[Rezension] Die Vernichteten

04. Oktober 2014 | 15:32 | Gelesen

Titel: Die Vernichteten
Autorin: Ursula Poznanski
Originaltitel: Die Vernichteten
Erstveröffentlichung: 2014
Übersetzer: Originalsprache


Wissenswertes

Die Vernichteten ist das neueste Jugendbuch der österreichischen Autorin Ursula Poznanski, die bereits seit 2003 sehr erfolgreich diverse Kinderbücher und mittlerweile ebenso Bücher für Erwachsene veröffentlicht hat. Von der Stadt Wien wurde sie mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. 2011 erhielt sie den deutschen Jugendliteraturpreis für ihr erstes Jugendbuch Erebos.

Die Vernichteten ist ihr fünfter Roman für Jugendliche und zudem der dritte Band ihrer ersten Trilogie. Die Titel der beiden Vorgänger lauten Die Verratenen und Die Verschworenen.

Inhalt

Ria weiß nun endlich, warum der Sphärenbund ihren Tod wollte, welchen grausamen Plan Quirin ausgeheckt hat um die Sphären zu schwächen und welche Rolle sie sowie ihre Freunde darin spielen. Sie weiß, wie sie die Katastrophe verhindern könnte, aber der Bewahrer hält an seinem perfiden Vorhaben fest und ist nach wie vor nicht bereit ihr das Serum auszuhändigen. Also muss Ria einen anderen Weg finden, denn sie ist entschlossen sowohl Aureljo und Dantorian als auch die unzähligen anderen unschuldigen und unwissenden Sphärenbewohner zu retten.

Während Ria noch nach einer Lösung sucht, werden sie und Tycho jedoch in ihrem Versteck von Yann entdeckt, der nicht zögert sie sofort für Quirins angeblich spurloses Verschwinden verantwortlich zu machen und sie vor dem versammelten Clan des Mordes anzuklagen. Der Hass auf die Lieblinge ist groß und werden sie für schuldig befunden, wird man sie zum Tode verurteilen …

Kritik

Die Vernichteten ist das fulminante Finale einer Atem beraubenden, postapokalyptischen Trilogie, die mühelos mit den besten Serien des Genres mithalten kann und einige davon sogar übertrifft.

Auch der dritte Band ist von Anfang an sehr packend und man kann es kaum erwarten tiefer in die Geschichte einzutauchen. Trotz der erschütternden Enthüllungen im Vorgänger, die noch einmal zusammenfassend aufgegriffen werden, scheint es bereits zu Beginn so als wären bei Weitem noch nicht alle Wahrheiten ans Licht gekommen. Es werden fortwährend diverse Andeutungen gemacht, die man sich noch nicht erklären kann, und genau wie Ria möchte man natürlich wissen, was es damit auf sich hat. Schließlich würde angeblich ja selbst sie ihre Meinung über Quirins Plan ändern, wenn sie die „ganze Wahrheit“ kennen würde. Allerdings kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass etwas noch schrecklicher sein könnte als das Wissen um Dhalion und was es weiter aufzudecken geben soll.

Natürlich wird man von Ursula Poznanski, die die Auflösung zum Glück nicht unnötig hinauszögert, im späteren Verlauf der Geschichte eines besseren belehrt. Die verschiedenen Charaktere reagieren sehr unterschiedlich auf die absolut erschreckenden Erkenntnisse, wobei man jede der Reaktionen nachvollziehen kann. Viele sind zutiefst bestürzt, manche wollen es einfach nicht wahrhaben, andere machen sie so unsagbar wütend, dass sie unverzüglich zum Gegenschlag ausholen wollen, auch wenn Unschuldige dann darunter leiden müssen. Aber die Mehrheit der Lieblinge ist vollkommen unwissend und hat es nicht verdient für das Verbrechen einiger weniger bestraft zu werden, genauso wenig wie die Clans es verdient haben wegen des hinterlistigen Anschlags eines einzelnen komplett ausgelöscht zu werden.

Darüber hinaus gelingt es der Autorin sogar mit Kleinigkeiten, wie zum Beispiel bestimmten, neu entdeckten Verwandtschaftsverhältnissen, zu überraschen. Außerdem deckt sie ein paar Geheimnisse auf, die seit dem ersten Band auf Aufklärung warten und schon beinahe in Vergessenheit geraten sind.

Ria ist nach wie vor eine tolle Protagonistin, die man sich wirklich zum Vorbild nehmen kann. Sie ist sehr klug, kann andere mit ihren Worten gezielt beeinflussen und hat dennoch ein großes Herz, weshalb sie ihr Können nie missbrauchen würde, was sie besonders liebenswert macht. Sie ist stark, mutig, entschlossen und gleichzeitig zu viel Liebe fähig. Sie hat ihre Vorurteile gegenüber den Prims, basierend auf unzähligen Lügen, schnell überwunden, sucht immer nach der Wahrheit und bildet sich dann ihr eigenes Urteil.

