[Rezension] Dustlands – Der Herzstein

24. Juni 2014 | 12:39 | Gelesen

Titel: Dustlands – Der Herzstein
Autorin: Moira Young
Originaltitel: Rebel Heart
Erstveröffentlichung: 2012
Übersetzerin: Alice Jakubeit


Wissenswertes

Dustlands – Der Herzstein ist die Fortsetzung des Debutromans der kanadischen Autorin Moira Young, die als Schauspielerin und Opernsängerin in Kanada sowie Europa ihr Geld verdiente, ehe sie sich in England niederließ, wo sie sich nun nur noch dem Schreiben widmet.

Dustlands – Der Herzstein ist zudem der zweite Band einer Trilogie. Der dritte und damit letzte Teil ist im Mai dieses Jahres unter dem Titel Raging Star auf Englisch erschienen.

Außerdem wurden die Filmrechte am ersten Teil, Blood Red Road, von keinem geringeren als Regisseur Ridley Scott für seine Produktionsfirma erworben.

Inhalt

Saba ist mit ihrem Zwillingsbruder Lugh, ihrer kleinen Schwester Emmi sowie Tommo schon seit Wochen unterwegs nach Westen, zum Großen Wasser, wo ein neues Leben und hoffentlich auch Jack schon auf sie wartet. Doch sie sitzen noch immer in den Sanddünen des Ödlands fest. Lugh ist nicht mehr der Alte und wird häufig wütend, will allerdings nicht über das reden, was in Freedom Fields passier ist, und Saba bereitet ihren Geschwistern sogar noch größere Sorgen, denn sie benimmt sich mit jedem Tag merkwürdiger. Sie schlafwandelt, hat seltsame Träume, kann ihre Armbrust nicht mehr abfeuern, hört flüsternde Stimmen und sieht Dinge, die die anderen nicht sehen können. Macht ihr einfach nur die Hitze zu schaffen oder wird sie, genau wie ihr Vater damals, langsam verrückt?

Kritik

Dustlands – Der Herzstein ist eine sehr gelungene Fortsetzung, die sich in vielerlei Hinsicht stark von ihrem Vorgänger unterscheidet. Die meiste Zeit über weiß man nämlich nicht, wo die Reise hinführen wird, was vielleicht gerade ihren besonderen Reiz ausmacht.

Positiv zu erwähnen ist zunächst, dass der zweite Teil sich im Deutschen nun wesentlich angenehmer und leichter lesen lässt als der Trilogieauftakt. Der Schreibstil ist zwar weiterhin sehr umgangssprachlich, beispielsweise werden häufig die Endungen der Verben verschluckt, im Gegensatz zum Original hat man sich bei der Übersetzung allerdings dazu entschieden die wörtliche Rede nun stets in Anführungszeichen zu setzen, sodass man diese gleich erkennt.

Die ersten hundert Seiten sind noch nicht sehr ereignisreich, aber dennoch interessant und schaffen es durchaus zu fesseln. Zum Einen wegen der Spannungen innerhalb der kleinen Gruppe, vor allem zwischen den Zwillingen Saba und Lugh, zum Anderen, weil Saba, aus deren Perspektive die Handlung hauptsächlich wieder geschildert wird, sich zunehmend eigenartig verhält. Sie hat den Tod von Epona scheinbar nicht überwunden, insbesondere da sie selbst sie getötet hat, und hat große Sehnsucht nach Jack.

Auf Grund seiner dauerhaften Anwesenheit spielt Lugh jetzt eine größere Rolle als im Vorgänger, doch dass man ihn zuvor kaum kennen gelernt hat, bereut man schon nach kurzer Zeit nicht im Geringsten, denn er legt absolut kein liebenswertes, sondern ausschließlich verachtenswertes Benehmen an den Tag. Obwohl er nicht darüber spricht, ist es klar, dass er während der Entführung viel durchgemacht hat, das entschuldigt sein unfaires Verhalten gerade Saba gegenüber aber nicht. Sie hat mindestens ebenso viel durchlitten wie er und ihr Leben riskiert um ihren Bruder zu retten, der nun nichts besseres zu tun hat als ihr vorzuwerfen, dass es nicht schnell genug ging. Er ist reizbar, aggressiv und wird schnell wütend, manchmal aus heiterem Himmel. Selbst Emmi und Tommo gegenüber ist er oft fies und letzterer ist ihm später anscheinend sogar völlig gleichgültig. Er ist kein bisschen dankbar, redet ständig schlecht über Jack und behauptet sogar vehement, dass dieser Saba sowieso nie geliebt hätte und garantiert nirgendwo auf sie wartet.

