[Rezension] Land ohne Lilien – Gefangen

16. April 2015 | 15:05 | Gelesen

Titel: Land ohne Lilien – Gefangen
Autorin: Lauren DeStefano
Originaltitel: Sever
Erstveröffentlichung: 2013
Übersetzerin: Catrin Frischer


Wissenswertes

Land ohne Lilien – Gefangen ist eine Fortsetzung des Debutromans der us-amerikanischen Autorin Lauren DeStefano, die schreibt seit sie klein ist, aber trotz eines College-Abschlusses im Fach Kreatives Schreiben zunächst in verschiedenen anderen Berufen tätig war, unter anderem sogar als Steuereintreiberin. Inzwischen widmet sie sich jedoch ganz dem Schreiben.

Land ohne Lilien – Gefangen ist zudem der dritte Band einer Trilogie. Die ersten beiden Teile tragen die Titel Land ohne Lilien – Geraubt und Land ohne Lilien – Geflohen. Der erste Band ist im September 2011 darüber hinaus schon einmal als Totentöchter – Die dritte Generation erschienen.

Daneben gibt es noch ein eBook mit dem Titel The Seeds of Wither, das neben einem großzügigen Auszug aus dem ersten Band eine Kurzgeschichte aus der Perspektive von Rose sowie einen kleinen Ausblick auf die Fortsetzung enthält.

Inhalt

Rhine ist nach wie vor entschlossen ihren Zwillingsbruder Rowan zu finden und hat nun, da sie ihn in den Nachrichten gesehen hat, zumindest einen Anhaltspunkt, wo sie mit der Suche beginnen soll. Doch bevor sie sich auf den beschwerlichen Weg machen kann, muss sie sich erst einmal von den schweren Verletzungen erholen, die sie in Vaughns Keller erlitten hat.

Dank Linden, der Rhine allerdings immer noch nicht glaubt, was sie über seinen Vater erzählt, findet sie Zuflucht bei seinem eigenwilligen Onkel Reed, der so gar nichts mit seinem Bruder gemein zu haben scheint. Bei ihm kann Rhine sicher genesen und in Ruhe Pläne schmieden, wobei sie schließlich unerwartet Hilfe von Cecily und ihrem Ehemann bekommt, die sie bei der Suche nach Rowan unterstützen wollen …

Kritik

Land ohne Lilien – Gefangen ist zwar kein schlechtes Buch, insgesamt aber leider nur ein eher mittelmäßiger Abschluss einer bisher sehr gelungenen Reihe, der seinen beiden Vorgängern nicht gerecht wird.

Während der gesamten ersten Hälfte tritt die Geschichte die ganze Zeit über auf der Stelle und es passiert so gut wie nichts, was die Charaktere in irgendeiner Weise voranbringen würde. Rhine denkt zwar pausenlos daran Rowan zu finden, bricht jedoch erst in der zweiten Hälfte des Buches tatsächlich zu ihrer Suche auf. Müsste man diese Seiten zusammenfassen, gäbe es seit dem Ende des zweiten Bandes, der zugleich der Anfang des Finales ist, daher nur ein einziges, nennenswertes Ereignis bevor dann endlich die eigentliche Handlung beginnt. Aber sogar danach ist von Spannung leider kaum etwas zu spüren und selbst wenn sich zur Abwechslung eine brenzlige Situation anbahnt, hält diese leider nie allzu lange an.

Die ersten beiden Bände der Trilogie konnten vielleicht auch nicht mit viel Spannung punkten, dafür allerdings mit den Charakteren, die im Verlauf des dritten Teils nun größtenteils an Charme verlieren oder viel zu kurz kommen. Gabriel taucht zum Beispiel erst auf den letzten Seiten wieder auf und die wenigen Sätze, die Lauren DeStefano ihm widmet, können nicht über seine lange Abwesenheit hinwegtrösten. Von der Liebesgeschichte zwischen ihm und Rhine fehlt damit jede Spur und es ist sehr auffällig, wie selten Rhine an Gabriel denkt. Das wirft zwangsläufig die Frage auf, warum sie sich keine großen Sorgen um ihn zu machen scheint und ob sie ihn überhaupt noch liebt, falls sie es denn je wirklich getan hat.

Die Begegnung mit Rowan ist sogar noch enttäuschender. An Stelle eines entschlossenen Rebellen entpuppt sich ihr Zwilling als die willenlose Marionette eines Hintermanns, dessen Worten er ohne groß darüber nachzudenken einfach Glauben schenkt und ansonsten unfassbar blass bleibt. Schlimmer noch, er raubt auch Rhine ihren eigenen Willen, denn sie folgt ihm plötzlich bedenkenlos überall hin und begibt sich für ihn überdies wieder in die Höhle des Löwen, nachdem sie sich zuvor so mühsam aus dessen Klauen befreit hatte. Als Leser kann man ganz und gar nicht nachvollziehen, warum sie ihren Bruder nicht umgehend über seinen Förderer und über dessen wahres Wesen aufklärt um Rowan vor ihm zu schützen. Stattdessen erweckt sie geradezu den Anschein als würde ihr ihre Freiheit nun nichts mehr bedeuten, obwohl sie sie sich zuvor so hart erkämpft hat.

