Wie ich bei Twitter ja bereits berichtet hatte, erhielt ich letzte Woche die Antworten auf eure und meine Fragen an Sara Grant. Ich habe jetzt endlich die Zeit gefunden das Interview zu übersetzen und möchte euch nun an ihren interessanten und detaillierten Antworten teilhaben lassen.
An dieser Stelle nochmals ein großes Dankeschön an Mrs Grant, die sich für das Beantworten der vielen Fragen so viel Zeit genommen hat!
Mir persönlich hat das Interview total gut gefallen und ich hoffe, es geht euch genauso.
„Neva“ ist Ihr erster Roman. Wie fühlt es sich an sein eigenes Buch in den Händen zu halten oder es in Buchläden zu sehen?
Es ist ziemlich überwältigend. Die meiste Zeit über ist das Schreiben ein einsamer Prozess – nur mein Computer und ich. Aber wenn du einen Vertrag abschließt, bekommst du einen Agenten und einen Lektor, die an der Arbeit teilnehmen. Dann hast du Graphiker, die dieses fantastische Cover kreieren, und viele andere Leute, die ihre Zeit und ihr Talent investieren um Trailer, Vermarktungsmaterialien, etc zu erstellen und plötzlich hat das Buch ein Eigenleben. Dann trifft man Leser, entweder bei Signierstunden oder auch online, und sie haben sich die Zeit genommen etwas von dir zu lesen – das ist schmeichelhaft und aufregend.
War es schon immer Ihr Traum einen Roman zu schreiben? Oder haben Sie eher einer spontane Eingebung nachgegeben?
Ich wollte schon immer Schriftstellerin werden. Ich schreibe Geschichten seit ich ein kleines Mädchen war und mir epische Dramen für meine Barbiepuppen ausgedacht habe. Ich erinnere mich daran meine erste Erzählung geschrieben zu haben als ich acht Jahre alt war. Sie war handgeschrieben, mit Bleistift und drei Bindfäden zusammen gebunden. Sie trug den Titel „Ein Traum, von dem ich wünschte er wäre wahr“ und war ein totaler Abklatsch eines Sketches der „The Brady Bunch Variety Hour“. Und seitdem habe ich immer geschrieben.
Haben Sie jemals daran gezweifelt „Neva“ zu beenden? Oder es an einen Verlag zu schicken?
Ich habe nie daran gezweifelt Neva zu Ende schreiben zu können. Die Story begann sich fortdauernd weiterzuentwickeln und mich zu reizen. Ich habe aber bezweifelt, ob ich einen Vertrag bekommen könnte. Es ist ein Markt mit sehr viel Konkurrenz. Es gab sogar einmal eine Agentin, die mir vor ein paar Jahren sagte, dass sie nicht glaube, Verlage wären an einem dystopischen Roman interessiert. Ich bin froh, dass ich nicht auf sie gehört habe.
Neva begann als eine Kurzgeschichte, die ich bei der SCBWI British Isles Undiscovered Voices Anthologie eingereicht habe. Ich ließ sie von meiner Freundin und Mitlektorin Sara O’Connor und meiner Nichte Megan lesen. Sie beide wollten wissen was als nächstes passiert und ermutigten mich den Rest von Nevas Geschichte zu schreiben. Ich sagte mir selbst, dass ich das Buch schreibe, wenn meine Geschichte ausgesucht würde. Und glücklicherweise war sie in der Anthologie enthalten. Meine Agentin erhielt eine Kopie … und der Rest ist, wie man sagt, Geschichte.
Welche Szene fiel Ihnen beim Schreiben am schwersten? Oder am leichtesten?
Das erste und das letzte Kapitel sind am schwierigsten zu schreiben. So viel hängt vom ersten Kapitel ab. Es muss den Leser packen und einen Hinweis auf die kommende Reise liefern. Das erste und das letzte Kapitel müssen miteinander in Einklang stehen. Das erste stellt die Frage und das letzte muss eine zufrieden stellende Antwort bieten. Beim ersten Satz sollte man nach Luft schnappen und beim letzten aufatmen. Das ist leicht gesagt, aber fühlt sich fast unmöglich an zu bewältigen.
Die Szenen mit der Großmutter waren einfach zu schreiben. Neva ist ein Tribut an meine Großmutter, die ebenfalls Ruth heißt. Viele der Details über Nevas Großmutter basieren auf meiner Großmutter – wie sie duftete, wie sehr sie es liebte sich in gewagten Farben zu kleiden, etc. Ich habe es genossen Momente mit ihr in meinem Buch einzufangen.
Gibt es in Ihrem Roman einen Charakter, den sie besonders schätzen? Oder einen, den Sie nicht sonderlich mögen?
