[Rezension] Cocoon – Die Lichtfängerin

21. Mai 2013 | 23:55 | Gelesen

Titel: Cocoon – Die Lichtfängerin
Autorin: Gennifer Albin
Originaltitel: Crewel
Erstveröffentlichung: 2012
Übersetzer: Jakob Schmidt


Wissenswertes

Cocoon – Die Lichtfängerin ist der Debutroman der us-amerikanischen Autorin Gennifer Albin, die nur Kaffee so sehr liebt wie Bücher. Ihr Ehemann unterstützt sie beim Schreiben mit großem Enthusiasmus und träumt davon auf einem Schutzumschlag genannt zu werden: „Die Autorin lebt in Kansas mit ihre Ehemann, zwei Kindern und einer Dienstagskatze.“

Cocoon – Die Lichtfängerin ist zudem der Auftakt zu einer Trilogie. Der zweite Teil, Altered, soll im Oktober dieses Jahres in den USA erscheinen und auch die deutsche Übersetzung ist bei Egmont Ink bereits in Vorbereitung.

Daneben gibt es noch eine als eBook erhältliche Vorgeschichte zu den Romanen mit dem Titel The Department of Alterations, die von einer im ersten Band nur am Rande erwähnten Nebenfigur handelt.

Inhalt

Seit Jahren haben ihre Eltern die sechzehnjährige Adelice darauf trainiert ihre Begabungen als Webjungfer zu verbergen um zu verhindern, dass ihr Talent bei der Prüfung entdeckt und sie vom Konvent einberufen wird. Doch im entscheidenden Moment begeht sie einen fatalen Fehler und man wird auf sie aufmerksam. Auch der letzte verzweifelte Fluchtversuch ihrer Eltern scheitert und dass sie nicht sofort hingerichtet wird hat sie einzig ihren außergewöhnlichen und von der Gilde sehr begehrten Fähigkeiten zu verdanken.

Um eben diese Fähigkeiten für ihre Zwecke nutzen zu können versucht der Konvent alles um Adelice unter seine Kontrolle zu bringen. Doch Adelice ist nicht dumm und erkennt, in welcher Position sie ist und dass man sie nur manipulieren will. Obwohl es bisher noch niemand geschafft hat, ist sie entschlossen zu fliehen und stellt dabei schließlich fest, dass nicht nur sie der Gilde nicht treu ergeben ist …

Kritik

Cocoon – Die Lichtfängerin ist ein sehr gelungenes Debut und ein toller Reihenauftakt, der mit neuartigen Ideen überzeugen kann, den Leser zum Nachdenken anregt und ihm dadurch noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Die Welt, die Gennifer Albin mit Arras kreiert hat, ist wahrlich einzigartig und wird dem Titel, wie man später herausfindet, wirklich gerecht. Alles und jeder steht unter der Kontrolle der Gilde, die mit Hilfe der Webjungfern, die über die Fähigkeit verfügen das Gewebe des Lebens zu flechten und so Raum und Zeit zu verändern, Geschehensabläufe, Familienstrukturen und sogar das Gedächtnis der Leute beliebig beeinflussen können.
Die Gilde besteht jedoch nur aus Männern, denn den Frauen wurden klare Rollen zugewiesen. Verfügen sie über die Fähigkeiten zum Weben, werden sie, ob sie wollen oder nicht, als Webjungfern einberufen, wenn nicht, bekommen sie einen Ehemann und haben die Pflicht sich voll und ganz um ihn zu kümmern. Entkommen kann man seinem Schicksal nicht, denn wer versucht zu fliehen wird getötet, wobei es nur selten dazu kommt, weil die Gilde so genannte Abweichler meist schon früh entdeckt und entweder beseitigt oder sie zu vollkommen neuen Personen macht.

Das erfährt auch die Hauptfigur Adelice Lewys am eigenen Leib. Obwohl ihre Eltern sie darauf trainiert haben bei der entscheidenden Prüfung zu versagen, wird ihr außergewöhnliches Talent durch einen kleinen Patzer ihrerseits von der Gilde erkannt und verdammt sie zu einem Leben als Webjungfer. Sie wollte ihren Eltern zuliebe zwar versagen, hielt sie im Grunde aber für paranoid und verstand anfangs nicht, warum ihre Eltern ihre Einberufung unbedingt verhindern wollten, immerhin hat man als Webjungfer zahlreiche Privilegien, die man als Ehefrau nie erhalten wird. Das ändert sich jedoch schnell als ihr Leben im Konvent und ihre Ausbildung dort beginnen. Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen, die sich von dem Luxus und den Vorrechten nur zu bereitwillig blenden lassen, blickt Adelice hinter die Fassade und stellt, zum Leidwesen ihrer Ausbilderin Maela, unangenehme Fragen. Sie ist sehr intelligent und merkt schnell, dass man sie nur manipulieren und für die Zwecke der Gilde ausnutzen will. Sie soll tun was man ihr sagt und Anweisungen gefälligst nicht hinterfragen. Stattdessen beweist sie viel Stärke und weigert sich etwas zu tun, was sie für falsch oder unnötig hält, ungeachtet der Konsequenzen. Das ist vielleicht nicht immer die beste Entscheidung, sowohl für Adelice selbst als auch für ihre Mitmenschen, aber immerhin bleibt sie sich dadurch selbst treu, was sie zu einer sehr sympathischen Protagonistin macht.

