Anlässlich des heute erscheinenden neuen Jugendbuches von Christoph Marzi – Grimm – hatte ich die Möglichkeit ein Interview mit ihm zu führen. An dieser Stelle aber zuerst nochmal ein großes Dankeschön an Herr Marzi für die tollen und teilweise sehr ausführlichen Antworten!
Viel Spaß beim Lesen, ich hoffe auch dieses Interview gefällt euch! Ich war danach jedenfalls noch gespannter auf das Buch als ohnehin schon.
Bald erscheint Ihr neuer Roman „Grimm“. Erzählen Sie uns doch etwas darüber. Was hat sie z.B. zu dieser Geschichte inspiriert? Warum der Bezug zu den Brüdern Grimm?
Vesper Gold, die siebzehnjährige Tochter einer berühmten Konzertpianistin und eines Regisseurs, lebt in Hamburg, nachdem sich ihre Eltern haben scheiden lassen. Eines Tages erfährt sie vom Tod ihres Vaters und gleichzeitig taucht ein unbekannter Verfolger auf. Es wird gemunkelt, dass Wölfe in den Großstädten auftauchen. Ziemlich schnell wird sie in einen Strudel von Ereignissen hineingezogen, die alle mit den alten Märchen zu tun haben scheinen. Darüber hinaus fallen plötzlich alle Kinder in einen Tiefschlaf, aus dem sie nicht mehr erwachen. Und Vesper muss erkennen, dass ihr selbst eine Schlüsselrolle in diesen Ereignissen zukommt. Mehr wird an dieser Stelle noch nicht verraten.
Die Idee zu dieser Geschichte kam mir schon vor Jahren. Wie immer war es eine Frage, die am Anfang stand. „Was wäre wenn …“, so fängt es meistens an. Was wäre, wenn das, was in den alten Märchen steht, gar keine Erfindung ist, sondern eine Art Dokumentation. Was wäre, wenn die Figuren, die wir seit unserer Kindheit kennen, tatsächlich existieren? Wie würden die Menschen heute damit umgehen? Wie wären sie in der Vergangenheit damit umgegangen? Und was würden die Märchenfiguren tun, wenn die Menschen ihnen feindlich gesonnen wären. Das alles waren die Fragen, die zur Geschichte führten. Dass dabei die Brüder Grimm ins Spiel kamen – und einige andere Autoren ebenso – lag irgendwie auf der Hand.
Da „Grimm“ nun schon bald erscheint, ist die Arbeit daran sicher schon lange abgeschlossen. Planen Sie schon einen weiteren neuen Roman? Wenn ja, können Sie uns schon etwas darüber verraten?
Ich schreibe gerade an einem neuen Roman, über den ich allerdings nicht viel verraten werde. Ich befinde mich derzeit aber gerade wieder in London. Einem London, das seinen verlorenen Himmel wiedergefunden hat. Ach ja, und es ist ein eigenständiger Roman, keine Fortsetzung.
Wie planen sie Ihre Romane?
Wie oben erwähnt. Am Anfang steht meistens die Frage „Was wäre, wenn …“. Der Rest ergibt sich dann irgendwie. Ich neige nicht zu übermäßig starkem Plotting und konzentriere mich lieber auf das Storytelling. Heißt: ich schreibe von Kapitel zu Kapitel, kenne Szenen wie das Ende und vieles andere auch, dennoch bleiben die Verbindungen der Szenen spontan. Ich kann mich also selbst beim Schreiben noch überraschen. Das ist sehr wichtig.
Sie sind ja inzwischen schon seit mehreren Jahren als Schriftsteller tätig. War das schon immer Ihr Traum?
Ja, definitiv, ja. Ja, ja, ja. Ausrufezeichen!
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Beruf?
Es macht einfach Spaß, sich all diese Sachen auszudenken. Das ist etwas, das ich schon immer gerne getan habe.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit, wenn Sie mal nicht mit dem Schreiben beschäftigt sind?
Ich führe ein ganz normales Leben in der realen Welt. Die virtuelle Welt ist nicht unbedingt mein Zuhause; heißt: ich bevorzuge es, nicht in einem Second Life im Internet zu vergammeln.
Gibt es einen Roman unter Ihren eigenen, den sie besonders mögen oder mit dem Sie besonders zufrieden sind? Wenn ja, warum?