Ich mag alle meine Figuren aus dem einen oder anderen Grund. Neva hat zwar Fehler, aber ein gutes Herz und ist stärker als sie denkt. Sanna lebt ihr Leben aus. Sie ist lustig und frech – die Art von bester Freundin, die man gern hätte. Braydon ist mysteriös und sexy. Ich mag die Vielschichtigkeit von Nevas Eltern. Ich liebte es Senga zu erschaffen – die rebellische Hausfrau. Ich nehme an Ethan ist wahrscheinlich der Charakter, den ich nicht zum Essen einladen würde. Ich verstehe, warum Ethan so ist wie er ist und habe Mitleid mit ihm, aber er ist schwach und selbstsüchtig und am Ende trifft er ein paar schlechte Entscheidungen.
Welches Cover gefällt Ihnen am besten? Das Englische oder das Deutsche?
Ich liebe alle meine Cover aus verschiedenen Gründen. Ich vertraue meinen Verlegern ein Cover zu erarbeiten, das die Leser in ihrem Land anspricht. Es ist wirklich interessant zu sehen, wie unterschiedliche Verlage sich auf verschiedene Aspekte der Geschichte konzentrieren. Das deutsche Cover ist traumhaft und konzentriert sich auf meine starke Protagonistin. Das US Cover ist dunkel und unheimlich. Ich kenne das endgültige UK Cover noch nicht, aber die vorläufigen Entwürfe sind symbolischer und atmosphärischer, mit einem schönen jungen Mädchen, das in einer verschneiten Landschaft steht, umgeben von Gebäuden, die sich ihr bedrohlich zu nähern scheinen.
Sie arbeiten bereits an Ihrem nächsten Projekt. Können Sie uns schon etwas darüber verraten? Spielt es wie „Neva“ in einer dystopischen Welt? Ist es ein Jugendbuch?
Mein zweiter Roman ist wieder ein dystopisches Jugendbuch, vorgesehener Erscheinungstermin ist der Herbst 2012. Der Arbeitstitel lautet „Halbe Leben“. Es befindet sich noch stark in Arbeit, aber was ich bisher weiß ist folgendes:
„Halbe Leben“ erzählt von der Reise zweier ungleicher Helden – Icie und Beckett. Beide kämpfen darum am Leben zu bleiben und zukünftige Generationen vor dem schrecklichen Schicksal zu beschützen, das jeden erwartet, der es wagt den Berg zu besteigen. Obwohl sie hunderte von Jahren auseinander leben, sind die Leben von Icie und Beckett auf mysteriöse Weise miteinander verbunden.
„Halbe Leben“ ist ein Wettrennen gegen die Zeit und der Kampf die nächsten Generationen zu retten. Es handelt von der Beschaffenheit des Vertrauens und der Macht fehlerhafter Kommunikation, aber vor allem von der Stärke der Menschen sich anzupassen und zu überleben.
Wollen Sie in Zukunft auch Bücher für Erwachsene schreiben oder bleiben Sie bei Jugendbüchern?
Ich habe keine Pläne für Bücher für Erwachsene, aber ich sage niemals nie. Ich liebe es zu schreiben und Jugendliteratur zu lesen. Ich erinnere mich an die Leidenschaft, die ich für die Bücher empfand, die ich gelesen habe als ich jünger war, wie sie mich mit der Welt bekannt machten und wie ich sie immer wieder und wieder lesen wollte. Für Jugendliche zu schreiben scheint diese Leidenschaft und Aufregung anzuzapfen. Meine nächsten Ideen sind alle für Jugendprojekte. Aber an einem gewissen Punkt möchte ich vielleicht auch mal etwas Lustiges schreiben oder mit einer Serie oder einer Geschichte für jüngere Leser experimentieren.
Welche Bücher lesen Sie gerne in ihrer Freizeit? Irgendwelche Geheimtipps?
Ich LIEBE das Lesen. Ich lese immer mindestens ein Buch. Manchmal wechsle ich auch gern zwischen einem fiktiven und einem Sachbuch – meistens Recherche für den nächsten Roman. Ich habe einen Stapel von etwa 40 Büchern, die ich bereits gekauft habe und die darauf warten – darum betteln – gelesen zu werden.
Ich versuche 50 Bücher pro Jahr zu lesen. Etwas früher in diesem Jahr habe ich Nichts von Janne Teller gelesen. Es war beunruhigend und kraftvoll und ich konnte nicht aufhören darüber nachzudenken. Außerdem kann ch Going Bovine von Libba Bray empfehlen. Es war eine durchgeknallte, verrückt-brillante Suche, die ich nicht weglegen konnte.
Erst gestern habe ich ein Buch beendet und versuche nun mich zwischen Julie Karrs dystopischem Roman XVI, My Sister lives on the Mantelpiece von Annabel Pitcher und A Visit from the Goon Squad von Jennifer Egan zu entscheiden. Letzteres wurde mir innerhalb von nur 24 Stunden von zwei verschiedenen Leuten empfohlen. Ihr seht mein Problem – zu viele Bücher und zu wenig Zeit. I lese außerdem noch Essays aus Utopian and Dystopian: Writing for Children and Young Adults, herausgegeben von Carrie Hintz und Elaine Ostry.
Was machen Sie in ihrer Freizeit, wenn sie nicht gerade mit dem Schreiben eines Romans beschäftigt sind?
