[Rezension] Im Jahrtausendwald

06. November 2018 | 16:48 | Gelesen

Titel: Im Jahrtausendwald
Autor: Jiro Taniguchi
Originaltitel: La forêt millénaire
Erstveröffentlichung: 2017
Übersetzer: Ulrich Pröfrock, Miyuki Tsuji


Wissenswertes

Im Jahrtausendwald ist das letzte, unvollendete Werk des mittlerweile verstorbenen, weltweit renommierten japanischen Mangakas Jiro Taniguchi, dessen Arbeiten vor allem durch alltägliche, ruhig erzählte Geschichten sowie einen realistischen Zeichenstil gekennzeichnet sind. Das Leben im Einklang mit der Natur war ein Thema, das ihm sehr am Herzen lag und in dieser Geschichte im Mittelpunkt stehen sollte.

Inhalt

Nach der Trennung seiner Eltern hat der 10-jährige Wataru zunächst bei seiner Mutter in der Stadt gelebt. Da sie aufgrund einer Erkrankung nun aber nicht mehr in der Lage ist sich allein um ihren Sohn zu kümmern, muss Wataru zu seinen Großeltern aufs Land ziehen und vorerst bei ihnen wohnen. Als er eines Tages die neue Umgebung, insbesondere den nahe gelegenen Wald, erkundet, stellt Wataru überrascht fest, dass er ein besonderes Talent besitzt: Er kann die Stimmen der Tiere und Pflanzen des Waldes hören …

Kritik

Im Jahrtausendwald ist nicht nur das letzte Werk des verstorbenen Autors Jiro Taniguchi, es ist leider auch ein unvollendetes, was im Klappentext unglücklicherweise nicht erwähnt wird, obwohl es hilfreich ist dies im Vorfeld zu wissen.

Das Buch beginnt mit der titelgebenden Erzählung oder vielmehr mit dem Anfang derselben. Es handelt sich dabei um eine interessante, vielseitige Geschichte, nach deren Lektüre man jedoch das unbestimmte Gefühl hat, dass sich einem die Botschaft dahinter nicht in ihrer Gesamtheit erschließt. Man ist sich nicht ganz sicher, was der Autor einem damit sagen will, und auch eine gewisse Kreatur, die auf mehreren Zeichnungen auftaucht, vermag man nicht richtig einzuordnen. Der Grund dafür ist vermutlich die Unvollständigkeit des auf mehrere Bände angelegten Projekts, dessen Vollendung durch das vorzeitige Ableben des Autors verhindert wurde und dessen gesamtes Ausmaß man anhand des ersten Bandes eben einfach noch nicht erfassen kann.

Der Protagonist Wataru fühlt sich auf unerklärliche Weise stark mit dem Wald verbunden und glaubt sogar dessen Stimmen hören zu können. Dies soll den Einklag des Menschen mit der Natur symbolisieren, ein Thema, das dem Autor wohl sehr am Herzen lag, wie man später erfährt.

Passend zum Titel und zur Thematik ist Grün in all ihren Facetten zweifellos die vorherrschende Farbe auf nahezu allen Bildern, wodurch ein starker Kontrast zu den wenigen Rückblenden auf das Leben in der Stadt entsteht, wo es kaum grüne Flecken zu entdecken gibt.

Im Anschluss an die Geschichte lernt man im Anhang mehr über den Umfang des geplanten Projekts sowie die Arbeitsweise des Autors, was beides ausgesprochen interessant ist. Umso bedauerlicher ist es aber auch, dass Jiro Taniguchi dieses faszinierende Werk nicht mehr zu Ende erzählen konnte. Nach dem zu urteilen, was über diese geplante Reihe berichtet wird, wäre mit Sicherheit eine sehr besondere Geschichte mit einer wichtigen Botschaft daraus geworden.

Es folgen Auszüge aus den Skizzenbüchern des Autors und zum Schluss Nachrufe von Menschen, die ihn persönlich kannten und deren Worte über ihn zu Tränen rühren.

Insgesamt handelt es sich bei Im Jahrtausendwald um eine empfehlenswerte Zusammenstellung, die sich allerdings eher an jene richtet, die bereits Fan des Autors sind. Für den Einstieg ist dieser Titel hingegen weniger geeignet, da er lediglich einen Hauch von Jiro Taniguchis Talent und Erzählweise vermitteln kann. Dafür macht das Buch auf jeden Fall neugierig auf die zahlreichen anderen Werke, die im Anhang Erwähnung finden und von denen man sicher das eine oder andere lesen wird, sollte das bislang noch nicht geschehen sein. Zum Glück hinterlässt der begabte Autor eine Vielzahl anderer Bücher, die einen vielleicht ein klein wenig darüber hinweg trösten können, dass nun keine neuen mehr hinzukommen werden.

Fazit

Im Jahrtausendwald ist für Fans von Jiro Taniguchi auf jeden Fall ein Muss, denn es enthält nicht nur den Anfang seiner letzten, unvollendeten Geschichte, sondern auch zahlreiche, interessante Hintergrundinformationen. Wer den Autor allerdings noch nicht kennt, sollte besser mit einem anderen, abgeschlossenen Werk beginnen.





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