Das alles macht Rhine nicht gänzlich unsympathisch und man hat sie nach wie vor gern, doch sie denkt und handelt teilweise eben völlig untypisch für ihren Charakter, wofür man mangels einleuchtender Erklärungen leider kein Verständnis aufbringen kann. Aus dem einstigen Monster macht sie nun beispielsweise einen Menschen, dessen Handeln sie auf einmal verstehen kann. Nur weil Vaughn behauptet trotz all seiner Lügen von Anfang an geplant zu haben die Zwillinge irgendwann wieder zu vereinen, soll er jetzt nicht mehr das personifizierte Böse sein? Dabei hat er noch viel mehr – nicht nur sprichwörtliche – Leichen im Keller als bisher angenommen, was Rhine zu diesem Zeitpunkt bereits bewusst ist.

Linden schafft es dagegen ein wenig an Sympathie zu gewinnen, nachdem er endlich einsieht, dass sein Vater mit vielen Taten weit mehr als nur ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen ist. Insgesamt bleibt er aber recht eindimensional und eher passiv, selbst als er aus ungeahnter Quelle Tatsachen über seine erste Liebe Rose erfährt, die Vaughn ihm absichtlich verschwiegen hat.

Rhines ehemalige Schwesterfrau Cecily ist nicht mehr ganz so nervig wie bislang und macht als einzige eine positive Entwicklung durch. Sie wird erwachsener, beklagt sich weniger und mit der Zeit vergibt man ihr sogar ihren erneuten Verrat im vorherigen Band. Trotz allem, was sie in ihren jungen Jahren bereits durchgemacht hat, sollte man schließlich nicht vergessen, dass sie eigentlich immer noch ein Kind ist.

Besonders liebenswert ist allerdings vor allem Lindens Onkel Reed, bei dem es sich um eine einzigartige, herrlich verschrobene Figur mit einem guten Herzen handelt. Sein Auftauchen ist eines der wenigen richtig positiven Dinge dieses Finales, weshalb es sehr schade ist, dass er keine noch größere Rolle in der Geschichte eingenommen hat.

Lauren DeStefano gelingt es zum Ende hin zwar noch den Leser mit einigen wenigen unerwarteten Wendungen zu konfrontieren, die Umsetzung ist dabei aber zumeist weniger gelungen und der erhoffte Höhepunkt bleibt aus. Der erste plötzliche Tod einer gewissen Figur etwa erscheint völlig zwecklos angesichts der Tatsache, dass er scheinbar keinen großen Effekt auf die Person hat, dessen ganzer Lebensinhalt in der Rettung ihres Lebens bestand. Der aus heiterem Himmel folgende Tod einer zweiten Figur ist eine weitere Überraschung, wirkt jedoch viel zu überstürzt und es mangelt der Lage erneut an Spannung, zumal dieser Mord nicht die geringsten Konsequenzen für den Täter nach sich zieht.

Generell wird die Geschichte im letzten Drittel immer abstruser und viele Begebenheiten ergeben keinerlei Sinn. Die ganze Zeit hat Vaughn angeblich vergebens nach einem Heilmittel gesucht und auf einmal gibt es längst eines, das nur noch ausprobiert werden muss, was dann sogleich von Erfolg gekrönt ist. Damit hat sich die Autorin die Lösung ihrer zuvor geschaffenen Probleme viel zu einfach gemacht.

Der Schluss erscheint insgesamt unausgereift, übereilt und nicht gut durchdacht. Obwohl man sich durchaus über den Ausgang für die Figuren freut, lässt er einen nicht mit einem zufriedenen Gefühl zurück. Das geradezu heitere Resultat passt einfach nicht zu der sonst eher düsteren Atmosphäre der Dystopie, insbesondere nicht, weil es viel zu leicht erreicht wurde.

Darüber hinaus bleiben einige Fragen offen, deren Antworten zum Teil von großer Bedeutung für die Handlung hätten sein müssen, wenn man bedenkt, dass die ganze Reihe danach benannt wurde. Dennoch erfährt man nicht, was es mit dem Chemical Gardens Projekt von Rhines und Rowans Eltern auf sich hatte. Dass es außerdem gesunde Menschen gibt, die von dem Virus noch nie etwas gehört haben, wird ferner nur kurz angesprochen und danach kaum weiter thematisiert, obgleich es Rhines ganze Welt in völlig neues Licht taucht und unzählige, neue Fragen aufwirft.

Fazit

Land ohne Lilien – Gefangen ist definitiv nicht der Abschluss, den man sich für diese bisher so fesselnde, dystopische Reihe von Lauren DeStefano gewünscht hätte und das Finale weist gegenüber den beiden Vorgängern zu viele Schwächen auf um einfach darüber hinwegsehen zu können. Da einen das Schicksal der lieb gewonnenen Charaktere interessiert, will man natürlich wissen, wie die Geschichte endet, weshalb man das Buch trotz allem recht schnell gelesen hat. Echte Begeisterung kommt dabei aber dieses Mal leider nicht mehr auf.





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