Darauf ist es schwierig, eine Antwort zu finden, weil einem alle Bücher ans Herz wachsen. Aber um nicht unkonkret zu bleiben: von den Romanen mag ich Fabula und Lyra sehr gern, weil die Protagonisten mir selbst, denke ich, am ähnlichsten sind. Ich liebe Musik und die Songtexte in Lyra zu schreiben hat außerordentlich Spaß gemacht – und ich war ganz vernarrt in den Friedhof und den Leuchtturm nahe Ravenscraig. Darüber hinaus ist Nimmermehr nach wie vor einer meiner Lieblingsgeschichten, nicht zuletzt, weil sehr viel vom Leben meiner Großeltern in ihnen steckt, kunstvoll als faustdicke Lüge verpackt, aber so wahr, wie es nur sein kann. Und Helena und die Ratten in den Schatten habe ich für meine jüngsten Töchter geschrieben, auch da steckt sehr, sehr viel Herzblut drinnen. Und Heaven ist – bisher – meine liebste Reise nach London.
Gibt es in Ihren Romanen einen Charakter, den sie besonders schätzen? Falls ja, warum?
Colin Darcy, weil er so ist, wie er ist. Danny Darcy, weil ich mir sofort seine Musik anhören würde. Helena, weil sie abenteuerlustig und mutig ist. Mortimer Wittgenstein, weil er einen wahnsinnig guten Humor besitzt. Livia Lassandri und Sunny Darcy, weil sie den Jungs zeigen, wo es langgeht. Vesper Gold, weil sie ein Mädchen mit Prinzipien ist. Leander Nachtsheim, weil er so neugierig ist.
Welche Szene fiel Ihnen beim Schreiben am schwersten? Oder am leichtesten?
Die Frage kann ich leider gar nicht beantworten. Es gibt bei jedem Buch Szenen, die einen länger beschäftigen, und andere, die einem leicht von der Hand fließen. Die Schlussszene in GRIMM liefert sicherlich das offenste Ende, das ich jemals geschrieben habe, wenngleich das Ende für mich ganz eindeutig ist. Ich bin gespannt, wie die Leser das sehen.
Haben Sie ein Lieblingsbuch und/oder –autor?
Ich gehöre zu den Menschen, die primär alles toll finden. Ich kann mich für fast alles begeistern, was einem das Leben eindeutig leichter macht. Sich da auf jemanden festzulegen, ist schwierig. Ich kann eine Reihe von Autoren auflisten, doch dann laufe ich Gefahr, irgendeinen zu vergessen. Trotzdem, ein Versuch: Stephen King (hat mich mit fünfzehn zum Schreiben gebracht), John Irving, T.C. Boyle, Margaret Atwood, Charles Dickens, Michael Chabon, Paul Auster, Rudyard Kipling, Nicholas Christopher, Susanna Clarke, Marcus Sedgwick, Michael Ende, Otfried Preußler, Michael Crichton, Henry Rider Haggard, Neil Gaiman, Peter Straub, J.K. Rowling, Clive Barker – meine Güte, die Liste könnte man ewig fortsetzen.
Und bei den Lieblingsbüchern sieht es ähnlich aus. Auch hier ein Versuch: Garp und wie er die Welt sah von John Irving , Worlds End von T.C. Boyle , Mr. Vertigo von Paul Auster , Veronica von Nicholas Christopher , Wonder Boys, Schurken der Landstraße und Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier und Clay von Michael Chabon, David Copperfield und Große Erwartungen von Charles Dickens , Es von Stephen King , Anansi Boys von Neil Gaiman , Eaters of the Dead von Michael Crichton , Die wilden Strolche und Die Geisterbibliothek von David Melling , Irgendwie Anders von Chris Riddell , Die geheime Geschichte von Donna Tartt . Und Tausende mehr …
Wenn Sie einen Tag in die Rolle irgendeiner Figur aus einem Buch oder Film schlüpfen könnten, welcher wäre es?
Ich würde mit Jeff „El Duderino“ Lebowsky auf die Bowling-Bahn gehen. Das wäre sehr entspannend, denke ich. Darüber hinaus wäre eine Reise in der TARDIS ganz oben auf der Liste.
Mit welcher Person (tot oder lebendig) würden Sie gerne mal einen ganzen Tag verbringen, wenn Sie könnten und warum?
Eine Liste: Stephen King, David Tennant, Judi Dench, Alan Rickman, Sean Connery, Michael Chabon, Margaret Atwood, Neil Gaiman und Helen Mirren. Warum? Na, das kann man sich wohl denken …
Ein paar meiner Leser schreiben selbst auch. Haben Sie ein paar Tipps für sie?
Ja, hört nie damit auf, wenn es euch Spaß macht. Und bringt zu Ende, was ihr begonnen habt. Seid offen für Kritik. Und lasst euch nicht entmutigen. Schreibt mit Herz und Verstand und am besten für euch selbst.
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