Sandor ist eine ebenso sympathische Figur. Er ist fair und vor allem sehr verantwortungsbewusst. Er beschützt die, die er liebt anstatt sich von seinem Hass leiten zu lassen und versucht seinen Clan zu retten, selbst wenn dort scheinbar kein Platz mehr für ihn ist. Obwohl er grundsätzlich kein Freund der Lieblinge ist und allen Grund hat die Sphären zu verachten, steht er nicht hinter Quirins Plan und will Ria deshalb helfen Aureljo und Dantorian zu retten.

Er und Ria sind ein wundervolles Paar, deren Liebe füreinander man sowohl an ihren Worten als auch an ihren Gesten erkennen kann. Er hat geschworen Ria zu beschützen und sie kann nur dort zu Hause sein, wo Sandor ist. Er liebt sie so sehr, dass er ihr Leben über seinen Posten als Fürst stellt, wofür man ihn einfach lieben muss, wenn man es nicht davor schon getan hat. Sie liebt ihn so sehr, dass sie ihn ermutigt zum Clan zu gehen um ihn zu warnen, obgleich sie nicht daran glaubt, dass er es schafft lebendig zu ihr zurückzukehren.

Doch Ria und Sandor sind nicht die einzigen tollen Charaktere und neben den bereits bekannten lieb gewonnenen Figuren wie Tycho oder Andris, der Ria gegenüber sehr loyal ist und ihr zusätzlich zu den freundschaftlichen Gefühlen auch so etwas wie väterliche Fürsorge entgegen bringt, kommen neue interessante Figuren hinzu, insbesondere aus der westlichen Clan der Schwarzdornen, wie z.B. Maiossa und Aramonn.
Alte Bekannte aus den Sphären tauchen ebenfalls wieder auf, darunter Grauko, der Rias Vertrauen verdient hat und in Bezug auf die schreckliche Wahrheit ebenso ahnungslos war wie sie selbst, und Tudor, den wohl nicht nur Ria ziemlich falsch eingeschätzt hat.

Die westliche Linie der Dornen unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht stark von der östlichen, nicht nur in Hinblick auf die Lebensumstände. Die Menschen sind aufgeschlossener, scheinen mehr auf die Wahrheit zu geben und mehr Vertrauen zu haben. Bei ihrem Aufenthalt dort findet Ria zudem in einem sehr berührenden Moment heraus, wer sie wirklich ist und dass sie noch Familie hat. Genau wie diese sind viele Eltern entsetzt als sie von Quirins Plan erfahren und das Leben ihrer gestohlenen Kinder ist ihnen wichtiger als die Rache an den Sphären. Ihr Bewahrer ist allerdings sehr unzuverlässig und hat daher kein annähernd so sicheres Auftreten wie Quirin.

Letzteren verabscheut man zunehmend, vor allem als man erkennt, dass er bereitwillig Rias und Tychos Tod in Kauf nimmt um sie daran zu hindern seinem Vorhaben in die Quere zu kommen. Des Weiteren hat er offenbar nie in Betracht gezogen, dass Dhalion durch andere Flüchtlinge auch in den Clans, beispielsweise eben in der westlichen Linie, ausbrechen könnte, vielleicht sogar früher als in den Kuppeln. Die älteren Leute hat er jedoch nie immunisiert, weil er diese Gefahr leichtfertig verkannt und das Virus, das viel ansteckender ist als er angenommen hatte, offenbar unterschätzt hat. Seine tödliche Wirkung verzielt es dabei natürlich nicht.

Je näher der Schluss rückt, desto fesselnder wird das Geschehen, sodass man sich nicht mehr davon lösen kann. Ria, Sandor und ihre Freunde geben niemals auf nach einer friedlichen Lösung zu suchen, die nicht wieder Millionen Unschuldige das Leben kostet. Die Figuren setzen alles auf eine Karte und gehen ein großes Risiko ein. Ihr Ziel ist es auf jeden Fall wert, doch man wagt kaum auf einen guten Ausgang zu hoffen.

Das Ende ist großartig und passt perfekt zu Serie. Ursula Poznanski zeigt, was man erreichen kann, wenn man mit anderen zusammen arbeitet und Fähigkeiten vereint statt allein zu kämpfen. Das mag komplizierter oder schwieriger sein, aber wesentlich lohnenswerter. Sie gewährt ferner einen kurzen Blick auf die vielversprechenden, zukünftigen Entwicklungen, beschränkt sich dabei jedoch auf die ersten Schritte in die richtige Richtung. Alles Weitere bleibt offen und bietet somit genug Raum für eigene Spekulationen.

Fazit

Die Vernichteten ist der perfekte Abschluss einer großartigen Trilogie, die keine Wünsche offen lässt. Ursula Poznanski ist zweifellos eine Meisterin ihres Fachs und es gelingt ihr scheinbar mühelos die ohnehin schon sehr hohen Erwartungen zu erfüllen. Sie versteht es den Leser in ihren Bann zu ziehen, Spannung nicht nur aufzubauen, sondern diese permanent aufrecht zu erhalten, ohne dass es dadurch an gefühlvollen Momenten mangelt, lässt wirklich niemals Langeweile aufkommen und wählt stets den besten Augenblick um erneut völlig unerwartet mit einer schockierenden Enthüllung zu überraschen. Für Fans von dystopischen oder postapokalyptischen Geschichten ist diese Reihe unverzichtbar!





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