Neben Adelice gibt es aber noch ein paar andere Figuren, denen es ebenfalls gelingt das Herz des Lesers für sich zu gewinnen. Das trifft vor allem auf Jost zu, der ihr im Verborgenen beisteht und sie beschützt. Als die Beiden nach und nach heimlich mehr Zeit miteinander verbringen, entwickeln sie Gefühle füreinander, was man sehr gut nachvollziehen kann. Jeder von ihnen hat bereits schwere Schicksalsschläge erlitten, doch zusammen haben sie die Chance wieder glücklich zu werden und sich der Tyrannei der Gilde zu widersetzen.

Auch Enora, die Mentorin von Adelice, sowie Maelas Assistent Erik, sind Lichtblicke in ihrem sonst eher trostlosen Gefängnis, was allein schon Grund genug ist sie zu mögen.
Während man Maela im Gegensatz dazu nur Hass entgegen bringen kann für das, was sie Adelice antut um ihre Macht zu demonstrieren, steht man Cormac etwas zwiegespalten gegenüber. Er ist definitiv nicht liebenswert oder charmant, wirklich verabscheuen kann man ihn die meiste Zeit über allerdings auch nicht, da er anscheinend tatsächlich glaubt zum Wohle der Menschen in Arras zu handeln. Das entschuldigt natürlich nicht, was er am Ende mit Adelice vorhat und die Alternative, die er ihr anbietet, ist ebenfalls nicht hinnehmbar.
Loricel bleibt hingegen ziemlich undurchsichtig und es fällt einem schwer zu verstehen, warum sie trotz ihres überlegenen Wissens und ihrer Möglichkeiten für die Gilde arbeitet.

Durch das geradezu phantastische Element des Webens von Raum und Zeit, hält man das Buch lange Zeit für ein Werk aus dem Genre Fantasy. In Wahrheit handelt es sich allerdings, wie man erst später herausfindet, tatsächlich um eine Dystopie. Insbesondere dieser Zusammenhang, der sich erst im Verlauf der Geschichte offenbart, ist der Autorin besonders geglückt. Er wirft etliche neue Fragen auf und ebnet überhaupt erst den Weg für das Ende des Buches sowie die darauf folgende Fortsetzung.

Der Schreibstil von Gennifer Albin lässt sich sehr angenehm lesen, doch obwohl man eigentlich nicht über zu wenige Beschreibungen klagen kann, fällt es einem manchmal ziemlich schwer sich bestimmte Szenen oder Geschehnisse bildlich vorzustellen. An einigen Stellen sorgt das etwas für Verwirrung, sodass es einem schwer fällt der Handlung zu folgen.

Im Gegenzug mangelt es der Geschichte dafür nicht an Spannung und schon der Prolog zieht den Leser in seinen Bann, denn man möchte unbedingt erfahren, was es damit auf sich hat. Die einzelnen Kapitel enden häufig mit kleinen Cliffhangern, die dafür sorgen, dass man das Buch immer weiter lesen möchte, obwohl das gar nicht nötig wäre, weil man ohnehin schon begierig auf der Suche nach Antworten ist. Zum Ende hin nimmt die Spannung dann sogar noch einmal zu und mündet schließlich in einem unerwarteten Showdown. Zum Glück gönnt Gennifer Albin ihren Lesern aber eine kurze Verschnaufpause und schickt ihre Figuren zwar in eine ungewisse Zukunft, lässt sie jedoch nicht in akuter Gefahr schwebend zurück.

Fazit

Cocoon – Die Lichtfängerin ist ein sehr gelungener Serienauftakt, der nicht nur eine intelligente und starke Protagonistin, eine zarte Liebesgeschichte und eine fesselnde Handlung zu bieten hat, sondern dazu noch mit neuen Ideen überzeugen kann. Den zweiten Band wird man sich nach dem spannenden Ende daher auf keinen Fall entgehen lassen.





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