Ich arbeite ehrenamtlich für die Society of Children’s Book Writers and Illustrators. Wir haben sehr aktive Mitglieder in Großbritannien. Gerade haben wir die Ausschreibung für unsere dritte Anthologie eröffnet um bisher unveröffentlichten und agentenlosen Mitgliedern zu helfen entdeckt zu werden. Ich bin sehr stolz auf diese Initiative, die ich zusammen mit einem Freund vor sechs Jahren gestartet habe. 13 der 24 Autoren der ersten beiden Undiscovered Voices Anthologien haben einen Vertrag für eine Veröffentlichung unterschrieben und die meisten haben einen Agenten. So habe auch ich einen Agenten gefunden und schließlich auch meine Verträge mit den Verlagen. Deshalb gebe ich etwas zurück und helfe anderen Schriftstellern. Hier könnt ihr mehr darüber erfahren: www.undiscoveredvoices.com.
Ich habe ja bereits erwähnt, dass ich es liebe zu lesen, aber ich muss zugeben, dass ich auch ein kleiner Unterhaltungsjunkie bin. Ich liebe Filme und Fernsehsendungen. Meine Lieblingsserien sind im Moment The Good Wife, Modern Family, Dexter und Castle. Ich komme nicht dazu so oft ins Kino zu gehen wie ich gern würde. Früher ging ich oft ins Kino und habe gleich zwei oder sogar drei Filme an einem Tag gesehen. Das habe ich schon seit langer Zeit nicht mehr getan. Ich habe außerdem einen Stapel DVDs, die ich unbedingt sehen will sobald ich die Zeit dazu finde.
Haben Sie ein Lieblingsbuch oder einen –autor?
Letztes Jahr habe ich Wer die Nachtigall stört von Harper Lee zum ersten Mal gelesen. Es hat mich umgehauen. Es ist genau die Art von Roman, die ich liebe: verschrobene und bezaubernde Figuren, eine fesselnde und originelle Handlung und dieses kleine besondere Etwas, das dich festhält und nicht loslässt und dich dazu bringt dein Leben und die Art, wie du die Welt siehst, zu analysieren. Ich bedaure nur, dass ich es nicht eher gelesen habe, und noch viel mehr bedaure ich, dass sie nie ein anderes Buch geschrieben hat.
Wenn Sie einen Tag in die Rolle irgendeiner Figur aus einem Buch oder Film schlüpfen könnten, welcher wäre es?
Oh, das ist eine schwierige Frage. Ich liebe die TV-Serie West Wing und würde ziemlich gern einen Tag in dem Bartlett White House verbringen. Ich dachte immer, dass ich gern eine Ausbildung zum FBI Profiler machen würde, aber ich habe Mind Hunter gelesen und die Rede eines Profiler gehört und von richtigen Mördern umgeben zu sein würde mich total verängstigen. Aber ich habe dieses heimliche Verlangen danach die Welt zu retten, deswegen wäre ich vermutlich gern einen Tag lang Superman. Das ist jetzt nicht besonders einfallsreich von mir, doch wer hätte nicht gern einen Tag lang diese Superkräfte? Ich könnte um die Welt fliegen und Menschen retten. Außerdem würde ich erleben, wie das Leben in einem männlichen Körper ist – allerdings muss ich zugeben, dass ich nicht scharf auf den Superman-Anzug bin. Ich vermute, dass ich am Ende des Tages bereit wäre wieder bloß eine Sterbliche zu sein.
Mit welcher Person (tot oder lebendig) würden Sie gerne mal einen ganzen Tag verbringen, wenn Sie könnten und warum?
Mit meiner Großmutter. Sie ist vor über zehn Jahren gestorben und, genau wie Neva, vermisse ich meine Großmutter jeden einzelnen Tag. Ich würde lieben gern noch einen weiteren Tag mit ihr verbringen.
Ein paar meiner Leser schreiben selbst auch. Haben Sie ein paar Tipps für sie?Ich liebe es über das Schreiben zu sprechen. Manchmal halte ich Präsentationen und Workshops. Ich habe viele sehr praktische Tipps, aber mein bester Rat ist: Glaube an dein Werk und höre nie auf zu lesen, zu lernen, euch zu verbessern und zu schreiben und umzuschreiben. Ich habe 17 Jahre gebraucht um meinen ersten Vertrag für ein Buch abzuschließen. Wenn es etwas ist, das du willst und du bereit bist wirklich hart dafür zu arbeiten, dann gib niemals auf.
Sara Grant hat mir außerdem noch eine Liste mit vielen Tipps für angehende Autoren geschickt, die sie zusammen mit einer Kollegin erstellt hat. Wenn ihr möchtet, übersetze ich sie für euch und stelle sie online. Habt ihr daran Interesse?
16. April 2011 | 21:12
Ein richtig schönes Interview. Ich würde die Liste gerne lesen (obwohl du sie für mich nicht extra übersetzen bräuchtest, aber mal abwarten, ob sich noch mehr deswegen melden). Die kleine Beschreibung, die sie über ihr neues Buch gemacht hat, klingt auch sehr verlockend. Schade, dass es noch so lange dauert, bis das Buch erscheint.