Im November letzten Jahres wurde ich auf Grund gewisser Umstände von Bastei Lübbe zu einer exklusiven Buchpräsentation mit
Ken Follett eingeladen, der anlässlich des Mauerfall-Jubiläums den abschließenden Band seiner großen Jahrhundert-Trilogie,
Kinder der Freiheit, am 09. November 2014 im Meistersaal in Berlin vorstellte. Obwohl ich noch nichts von dem Autor gelesen hatte, war mir
Ken Follett natürlich ein Begriff – außerdem kannte ich seine Romane
Die Säulen der Erde sowie
Die Tore der Welt zumindest durch die jeweiligen Verfilmungen – und so ließ ich mir diese einmalige Möglichkeit natürlich nicht entgehen und sagte sofort zu.
Trotz des Chaos‘ auf den Straßen – es war der Abend, an dem die beleuchteten Ballons entlang der ehemaligen Mauer später in den Himmel aufstiegen – war ich relativ zeitig dort und konnte mir und meiner Begleitung nach der Bewunderung des Saals somit Plätze in den vordersten Reihen sichern. Mit einiger Verspätung begrüßte uns der bekannte RTL-Moderator Wolfram Kons schließlich zu dieser Veranstaltung, zu der es viele andere geladene Gäste wegen der vollen Straßen offenbar nicht geschafft hatten, und begann den Abend damit den Autor zu interviewen.
Die ersten Sätze galten seinem Erscheinungsbild, denn Ken Follett hatte in letzter Zeit stark abgenommen und war nun nicht mehr so „fett“ – seine Wortwahl, nicht meine! – wie beim letzten Mal, was natürlich für einige Lacher sorgte. Auch seine Frau, die in der ersten Reihe saß, wurde diesbezüglich angesprochen, da sie wohl ein Grund für den Gewichtsverlust war, und bestätigte, dass er nun genug abgenommen habe. Diese musste ihm im späteren Verlauf wegen Tonstörungen außerdem erst einmal sein Handy abnehmen.
Ken Follett hat natürlich nicht geahnt, dass der Erscheinungstermin des letzten Bandes dieser Trilogie mit dem 25-jährigen Mauerfall-Jubiläum zusammen fallen würde. Die Idee mit den Ballons entlang des ehemaligen Mauerverlaufs fand er jedoch wundervoll. Er betrachtet Berlin zudem als Symbol für den Kalten Krieg, weil nicht nur eine Stadt geteilt wurde, sondern die ganze Welt sich spaltete. Deshalb ist unsere Hauptstadt auch ein so wichtiger Schauplatz in Kinder der Freiheit. Die Zeit in Deutschland hat er sehr genossen, da alle Leute ihm gegenüber stets sehr freundlich waren. Als nächstes würde ihn seine Tour dann nach Kanada, Mexiko und Italien führen.
Er freut sich zwar, wenn er mit Schriftstellern wie
Shakespeare verglichen wird, findet es aber unrealistisch, da er kein Poet ist. Und seine Bücher seien deshalb so dick, weil die Leute durchaus gern dicke Bücher lesen, solange sie spannend genug sind.
Neben dem Schreiben von Romanen hat er auch einiges für das Fernsehen gemacht, allerdings muss man dort immer genau auf das Budget achten. Beim Theater muss zudem immer alles auf der Bühne stattfinden können. In seinen Romanen hat er dagegen viel mehr Freiheiten. Er kann problemlos von einem Land zum anderen wechseln oder 20.000 Soldaten auf ein Schlachtfeld stellen.
Daraufhin las die Schauspielerin Natalia Wörner, die unter anderem eine Rolle in Die Säulen der Erde hatte, das gesamte erste Kapitel des Romans, passend zum Rest der Veranstaltung ebenfalls auf Englisch. Das dauerte eine gute halbe Stunde, sie machte ihre Aufgabe jedoch so gut, dass man ihr sehr gern zuhörte.
Im Anschluss daran wurde das Gespräch mit dem Autor wieder aufgenommen. Als erstes wurde über John F. Kennedy gesprochen, der, wenn ich es richtig verstanden habe, auch auf dem Originalcover zu sehen ist. Im ersten Teil der Trilogie gibt es nämlich eine Figur, die eine Affäre mit dem Präsidenten hat. Die Frau gibt es wirklich; sie arbeitete im Pressebüro des Weißen Hauses und hat sogar ein Buch darüber geschrieben.
