bleiben, wenn wir sie hintereinander hätten lesen können?




Kommentare

  1. Bei den ‘Harry Potter’ Bänden gebe ich dir auf jeden Fall recht. Keine andere Reihe hat mich während meiner Jugend so geprägt und ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich bei einer anderen Serie einer Neuerscheinung so entgegen gefiebert habe. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das beinahe jedem Lesefreund so geht. Ich habe
    es jedenfalls noch nie erlebt, dass einer Reihe so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Und bevor jetzt alle aufschreien, dass der ‘Twilight’ Hype genauso groß gewesen ist – dem kann ich einfach nicht zustimmen. Ich kann mich noch genau daran erinnern wie im Jahr 2007 die Innenstadt meiner Heimatstadt Hamm/Westf. in Hogsmeade
    verwandelt wurde. An jeder Ecke konnte man Leckereien aus der Zaubererwelt kaufen (Bertie Botts Bohnen, Butterbier), sämtliche Passanten trugen Umhänge und Zaubererhüte, unser Bürgermeister verkleidete sich als Rubeus Hagrid und aus Fenstern hörte man die maulende Myrte heulen. Das war wirklich beeindruckend und hat dazu auch noch wirklich Spaß gemacht. Bei der ‘Harry Potter’ Reihe hatte ich immer dasselbe Ritual – kurz vor jedem Erscheinen eines neuen Bandes habe ich sämtliche Vorgängerbücher noch einmal gelesen und war somit immer auf dem neusten Stand und habe die Wartezeit auch nicht als allzu schlimm empfunden. Heute, in einer Zeit, wo ich wesentlich mehr lese und dazu auch noch viele verschiedene Reihen, sehe ich das Warten etwas anders. Oft ist mir die Zeit zwischen dem Erscheinen der Nachfolgerbände einfach zu lang und ich vergesse viel zu viel von der Vorgeschichte. Als ich letztes Jahr zu Weihnachten endlich den letzten Teil der Edelstein-Trilogie geschenkt bekam, habe ich sofort mit dem Lesen losgelegt, aber schon nach wenigen Seiten wieder aufgehört, weil ich mit den Figuren nicht mehr viel anfangen konnte. Also wollte ich Rubinrot und Saphirblau erneut lesen, allerdings fehlte mir bis heute die Zeit dafür.

  2. Aber um jetzt auch mal auf deine Frage einzugehen: Ich denke, es macht eigentlich keinen Unterschied, ob man direkt alle Teile hintereinander liest oder auf weitere Bände warten muss. Im Grunde kommt es doch einfach auf
    die Geschichte und die Charaktere an … und die ändern sich ja nicht. ;-)

  3. Ich habe mittlerweile bei mir festgestellt: Sobald ich ein super Buch einer Reihe beendet hab, will ich sofort den nächsten Band haben und ärgere mich total, wenn es das erst in ca. einem Jahr gibt. ABER: Sobald ich das Buch dann mal habe, liegt es teilweise doch wieder ziemlich lang auf dem SuB herum, einfach weil ich mittlerweile viel zu viele Reihen habe und ich auch nie gleich zwei Bücher vom gleichen Autor direkt hintereinander lesen kann. Und durch ein neues Buch verfliegt dann schon wieder ein wenig das extreme Verlangen nach dem Folgeband. Und ich finde es auch irgendwie total toll, wenn man mit einer ganzen Reihe von anderen Leuten zusammen gespannt auf ein Buch wartet und es dann eventuell auch zusammen liest, sobald es da ist.

    Ergo: Ich mag das Warten auf Folgebände, mir bringt das mehr Spaß als alle gleich direkt zu lesen. Das macht das ganze irgendwie noch intensiver.

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