Vielleicht ist er eifersüchtig, da er nun nicht mehr der einzige und vor allem wichtigste Mann in Sabas und Emmis Leben ist, vielleicht will er sie tatsächlich nur vor einer seiner Meinung nach drohenden Enttäuschung bewahren. Man kennt seine Gedanken oder Gefühle nicht und kann daher nur Mutmaßungen anstellen. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass seine Äußerungen Saba stattdessen nur verletzten, was keineswegs gerechtfertigt ist. Er gibt Saba die Schuld an allem Schlechten, das passiert, dabei ist er selbst es gewesen, der sich unbedingt einmischen musste, wohingegen sie wenigstens versucht hat ihn und Emmi aus ihrer Suche nach Jack herauszuhalten. Als Leser verabscheut man ihn für diese unberechtigten Vorwürfe so sehr, dass man sich schon fast wünscht Saba hätte ihn nie gerettet oder ihn zumindest nicht mehr rechtzeitig gefunden.

Saba ist dagegen eine sehr sympathische Heldin und man fühlt mit ihr mit, auch wenn man ihre Handlungen vielleicht nicht immer vollkommen nachvollziehen kann. Man leidet mit ihr, weil Lugh so ungerecht zu ihr ist; weil der Verlust von Epona sowie all die anderen Opfer sie stark belasten; als sie doch beginnt an Jack zu zweifeln; und freut sich schließlich mit ihr als sie wieder zu sich sowie ihrer alten Stärke findet und wieder lebendiger wird. Viele ihrer merkwürdigen Träume stellen sich letztlich als Visionen heraus, die sich später erfüllen, worauf im dritten Band möglicherweise etwas näher eingegangen wird. Saba ist offenbar ein gewisses Schicksal vorher bestimmt, über das man leider noch nicht allzu viel erfährt, und sie muss sich entscheiden, ob sie es annehmen will.

Jack vermisst man die meiste Zeit über sehr, denn er taucht dieses Mal leider ausgesprochen selten auf und hat nur wenige, kurze Auftritte. Die Szene aus seiner Perspektive zu Beginn des Buches tröstet einen nur minimal darüber hinweg, sie endet nämlich so spannend, dass man am liebsten sofort wissen würde, was danach geschah. Im Gegensatz zu anderen Charakteren zweifelt man als Leser zudem erst an ihm als Saba das ebenfalls nicht mehr verhindern kann. So richtig kann man sich jedoch trotzdem nicht vorstellen, dass ausgerechnet er zu den Tonton übergelaufen sein soll.

Ab einem gewissen Punkt nimmt die Spannung kontinuierlich zu, sodass man permanent weiterlesen möchte, und Moira Young gelingt es mit absolut unerwarteten Wendungen zu überraschen. Insbesondere die Beziehung zwischen Saba und DeMalo macht einen geradezu sprachlos. Durch seine Verhaltungsweise ihr gegenüber fällt es schwer ihn als Feind zu betrachten, bis man wieder daran erinnert wird, was er und seine Tonton anderen, schwächeren Menschen antun. Er ist schwer zu durchschauen und gibt einem Rätsel auf, deren Lösung man im nächsten Band nur zu gern erhalten möchte, z.B. warum Sabas Herzstein sowohl auf Jack als auch auf ihn reagiert.

Zum Schluss liefert die Autorin erneut einen mitreißenden Showdown ab, der mit einigen traurigen Verlusten verbunden ist und viele Fragen offen lässt, die hoffentlich im dritten Band beantwortet werden. Früher oder später muss Saba entscheiden, was sie tun bzw. welchen Weg sie gehen will.
Das Ende macht das Warten zwar nicht unerträglich, gleichwohl würde man das Finale gern gleich im Anschluss lesen. Insbesondere die letzte Seite aus der Sicht einer anderen, unbekannten Person, für die allerdings nur zwei Charaktere wirklich in Frage kommen, weckt noch einmal zusätzlich die Neugier des Lesers, da sie so bedrohlich klingt.

Fazit

Dustlands – Der Herzstein ist vielleicht nicht ganz so fesselnd wie sein Vorgänger, kommt diesem aber sehr nahe und ist damit immer noch wesentlich besser als vergleichbare Mittelbände. Es ist zweifellos viel Potenzial für den Abschluss der Reihe vorhanden und es verspricht sehr interessant zu werden. Es bleibt also nur zu hoffen, dass der nächste Teil nicht wieder zwei Jahre auf sich warten lässt!





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