Ken Follett verbringt viel Zeit mir Recherchen und die besagte Frau hat zum Beispiel die erste Fassung seines Buches, insbesondere die Szenen mit Kennedy, gelesen. Es gibt noch einige andere Leute, denen er den ersten Entwurf zeigte, darunter Historiker, die die Fakten kontrollieren und auf historische Genauigkeit achten sollten. Kinder der Freiheit gab er darüber hinaus auch deutschen Freunden, damit er keine dummen Fehler begehe, z.B. seine Figuren etwas sagen oder essen lassen, was Deutsche nie tun würden. Den dümmsten Fehler enthält wohl sein Roman Eye of the Needle. Doch da weder ich noch meine Begleitung eindeutig verstanden haben, worin dieser Fehler besteht, will ich jetzt lieber nicht weiter ins Detail gehen.
Nichtsdestotrotz ist er stolz auf alle seine Bücher, immerhin müsse man erst einmal stur genug sein um ein Werk überhaupt zu beenden. Viele Leute, beispielsweise Journalisten, hätten ihr Leben lang nur angefangene Bücher in ihren Schubladen.
Die Frage, ob er unter großen Druck stehe, beantwortete er mit einem klaren „Ja“. Aber dieser Druck kommt weniger vom Verleger, sondern geht vielmehr von ihm selbst aus, weil er will, dass die Leute seine Bücher mögen. Das empfindet er jedoch nicht als etwas negatives, es macht ihn nur ehrgeiziger.
Dann wendeten sie sich für einen Moment dem Thema Politik zu. Ken Follett ist in jedem Fall dafür Steuern zu zahlen, vor allem wenn sie der Bildung oder der Gesundheitsversorgung zu Gute kommen. Für ihn sind das gute Ideen der Sozialdemokraten. Deshalb wird er bei den nächsten Wahlen in Großbritannien alles dafür tun, dass die aktuelle Regierung nicht wieder gewählt wird. Darüber hinaus interessiere er sich aber nicht so sehr für Politik, weil man für eine einzige gute Idee etliche Unterstützer bräuchte. Wenn er eine gute Idee für einen Roman hat, kann er sie hingegen einfach niederschreiben.
Sein nächster Roman ist für 2017 geplant. Es soll vielleicht in Kingsbridge, etwa 200 Jahre nach Die Säulen der Erde, spielen und von Spionen handeln. Inspiriert wurde er dabei vom ersten englischen Geheimdienst. Im Alter von zwölf Jahren las er seinen ersten James Bond Roman („Live And Let Die“) und merkte dabei, wie spannend ein Buch sein kann. Genau dieses Gefühl möchte er auch seinen Lesern vermitteln. In dem Alter war er allerdings mehr an Mädchen interessiert, er wollte sie damals vor allem so küssen können wie James Bond und es habe wohl funktioniert.
Was will er noch erreichen? 150 Millionen verkaufte Bücher. Ferner will er es schaffen, ein Buch zu schreiben, dem die Leser sich emotional verbunden fühlen und das den Herzschlag beschleunigt, wenn die Figuren in Gefahr geraten. Das ist für ihn das Wunder der Literatur!
Ken Follett konnte nach eigenen Angaben bereits als 4-Jähriger lesen. Er durfte weder fernsehen noch Radio hören, weil seine Eltern aus religiösen Gründen der Meinung waren, dass das einen schlechten Einfluss auf ihn ausüben würde. Der positive Nebeneffekt war, dass er viel gelesen und so Bücher lieben gelernt hat.
Er ist auch überzeugt davon, dass Kinder heute immer noch gern lesen. Harry Potter – der sie dazu brachte morgens um 6 Uhr schon vor dem Buchladen zu stehen – Twilight oder The Hunger Games seien der beste Beweis dafür. Mit den richtigen Büchern werden Kinder seiner Meinung nach immer lesen. Er beneidet die Autoren sogar, die für verschiedene Altersgruppen schreiben können. Er glaube aber diese Fähigkeit selbst nicht zu besitzen.
Zum Abschluss sollte er den Satz vervollständigen, was er in zehn Jahren tun will. Die Antwort: Einfach nur immer noch ein weiteres Buch schreiben.
Damit neigte sich der Abend dem Ende zu, das hieß in diesem Fall jedoch nicht, dass man sofort seine Sachen packen musste. Stattdessen setzte wieder die Bewirtung ein, die neben Getränken leckeres Finger Food und unglaublich köstliche Desserts beinhaltete. Nach einem kurzen Interview vor der Kamera stand der Autor außerdem natürlich noch für das Signieren seiner Bücher bereit. Gekauft hätte ich mir das Buch wahrscheinlich nicht, weil ich die Vorgänger noch gar nicht kannte, doch der Verlag stellte großzügigerweise ein paar kostenlose Exemplare bereit. Daher schnappten auch wir uns beide je ein Buch und baten den Autor um eine Signatur. Wie viele Leute können schließlich schon von sich behaupten einen signierten Ken Follett im Regal zu haben?
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